Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Bankengesetzes
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Mit dem EWR-Beitritt hat sich Liechtenstein verpflichtet, verschiedene Richtlinien der EU in nationales Recht zu implementieren. Obwohl das bestehende Bankengesetz bereits einige der Richtlinien umsetzt, ist eine Gesetzesrevision notwendig geworden. Als Gründe dafür können der Erlass neuer oder die Abänderung bestehender Richtlinien der EU sowie die Anpassung an weitere internationale Entwicklungen und Entwicklungen in der Schweiz genannt werden. Die Übergangsfristen für die Umsetzung der relevanten Richtlinien sind bereits am 1. Januar 1997 abgelaufen.
Im Dezember 1996 hat die Regierung einen ersten Entwurf des revidierten Gesetzes in die Vernehmlassung gegeben. Die Stellungnahmen der interessierten Kreise haben ergeben, dass der damalige Gesetzesentwurf in verschiedenen Punkten keine optimale Lösung darstellte. Aus diesem Grund wurde eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich mit der Überarbeitung des Revisionsentwurfes befasste.
Die Schwerpunkte der Gesetzesrevision umfassen vor allem die folgenden Bereiche: Single Licence-Prinzip, Home Country Control-Prinzip, Informationsaustausch/Amtshilfe, Vor-Ort-Kontrollen, konsolidierte Aufsicht, Verletzung von Vorschriften, Rechnungslegung, Einlagensicherung (ergänzt durch Anlegerschutzrichtlinie), Kapitaladäquanz, Zustimmungserfordernis des Landtags bei der Gründung einer Bank, Wertpapierfirmen, Drittstaatenregelungen.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Amtsstellen
Dienststelle für Bankenaufsicht
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Vaduz, 3. Februar 1998
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Abänderung des Bankengesetzes zu unterbreiten:
Nachdem Liechtenstein seit dem 1. Mai 1995 Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraumes ist, hat es das EWR-Recht in die nationale Gesetzgebung zu überführen. Die notwendigen Rechtsänderungen und -ergänzungen waren auf das Datum des Inkrafttretens des EWR-Abkommens vorzunehmen. In einigen Bereichen bestanden Übergangsfristen.
Obwohl das Gesetz über die Banken und Finanzgesellschaften erst am 1. Januar 1993 in Kraft getreten ist, ist es notwendig, einige Abschnitte zu ergänzen und vor allem grosse Bereiche neu aufzunehmen. Die Bereiche, die durch das geltende Bankengesetz noch nicht abgedeckt werden, betreffen Richtlinien, für deren Umsetzung in liechtensteinisches Recht eine Übergangsfrist bis 1.1.1997 bestand. Es
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sind dies die Richtlinie über die Beaufsichtigung von Kreditinstituten auf konsolidierter Basis (92/30), die Richtlinie über den Jahresabschluss und den konsolidierten Abschluss von Banken und anderen Finanzinstituten (86/635), Teile der Zweiten Richtlinie zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (89/646) sowie die Richtlinie über die Pflichten der in einem Mitgliedstaat eingerichteten Zweigniederlassungen von Kreditinstituten mit Sitz ausserhalb dieses Mitgliedstaates zur Offenlegung von Jahresabschlussunterlagen (89/117).
Ein weiterer Grund für die Notwendigkeit einer Bankengesetzrevision ist die Tatsache, dass in den letzten Jahren verschiedene Richtlinien, die im Bankengesetz bereits umgesetzt sind, Änderungen und Ergänzungen erfahren haben. Diese Änderungen wurden im Bankengesetz bzw. in der Verordnung noch nicht nachvollzogen. Dies betrifft beispielsweise die Richtlinie über die Eigenmittel von Kreditinstituten (89/299) und die Richtlinie für einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute (89/647).
Zusätzlich lagen verschiedene EU-Richtlinien bei der Ausarbeitung und Verabschiedung des Bankengesetzes erst im Entwurf vor, sodass diese nicht mehr rechtzeitig bzw. noch nicht voll umgesetzt werden konnten. Dies betrifft die Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (94/19), die Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen (93/22) und die Richtlinie über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (93/6) (Kapitaladäquanz-richtlinie).
Ein letzter Grund für die vorliegende Bankengesetzrevision ist der Umstand, dass bei einigen Bestimmungen, die im Bankengesetz bereits umgesetzt sind, kleinere Präzisierungen und Korrekturen vorgenommen werden müssen. Die EFTA-Über-wachungsbehörde ESA hat sich bereits teilweise zu den Umsetzungen der ver-
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schiedenen Richtlinien ins liechtensteinische Recht geäussert und kleinere Beanstandungen und Vorbehalte angebracht.
Im Laufe des Jahres 1997 wurde die Richtlinie 97/9 über Systeme für die Entschädigung der Anleger verabschiedet. Die Bestimmungen dieser Richtlinie waren in der Vernehmlassungsvorlage noch nicht umgesetzt, wurden in den nun vorliegenden Gesetzesentwurf jedoch eingearbeitet. Die Richtlinie sieht analog zur Richtlinie über die Einlagensicherung für Kleinanleger einen harmonisierten Mindestschutz für den Fall vor, dass eine Wertpapierfirma, in unserem Fall also die Banken, nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber Anlegern nachzukommen.
Derzeit in Diskussion stehende neue Richtlinien-Vorschläge und geplante Änderungen oder Ergänzungen bestehender Richtlinien (Pipeline Acquis und Pre-Pipe-line Acquis) können je nach in absehbarer Zeit bevorstehender Konkretisierung während der Lesungen im Landtag noch eingebracht werden. Es handelt sich dabei im wesentlichen um Vorschläge zu einer Richtlinie über Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten, zu einer Richtlinie über grenzüberschreitende Zahlungen, zu einer Richtlinie oder Empfehlung über Derivative und einer Ergänzung der Kapitaladäquanzrichtlinie.
In der Beilage zur Revisionsvorlage sind für die Abgeordneten zur leichteren Orientierung alle betroffenen EU-Richtlinien abgedruckt.
Zusätzlich zu den EWR-seitigen Beweggründen spielten auch die internationalen Entwicklungen im Bankenbereich eine wesentliche Rolle bei dieser Bankengesetzrevision. Zu erwähnen sind hier vor allem die Bereiche Rechnungslegung und Eigenmittelunterlegung und in diesem Zusammenhang die Arbeiten in der Schweiz und beim Basler Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für Interna-
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tionalen Zahlungsausgleich (BIZ). Derzeit werden in der Bankenverordnung die Anhänge 1 (Eigenmittelunterlegung bzw. Solvabilitätskoeffizient) und 3 (Rechnungslegung) detailliert überarbeitet.