Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zu den anlässlich der ersten Lesung aufgeworfenen Fragen betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Familienzulagen
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Vaduz, 23. Oktober 1996
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Stellungnahme zu den in erster Lesung aufgeworfenen Fragen betreffend die Initiative vom 14. Juni 1996 bezüglich die Abänderung des Gesetzes über die Familienzulagen zu unterbreiten:
Anlässlich der Landtagssitzung vom 18. September 1996 wurden im Zusammenhang mit der Behandlung der Initiative vom 14. Juni 1996 verschiedene Fragen aufgeworfen, die
einerseits die finanziellen Auswirkungen der durch die Initiative vorgeschlagenen Leistungsverbesserungen und
andererseits die inhaltliche Konzeption bzw. das Leistungsspektrum des Gesetzes über die Familienzulagen
betreffen.
Bevor auf die einzelnen Fragen eingegangen wird, soll die geltende Konzeption der Familienzulagen in ihren Grundsätzen kurz dargestellt werden:
Die Familienzulagen sind neben den Steuererleichterungen das wichtigste, aber -wie auch im Familienbericht bereits dargelegt wurde - nicht das einzige Mittel des Familienlastenausgleichs
Nach dem geltenden Gesetz über Familienzulagen sind folgende Leistungen auszurichten:
a) die Kinderzulagen
b) die Geburtszulagen
Anspruch auf Familienzulagen haben seit der Totalrevision des Gesetzes über Familienzulagen im Jahre 1986 nicht nur erwerbstätige, sondern auch nichterwerbstätige Personen mit zivilrechtlichem Wohnsitz in Liechtenstein. Seit dieser Revision besitzen nun auch nichterwerbstätige, ledige oder geschiedene Mütter einen eigenen Anspruch auf Familienzulagen, sofern sie ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in Liechtenstein haben.
Personen ohne zivilrechtlichen Wohnsitz in Liechtenstein (z.B. Saisonniers oder Grenzgänger) können Familienzulagen nur bei aufrechter Erwerbstätigkeit in Liechtenstein beanspruchen.
Für den Anspruch auf Familienzulagen ist es nicht erforderlich, dass die anspruchsvermittelnden Kinder in Liechtenstein wohnen.
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Personen mit einem Anspruch auf eine gleichartige ausländische Zulage haben grundsätzlich keinen Anspruch auf die liechtensteinischen Familienzulagen. Sofern sie jedoch zivilrechtlichen Wohnsitz in Liechtenstein besitzen, erhalten sie einen sogenannten Differenzausgleich, wenn die ausländische Zulage geringer ist als die Kinder- oder Geburtszulage, die ihnen - dank ihrem Wohnsitz - nach dem liechtensteinischen Familienzulagengesetz auszurichten wäre.
Der Anspruch auf Kinderzulagen erlischt, wenn das anspruchsvermittelnde Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat.
Die Einnahmen der Familienausgleichskasse erfolgen nach dem derzeit geltenden Recht durch Arbeitgeberbeiträge, durch Beiträge der Selbständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen und durch Erträgnisse aus dem Vermögen der Familienausgleichskasse. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer leisten keine Beiträge an die Finanzierung der Familienzulagen. Auch der Staat beteiligt sich an den Familienzulagen nicht durch Direktzahlungen, sondern lediglich durch eine Defizitgarantie. In den letzten Jahren konnten die Familienzulagen zur Gänze mit den Beiträgen der Arbeitgeber und Selbständigerwerbenden finanziert werden, sodass die Kapitalerträgnisse zur Äufnung des FAK-Fonds verwendet werden konnten.
Nach geltendem Recht dienen die Familienzulagen lediglich als teilweiser Ausgleich der Familienlasten und können nicht die gesamten Aufwendungen ersetzen, welche für Kinder in einem Familienbudget zu berücksichtigen sind. Die Erhöhung der Familienzulagen orientierte sich bislang zum Teil an den tatsächlichen oder durchschnittlichen Kinderkosten, zum Teil erfolgte sie unter dem Gesichtspunkt eines Teuerungsausgleichs, in erster Linie aber orientierten sich die bisherigen Erhöhungen anhand der zur Verfügung stehenden Mittel der Familienausgleichskasse. In der Regel erfolgten solche Erhöhungen bislang aufgrund von Gesetzesinitiativen in zeitlichen Abständen von ca. 2 - 3 Jahren.
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Generell ist festzuhalten, dass das System der Familienausgleichskasse die Leistungen unabhängig vom Einkommen und damit unabhängig von den tatsächlichen Bedürfnissen der Familie ausrichtet und die Leistungserbringung zu dem nicht auf Personen mit Inlandwohnsitz beschränkt ist. Im Familienbericht 1994 (S. 121) hat die Regierung betont, dass das Ziel der einkommensabhängigen Unterstützung von Familien zu bejahen ist. Eine solche Lösung könnte durch die Schaffung eines Gesetzes über Ergänzungsleistungen zu den Familienzulagen erreicht werden. Ein solches Gesetz würde - ähnlich wie die Ergänzungsleistungen zur AHV/IV - auf die besonderen Bedürfnisse einkommensschwacher Familienzulagenbezüger (inkl. Alleinerziehender) eingehen. Die von den Initianten vorgeschlagene Erhöhung des Kindergeldes im Rahmen der heutigen FAK-Gesetzgebung ermöglicht keine solche bedürfnisorientierte Leistungsverbesserung, sondern bewirkt eine Leistungsverbesserung für alle Bezüger von Kindergeld unabhängig vom tatsächlichen Bedarf der Familie und unabhängig vom Wohnsitz derselben.