Initiative: Abänderung des Gesetzes über die Altersund Hinterlassenenversicherung sowie des Gesetzes über die Invalidenversicherung
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Vaduz, 24. August 1998
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Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete
[An alle Landtagsabgeordneten]
Sie erhalten als Beilage die Initiative vom 24. August 1998 der Abg. Peter Wolff, Peter Sprenger, Norbert Bürzle, Lorenz Heeb und Otto Büchel.
Gemäss Art. 35 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Landtages wird die Initiative auf die Tagesordnung der Landtagssitzung vom 16./17. September 1998 gesetzt.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Peter Wolff
Beilage
Text der Initiative
Kopie
Fürstliche Regierung
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Aufgrund von Art. 32 und 35 der Geschäftsordnung unterbreiten die unterzeichneten Abgeordneten den Antrag, der Landtag wolle beschliessen:
1. Gesetz über die Abänderung des Gesetzes über die
Alters- und Hinterlassenenversicherung
Dem nachstehend vom Landtag gefassten Beschluss erteile ich Meine Zustimmung:
I.
Das Gesetz vom 14. Dezember 1952 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung LGBI. 1952 Nr. 29, in der geltend Fassung wird wie folgt abgeändert:
Art. 60 Abs. 1
Eine Person, die im Dezember Anspruch auf eine Rente (Altersrente, Kinderrente zur Altersrente, Verwitwetenrente, Waisenrente) gemäss den vorstehenden Bestimmungen hat, hat Anspruch auf ein Weihnachtsgeld. Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht der für den Monat Dezember zustehenden Rente.
II.
Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft
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sowie:
2. Gesetz über die Abänderung des Gesetzes über die
Invalidenversicherung
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile ich Meine Zustimmung:
I.
Das Gesetz vom 23. Dezember 1959 über die Invalidenversicherung, LGBI. 1960 Nr. 5, in der geltenden Fassung wird wie folgt abgeändert:
Art. 60bis Abs. 1
Eine Person, die im Dezember Anspruch auf eine Rente gemäss den vorstehenden Bestimmungen hat, hat Anspruch auf ein Weihnachtsgeld. Die Höhe des Weihnachtsgeldes entspricht der für den Monat Dezember zustehenden Rente.
II.
Dieses Gesetz tritt am Tage der Kundmachung in Kraft
Begründung:
Seit 01. Dezember 1992 sind aufgrund eines Landtagsbeschlusses vom 17.09.1992
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mit nachfolgender Sanktion des Landesfürsten die Bestimmungen über ein Weihnachtsgeld in der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie in der Invalidenversicherung in Kraft. Da man im Zeitpunkt der Einführung des Weihnachtsgeldes noch nicht genau wusste, welche finanziellen Auswirkungen die vorausgesehenen Mehraufwendungen für die 10. AHV-Revision und den EWR-Beitritt mit sich bringen würden und ausserdem im damaligen Zeitpunkt versicherungsmathematische Gutachten nur mit jährlichen Betriebsrechnungsüberschüssen zwischen CHF 66 und 76 Mio für die Jahre 1992 bis 1997 rechneten, war man zunächst vorsichtig und beschränkte das Weihnachtsgeld auf die Höhe einer Viertelsrente.
Zwei Jahre später sah man bezüglich der zu erwartenden - nicht allzu grossen - finanziellen Mehrbelastungen der AHV durch 10. AHV-Revision und EWR-Beitritt schon klarer und hatte es sich zwischenzeitlich auch gezeigt, dass die Prognosen der beigezogenen Gutachter betreffend die zu erwartenden jährlichen Betriebsrechnungsüberschüsse zu niedrig waren, da es im Jahr 1992 statt des prognostizierten Überschusses von CHF 66 Mio. einen solchen von CHF 92,3 Mio. und im Jahre 1993 statt des prognostizierten Überschusses von CHF 70 Mio. einen solchen von CHF 87,8 Mio. in der Betriebsrechnung der AHV gegeben hatte. Der Gesetzgeber erhöhte das Weihnachtsgeld daher auf die Höhe einer halben Monatsrente und gelangt das Weihnachtsgeld in dieser Höhe seit dem Dezember 1994 zur Auszahlung, nachdem 1992 und 1993 ein Weihnachtsgeld in der Höhe einer Viertelsrente ausbezahlt worden war.
Nachdem die AHV-Verwaltung im Jahre 1992 noch geglaubt hatte, dass das ausserordentlich gute Rechnungsergebnis des Jahres 1991 (Betriebsrechnungsüberschuss von CHF 85,7 Mio. statt der prognostizierten CHF 65,8 Mio.) einen einmaligen Ausnahmefall darstelle und es in den Folgejahren wieder entsprechende Rückwärtsbewegungen geben werde, kann heute gesagt werden, dass diese Entwicklung nicht nur angehalten, sondern sich noch verstärkt hat. So geht aus den Jahresberichten der AHV-Verwaltung, die nach der letzten Erhöhung des Weihnachtsgeldes publiziert wurden, folgende Entwicklung des Betriebsrechnungsüberschusses der AHV-Anstalt hervor:
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1994: | CHF | 81'024'076,80 |
1995: | CHF | 89'111'094, 50 |
1996: | CHF | 102'256'881,34 |
1997: | CHF | 125'443'947,18 |
Vergleicht man demgegenüber, dass die dem Landtag im Jahr 1992 vorgelegten versicherungsmathematischen Gutachten für dieselben vier Jahre von Betriebsrechnungsüberschüssen zwischen CHF 69,7 und 76,8 Mio. pro Jahr ausgegangen waren, so zeigt sich, dass sich die Entwicklung bei der AHV-Anstalt wesentlich ertragreicher gestaltet hat, als von den vorsichtigen Prognosen der AHV-Verwaltung und der Gutachter, auf die sie sich stützte, damals vorhergesehen.
