Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Gesetzesinitiative zur Abänderung des Gesetzes über die Baulandumlegung (Art. 11 Baulandumlegungsgesetz)
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Mit Gesetzesinitiative vom 19. September 1997 wird die Abänderung von Art. 11 des Gesetzes über die Baulandumlegung, LGBl. 1991 Nr. 61, verlangt. Gemäss Initiative soll die gesetzliche Verpflichtung zur gleichzeitigen Aufstellung eines Überbauungsplanes bei grösseren Gebieten eines Überbauungsrichtplanes entfallen. Nach Rechts- und Sachauffassung der Regierung führt diese solitäre Abänderung gemäss Gesetzesvorschlag der Initianten zu kaum auflösbaren Widersprüchen. Die Regierung schlägt deshalb eine Modifizierung vor, wonach grundsätzlich Überbauungspläne zusammen mit Baulandumlegungen zu entwickeln sind. Eine Erleichterung wird insofern eingeräumt, dass dann auf die Erstellung von Überbauungsplänen verzichtet werden kann, wenn aufgrund des vorgegebenen Sachverhaltes die Ziele gemäss Art. 1 und 2 des Umlegungsgesetzes ebenfalls erreicht werden können.
Wesentlich ist die nochmalige Klarstellung der Zweckbestimmung des Umlegungsgesetzes von 1991: Umlegungen dienen primär zur Verbesserung bereits bebauter oder teilweise bebauter Gebiete, nicht aber zur Weiterführung der bisherigen Zersiedelung und der zusätzlichen, nicht begründeten Erschliessung neuer Gebiete. Mit der sehr restriktiven Bestimmung des Gesetzgebers von 1991 wurde ein gesetzlicher Riegel vor die bis dahin geltende übertriebene Umlegungspraxis gestossen. Dies geschah aus raumplanerischen, entwicklungspolitischen und finanziellen Gründen; die Regierung wird im Zusammenhang mit dem Raumplanungsgesetz gewisse Erleichterungen in der Baulandumlegung vorschlagen.
Nach Ansicht der Regierung hat auch eine gewisse Unsicherheit über Begriffe im Baugesetz dazu beigetragen, dass der Wunsch erwachsen ist, Art. 11 des Baulandumlegungsgesetzes anzupassen. Die Regierung stellt daher im Bericht und Antrag eine Klarstellung der Begriffe in Aussicht.
Zuständiges Ressort
Ressort Bauwesen
Betroffene Amtsstellen
Stabsstelle für Landesplanung
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Vaduz, 5. Mai 1998
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Gesetzesinitiative betreffend die Abänderung des Baulandumlegungsgesetzes zu unterbreiten.
Mit der Gesetzesinitiative vom 19. September 1997 verlangen 14 Landtagsabgeordnete die Abänderung des Gesetzes vom 3. Juli 1991 über die Baulandumlegung, LGBl. 1991 Nr. 61. Die Gesetzesinitiative betrifft Art. 11 des Umlegungsgesetzes, der neu wie folgt lauten soll:
"Gleichzeitig mit dem Neuzuteilungsplan können je nach Bedürfnis in den einzelnen Gemeinden vom Gemeinderat Überbauungspläne aufgestellt werden. Planinhalt und Verfahren richten sich nach den entsprechenden Bestimmungen im Baugesetz."
Die Initianten begründen diese Gesetzesänderung wie folgt:
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"Obwohl die Notwendigkeit eines Baulandumlegungsverfahrens gegeben sein kann, bedeutet dies noch nicht, dass es in allen Fällen sinnvoll ist, gleichzeitig Überbauungspläne zu erstellen. Es wird auf die Tatsache verwiesen, dass nur für die wenigsten Grundstücke in Bauzonen Überbauungspläne bestehen. Die Verpflichtung, mit einem Neuzuteilungsplan einen Überbauungsplan zu erlassen, kann für den Grundstückseigentümer als auch für die Gemeinden zu unannehmbaren Situationen führen. Nicht alle betroffenen Grundstückseigentümer planen bereits zu diesem Zeitpunkt, ihr Grundstück zu verbauen. Eine Verbauung soll vielleicht erst in einigen Jahren erfolgen oder den Erben überlassen werden. Für die Grundstückseigentümer ist es nicht zumutbar, bereits zum Zeitpunkt der Baulandumlegung Baupläne vorzulegen, die ihren oder den Bedürfnissen ihrer Erben zum tatsächlichen Zeitpunkt der Verbauung nicht mehr entsprechen. Mit dieser Normierung ist zudem auf die Möglichkeit der Grundstücksteilung im Falle des Vererbens der jetzigen Eigentümer als auch auf sonstige Veränderungen nicht Bedacht genommen. Eine solche Disposition schon heute vorzunehmen, ist für die Grundeigentümer und deren Erben nicht nur völlig unzumutbar und zweckentfremdend, sondern auch sehr kostenintensiv. Als Folge können derzeit nur wenige Baulandumlegungsverfahren durchgeführt werden. Sie scheitern meist am völlig gerechtfertigten Widerstand der Grundstückseigentümer, schon jetzt Baupläne für Gebäude vorzulegen, die erst in ferner Zukunft, wenn überhaupt realisiert werden.
