Initiative:
zur Abänderung des Gesetzes über das Exekutions- und Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung)
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Vaduz, 12. Februar 1998
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Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete
[An alle Landtagsabgeordneten]
Sie erhalten als Beilage die Initiative vom 12. Februar 1998 der Abg. Peter Wolff, Peter Sprenger, Hansjörg Goop und Lorenz Heeb zur Abänderung des Gesetzes über das Exekutions- und Rechtssicherheitsverfahren (Exekutionsordnung).
Gemäss Art. 35 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Landtages LGB1. 1996 Nr. 61 wird die Initiative auf die Tagesordnung der Landtagssitzung vom 11./12. März 1998 gesetzt.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Peter Wolff
Beilage
- Text der Initiative
Kopie
- Fürstliche Regierung
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Gemäss Art. 32 und 35 der Geschäftsordnung unterbreiten die unterzeichneten Abgeordneten den Antrag, der Landtag wolle beschliessen:
Gesetz über die Abänderung des Gesetzes über das Exekutions- und Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung)
Dem nachstehend vom Landtag gefassten Beschluss erteile ich meine Zustimmung:
I.
Das Gesetz vom 24.11.1971 über das Exekutions- und Rechtssicherungsverfahren (Exekutionsordnung) wird wie folgt abgeändert:
Artikel 4
Leistung Zug um Zug
1) | Die Bewilligung der Exekution wegen eines Anspruches, den der Verpflichtete nur gegen eine ihm Zug um Zug zu gewährende Gegenleistung zu erfüllen hat, ist von dem Nachweise, dass die Gegenleistung bereits erwirkt oder doch ihre Erfüllung sichergestellt sei, nicht abhängig. |
2) | Die Exekution ist auch hinsichtlich des Anspruchs zu bewilligen, der sich aufgrund einer Wertsicherungsklausel ergibt, wenn |
a) die Wertsicherungsklausel an nicht mehr als eine veränderliche Grösse anknüpft und
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b) der Aufwertungsschlüssel durch eine unbedenkliche Urkunde bewiesen wird. Der Beweis entfällt, wenn Aufwertungsschlüssel ein vom Amt für Volkswirtschaft verlautbarter Konsumentenpreisindex oder die Höhe des Aufwertungsschlüssels gesetzlich bestimmt ist.
3) | Ist nach einem Exekutionstitel ein Anspruch wertgesichert zu zahlen, ohne dass hiezu näheres bestimmt ist, so gilt als Aufwertungsschlüssel der vom Amt für Volkswirtschaft verlautbarte, für den Monat der Schaffung des Exekutionstitels gültige Konsumentenpreisindex. Der Anspruch vermindert oder erhöht sich in dem Mass, als sich der Konsumentenpreisindex gegenüber dem Zeitpunkt der Schaffung des Exekutionstitels ändert. Änderungen sind solange nicht zu berücksichtigen, als sie 10 % der bisher massgebenden Indexzahl nicht übersteigen. |
Artikel 6
Wenn die in den Artikeln 3, 4 Abs. 2 und 5 geforderten urkundlichen Beweise nicht erbracht werden können, muss der Bewilligung der Exekution oder ihrer Fortführung die Erwirkung eines gerichtlichen Urteils vorausgehen.
Artikel 19 Abs. 1
Wenn der Verpflichtete gegen die Bewilligung der Exekution einwendet,
a) | dass die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit massgebenden Tatsachen (Art. 3 Abs. 2) oder die angenommene Rechtsnachfolge (Art. 5) nicht eingetreten seien, |
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b) | dass sich der Anspruch, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, nicht aufgrund einer Wertsicherungsklausel ergebe, |
c) | dass der betreibende Gläubiger auf die Einleitung der Exekution überhaupt oder für eine noch nicht abgelaufene Frist verzichtet habe, |
so hat er seine Einwendungen, falls sie nicht mit Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung angebracht werden können, mit Klage geltend zu machen.
II.
Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft.
Begründung
Nach heutiger - seit 28 Jahren unveränderter - Rechtslage kann ein Gläubiger, der eine mit einer Wertsicherungsklausel versehene Forderung hat, bei Nichtbezahlung der Forderung nur für die ursprüngliche Forderung, nicht jedoch für die gemäss Wertsicherungsklausel dazugekommenen bzw. erhöhten Beträge Zwangsvollstreckung beantragen. Will er auch die gemäss Wertsicherungsklausel zwischenzeitlich dazugekommenen Differenzbeträge eintreiben, muss er neuerlich Klage einreichen und ein Urteil begehren, mit dem die gemäss Wertsicherungsklausel dazugekommenen Differenzbeträge als zu Recht bestehend erkannt werden.
Dies wirkt sich insbesondere beim häufigsten Anwendungsfall von Wertsicherungsklauseln, nämlich bei familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen äusserst zeit- und kostenaufwendig für die Unterhaltsberechtigten aus, da sie gegenüber einem säumigen Unterhaltsschuldner nur die oft vor vielen Jahren $$$
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festgelegten Basisunterhaltsbeträge gerichtlich eintreiben können, nicht jedoch die gemäss Wertsicherungsklausel in der Zwischenzeit dazu gekommenen erheblichen weiteren Leistungen. Da solche Wertsicherungsklauseln meist an leicht nachprüfbare öffentlich bekannt gemachte Indexzahlen geknüpft sind, ist nicht einzusehen, warum zugunsten der hier betroffenen Gläubiger (meist Ehefrauen und Kinder nach einer Ehetrennung bzw. Scheidung) nicht auch der gemäss Wertsicherungsklausel dazugekommene Erhöhungsbetrag sogleich vollstreckbar sein soll.
Die liechtensteinische Exekutionsordnung aus dem Jahre 1971 - die sich grundsätzlich sehr bewährt hat und deshalb auch kaum novelliert werden musste - stellt sich als leicht adaptierte Übernahme der österreichischen Exekutionsordnung dar. Der österreichische Gesetzgeber hat im Rahmen der Exekutionsordnungsnovelle 1991 die Vollstreckbarkeit von Wertsicherungsansprüchen eingeführt (neben einer Reihe sonstiger Änderungen und Ergänzungen des Exekutionsrechts). Aus den vorangeführten Gründen empfiehlt es sich nach Meinung der Initianten, die entsprechenden Paragraphen 8 (2) und (3), 10 und 36 (1) der österreichischen Exekutionsordnung in der Fassung BGBI. 1991 Nr. 228 auch in das liechtensteinische Recht zu übernehmen und entsprechend neu gestaltete Artikel 4 (2) und (3), Artikel 6 sowie Artikel 19 (1) zu schaffen. Bei dieser Gelegenheit kann in Artikel 19 (1) ein Fehler bei der Herausgabe des LGBI. 1972 Nr. 32 ausgebessert werden, indem der letzte Satz dieses Absatzes, der sich auf alle in diesem Absatz aufgezählten Einzelfälle bezieht, gesondert hervorgehoben wird und nicht so geschrieben wird, als ob er nur zu Absatz 1 lit. b (neu lit. c) gehören würde.
Finanzielle oder personelle Folgen für das Land hat diese vorgeschlagene Gesetzesänderung nicht.
12. Februar 1998