1997 verzeichnete die AHV-Anstalt einen Nettoertrag ihrer eigenen Vermögensanlagen von CHF 95'434'998,20 und war damit schon fast in der Lage, ihre gesamten Leistungen von CHF 99'795'181,45 nur aus dem Ertrag des Fondsvermögens zu finanzieren.
Unter diesen Umständen erscheint es den unterzeichneten Initianten angebracht, die in den Jahren 1992 und 1994 noch angezeigt erscheinende Zurückhaltung bei der Auszahlung eines Weihnachtsgeldes an unsere AHV-Rentnerinnen und -Rentner abzulegen und den Rentnerinnen und Rentnern - die sich diesen Zustupf mehr als verdient haben - eine volle Monatsrente als Weihnachtsgeld auszuzahlen. Ein Weihnachtsgeld in der Höhe einer vollen Monatsrente belastet die AHV-Betriebsrechnung auf der Basis der Zahlen des Jahresberichtes 1997 mit einem zusätzlichen Ausgabenbetrag von CHF 3'981'376,96 (entsprechend der zusätzlichen halben Monatsrente) und kann aufgrund der zuvor zitierten Zahlen mit Fug und Recht gesagt werden, dass dieser Betrag die jährliche Betriebsrechnung der AHV auch in Zukunft und auch dann, wenn die derzeitigen optimalen Betriebsrechnungsergebnisse nicht immer in dieser Höhe erreicht werden sollten, bestimmt nicht übermässig belastet.
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Belastet wird durch eine solche Gesetzesänderung allerdings der Staatshaushalt, da der Staat gemäss Art. 50 AHVG der Anstalt jährlich einen Beitrag von 18 % der jährlichen Ausgaben leistet. Dies beläuft sich für die vorgeschlagene Erhöhung des Weihnachtsgeldes auf eine volle Monatsrente auf einen jährlichen Beitrag von CHF 716'647,85.
Da eine Erhöhung des AHV-Weihnachtsgeldes auch eine Erhöhung des IV-Rentner-Weihnachtsgeldes bedingt, sind auch die dort anfallenden Erhöhungsbeträge zu berücksichtigen. Gemäss Art. 28 IVG übernimmt der Staat das jährliche Defizit der IV-Anstalt bis zu einer Höhe von 50 % des Gesamtaufwandes. Berechnet aufgrund der Zahlen des Jahresberichtes 1997 würde eine Erhöhung des Weihnachtsgeldes für IV-Rentner von einer halben auf eine ganze Monatsrente die Betriebsrechnung der IV-Anstalt mit einem Betrag von CHF 789'627,20 belasten. Um diesen Betrag würde sich auch das Jahresdefizit erhöhen und ebenso der Staatsbeitrag, da die Beiträge des Landes derzeit nur etwa 33 % des Gesamtaufwandes der IV-Anstalt ausmachen und damit weit von der gesetzlichen 50%-Grenze entfernt sind.
Gesamthaft würde eine solche Erhöhung des Weihnachtsgeldes den Staatshaushalt daher mit CHF 1'506'275,05 belasten, wobei es sich hier allerdings nicht um "neue Ausgaben" im finanzrechtlichen Sinn handelt, sondern um Zusatzausgaben, die aufgrund bestehender gesetzlicher Bestimmungen - nämlich der Art. 50 AHVG und Art. 28 IVG - automatisch entstehen, wenn die Leistungen dieser Anstalten hinsichtlich Weihnachtsgeld erhöht werden.
Zusammengefasst sind die Initianten daher der Auffassung, dass die Bedenken hinsichtlich der Sicherheit des AHV-Fonds und der zukünftigen Finanzierbarkeit der Renten, die 1992 und 1994 noch zu entsprechender Zurückhaltung führten, weshalb damals das grundsätzlich einhellig befürwortete Weihnachtsgeld nur in der Höhe eines Teiles einer Monatsrente zugesprochen wurde, heute nicht mehr nötig sind, da auch bei Einführung einer vollen Monatsrente als Weihnachtsgeld dadurch mit Sicherheit keine Beeinträchtigung der Sicherheit der zukünftigen Renten oder auch nur eine noch
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so geringfügige Inanspruchnahme des AHV-Fonds wegen dieser Zusatzleistung zu befürchten steht. Da den Rentnerinnen und Rentnern unserer AHV- und IV-Anstalten, die diese Sozialwerke durch ihre Beiträge massgeblich mitfinanziert haben, diese Leistung zugestanden werden sollte, wenn sie aus den Erträgnissen der AHV-Anstalt problemlos finanziert werden kann, sprechen sich die Initianten für die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen aus.
21.08.1998