Die Gemeinde hat im Falle von Baulandumlegungen ein sehr aufwendiges, teures und langwieriges Verfahren durchzuführen, das in der Mehrzahl der Fälle wie oben aufgeführt zu einem unerwünschten Ergebnis führt. Das ist weder im Interesse der Gemeinde noch im Interesse der Grundstückseigentümer. Ausserdem bestehen bezüglich der Überbauungspläne zwei unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Die Gemeinde hat die Möglichkeit, nach Art. 10 Abs. 1 des Baugesetzes Überbauungspläne je nach Bedürfnis zu erstellen. Sind die Voraussetzungen dafür gegeben, wird sie ein Verfahren nach den Bestimmungen des Baugesetzes durchführen. Es besteht keine Verpflichtung, für sämtliche in der Bauzone gelegene
Grundstücke Überbauungspläne zu erstellen. Umso unverständlicher
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erscheint in diesem Zusammenhang die Regelung im Gesetz über die Baulandumlegung, die die Erstellung von Überbauungsplänen in allen Fällen einer Baulandumlegung vorsieht. Es bestehen somit zwei unterschiedliche Regelungsmodelle für Grundstücke in Bauzonen ohne dass dafür eine sachliche Rechtfertigung besteht. (....) Zusammenfassend wird nochmals festgehalten, dass eine Abänderung des jetzigen Artikel 11 Absatz 1 des Gesetzes über die Baulandumlegung aus drei Gründen notwendig ist:
1. Die gesetzliche Verpflichtung, im Rahmen des Baulandumlegungsverfahrens Überbauungspläne zu erstellen, entspricht in vielen Fällen nicht den Bedürfnissen der Grundstückseigentümer und der Gemeinden. Das Gesetz über die Baulandumlegung wird daher bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr angewandt. Seine Ziele sind somit nur noch in sehr eingeschränktem Masse umsetzbar.
2. Die jetzige Normierung führt zu langwierigen Verfahren, die sowohl für die Grundstückseigentümer als auch für die Gemeinden sehr kostenintensiv sind und in manchen Fällen zu äusserst unbefriedigenden Ergebnissen führen.
3. Es bestehen für Grundstücke in Bauzonen zwei unterschiedliche Regelungen betreffend die Überbauungspläne im Gesetz über die Baulandumlegung als auch im Baugesetz.
Weitere gesetzliche Bestimmungen sind von dieser Abänderung nicht betroffen."
Der Landtag hat in seiner Sitzung vom 22723. Oktober 1997 diese Gesetzesinitiative beraten. Das Ressort Bauwesen hat zu Handen des Landtags eine ausführliche Stellungnahme abgegeben, die auf die Zusammenhänge mit der Raumplanung, mit den Grundsätzen der Gemeindebauordnungen betreffend zonengerechter, bodensparender Überbauung und zweckmässiger Erschliessung, wie auch über die Kosten einer ungeregelten Siedlungsplanung Aufschluss gibt. Gerade im Hinblick
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darauf, dass das Raumplanungsgesetz und die vorgesehene Revision des Baugesetzes auch das Thema der eingereichten Gesetzesinitiative zu behandeln haben werden, mahnte die Regierung begründet zur Vorsicht. Zum damaligen Zeitpunkt wurde von der isolierten Abänderung des Baulandumlegungsrechtes abgeraten.
Die Diskussion im Landtagsplenum führte zum Beschluss, dieses Traktandum zu verschieben, um der Regierung Zeit zu eingehender Analyse und allenfalls zur Formulierung einer Kompromissvariante zu geben, um dann diese Thematik im Frühjahr 1998 erneut zu behandeln.
Die Regierung hat sich wiederholt mit dieser Thematik befasst. Sie ist sich der grossen politischen und emotionalen Problematik bewusst, die grundsätzlich allen Fragen anhaftet, die Elemente des Bodenrechtes, der Raumplanung, der langfristigen Sicht einer räumlichen Steuerung und der Eingrenzung individueller Bau- und Planungsfreiheit betreffen. Gerade deswegen haben sich die Regierung und der Landtag mit grosser Ernsthaftigkeit und staatspolitischer Verantwortung mit der eingereichten Gesetzesinitiative auseinanderzusetzen. Es kann und darf nicht um eine kurzsichtige, gleichermassen aus dem grösseren Zusammenhang herausgerissene "Sofortlösung" gehen. Vielmehr sind die Hintergründe, Überlegungen und Argumentationen zu prüfen und zu hinterfragen, die 1991 zur Neufassung des Baulandumlegungsgesetzes geführt haben. Eine allfällige Abänderung des Baulandumlegungsgesetzes soll und muss den Zielen der Raumordnung, des haushälterischen Umganges mit den Ressourcen, der Wirtschaftlichkeit und der Erhaltung von Entwicklungsmöglichkeiten künftiger Generationen entsprechen können.