Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein zur Abänderung des Gesetzes
betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten (Einführung des Briefwahlrechts)
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Vaduz, 17. Oktober 1995
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Abänderung des Gesetzes betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten zu unterbreiten:
Am 1. Dezember 1993 haben die Abgeordneten Hubert Sele, Manfred Biedermann, Dr. Walter Hartmann, Egon Gstöhl, Lorenz Heeb, Norbert Bürzle, Ingrid Hassler, Karlheinz Ospelt, Otto Büchel, Dr. Volker Rheinberger und Dr. Peter Wolff, gestützt auf § 32 der Geschäftsordnung für den Landtag ein Postulat eingereicht, wonach der Landtag beschliessen wolle, die Regierung einzuladen, die Einführung des Briefwahlrechts zu überprüfen und dem Landtag gegebenenfalls weitere Abänderungen des Volksrechtegesetzes in bezug auf nicht mehr zeitgemässe Bestimmungen in Vorschlag zu bringen.
Das Postulat wird wie folgt begründet:
"Liechtensteinische Stimm- und Wahlberechtigte können an Abstimmungen und Wahlen nur teilnehmen, wenn sie sich an den Abstimmungs- oder Wahltagen im Lande aufhalten. In Liechtenstein finden bekanntlich Abstimmungen und Wahlen am Freitagabend und am Sonntagmittag statt. Aufgrund der grossen Mobilität in der heutigen Gesellschaft und dem geänderten Freizeitverhalten in den letzten Jahrzehnten können zahlreiche stimm- und wahlberechtigte Personen jeweils nicht von ihrem Stimm- und Wahlrecht Gebrauch machen. In vielen Staaten gibt es hingegen bereits seit vielen Jahren das Briefwahlrecht. Wie eine Untersuchung im Kanton Graubünden jüngst ergeben hat, hat die Stimmbeteiligung nach der Einführung des Briefwahlrechts auf lokaler Ebene z.T. stark zugenommen. Nachdem im Volksrechtegesetz die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen Bürgerpflicht ist, sollte den Stimm- und Wahlberechtigten, welche zum Zeitpunkt der Abstimmungen oder Wahl im Ausland sind, die Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen ermöglicht werden. Im weiteren ist
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das Volksrechtegesetz in seinen wichtigsten Bestimmungen bereits mehr als 20 Jahre in Kraft. Verschiedene dieser Bestimmungen sind nicht mehr zeitgemäss (Ersatzkandidaten, Bereinigung der Wahlvorschläge, Finanzreferendumslimiten), andere Bestimmungen sollten aufgrund bisher gemachter Erfahrungen (Zahl der stellvertretenden Abgeordneten von kleinen Wählergruppen, Vergrösserung der Hauptwahlkommission) angepasst werden. Im weiteren sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass Initiativen mit einer Rückzugsklausel versehen werden können. Dies wäre dann von Vorteil, wenn ein Gegenvorschlag des Landtages den Intentionen der Initiativen weitgehend entgegenkommt."
Das Postulat wurde in der Landtagssitzung vom 24. Februar 1994 an die Regierung zur Beantwortung überreicht.