Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1998 / 87
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage/Wer­de­gang der recht­li­chen Gleichs­tel­lung von Frau und Mann
2.Schaf­fung eines Gleichstellungsgesetzes
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Aufbau des Gleichstellungsgesetzes
5.Abän­de­rung des Arbeitsvertragsrechts
6.Ver­nehm­las­sung
7.Zu den ein­zelnen Bestimmungen
8.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
9.Per­so­nelle und finan­zi­elle Konsequenzen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
Vor­lage 1
Vor­lage 2
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
Betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GLG)
 
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Der vorliegende Bericht und Antrag befasst sich mit der Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes, welches zusammengefasst auf folgenden Überlegungen basieren soll:
Nach der Durchsetzung der rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau steht im Rahmen verschiedener Massnahmen zur faktischen Gleichstellung der Geschlechter insbesondere ein Bereich im Vordergrund. Dabei handelt es sich um die Gleichstellung von Mann und Frau im Erwerbsleben. Gerade im Bereich des Erwerbslebens, das einen gewichtigen Teil des Lebens der Menschen in Europa einnimmt, ist eine Vielzahl von Beschäftigten mit verschiedenen, allgemein bekannten Ungleichbehandlungen konfrontiert, die entweder auf das Geschlecht oder damit zusammenhängend auf die familiäre Situation oder allgemein ausgedrückt: auf das Festhalten an der Vorstellung der klassischen Rollenverteilung zurückzuführen sind. Der wohl bekannteste Aspekt dürfte die Lohngleichheit (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) sein.
Trotz der seit 1992 bestehenden verfassungsrechtlichen Gleichstellung der Geschlechter und der daraufhin durchgeführten Anpassung aller liechtensteinischen Gesetze im Hinblick auf eine Gleichstellung von Mann und Frau muss festgestellt werden, dass Ungleichbehandlungen von Frau und Mann in der Praxis zum Alltag gehören. Diese Ungleichbehandlungen, die in der Regel eine Schlechterstellung der Frau gegenüber dem Mann darstellen, lassen sich im Erwerbsleben, insbesondere bei der Anstellung, der Aufgabenzuteilung, der Gestaltung der Arbeitsbedingungen, der Entlohnung, der Aus- und Weiterbildung, der Beförderung sowie im Falle von Entlassungen, feststellen.
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Das vorliegende Gleichstellungsgesetz soll als konsequente Weiterführung des Gleichheitsgrundsatzes und als ein Mittel zur faktischen Gleichstellung von Mann und Frau dazu beitragen, einerseits im Erwerbsleben bestehende Ungleichbehandlungen zu erfassen und soweit als möglich zu beseitigen beziehungsweise weitere oder neue Diskriminierungen zu vermeiden, andererseits auf diesem Wege der faktischen Chancengleichheit von Mann und Frau im Erwerbsleben zum Durchbruch zu verhelfen. Durch diese Verwirklichung der Chancengleichheit im Erwerbsleben wird auch der Grundstein für eine flexiblere Gestaltung des Familienlebens durch alternative Arbeitsteilungsmodelle geschaffen werden, was nicht nur neue Chancen für die Frau, sondern ebenso für den Mann beinhaltet. Hintergründig betrachtet basiert die Vorlage auf den noch zu verwirklichenden Grundpfeilern einer emanzipierten Arbeitsgestaltung, durch die das Gleichstellungsgesetz im Bereich der Arbeitswelt getragen werden soll, wie Lohngleichheit, Teilnahme der Frauen am Erwerbsleben, Arbeitsbedingungen und Stellung im Beruf.
Zuständiges Ressort
Familie und Gleichberechtigung
Betroffene Amtsstelle
Stabsstelle Gleichstellungsbüro
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Vaduz, den 1. September 1998
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GLG) zu unterbreiten.
1.1Frauenstimmrecht
Die Gleichstellung von Frau und Mann wurde in Liechtenstein relativ spät thematisiert. Am 12. November 1965 wurde das Frauenstimmrecht im liechtensteinischen Landtag erstmals diskutiert. Im Jahr 1970 wurde im Verfassungsgesetz vom 17. Dezember 1970 (LGB1. 1971 Nr. 22) festgehalten, dass unter dem Begriff 'Landesangehörige' 'alle Personen mit liechtensteinischem Landesbürgerrecht ohne Unterschied des Geschlechts zu verstehen sind'. Aufgrund dieses Verfassungsartikels konnte die liechtensteinische Frau jedoch weder das Wahlrecht ausüben noch ihr Landesbürgerrecht im Fall der Verheiratung mit einem Auslän-
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der an ihre Kinder weitergeben. Am 7. November 1969 wurde das "Komitee für das Frauenstimmrecht" gegründet. Das Ziel des Komitees war es, die Diskussion über das Frauenstimmrecht zu fördern und zu beschleunigen und dem Frauenstimmrecht zum Durchbruch zu verhelfen.
Die Einführung des Frauenstimmrechts in Liechtenstein wurde in einer ersten Volksabstimmung am 26728. Februar 1971 mit einem Mehr von 81 Stimmen abgelehnt.
Weitere Vorstösse für die Einführung gingen in der Folge von verschiedenen Arbeitsgruppen aus, so der "Arbeitsgruppe für die Frau" (1971 gegründet) und der Aktion Dornröschen (1981 gegründet). Die zweite Abstimmung zur Einführung des Frauenstimmrechts am 9./11. Februar 1973 ging mit 55,9% Nein-Stimmen wiederum negativ aus.
Am 29. Juni/1. Juli 1984 stimmten die liechtensteinischen Männer erneut über das Frauenstimmrecht ab. Bei einer Stimmbeteiligung von 86,23 % wurde das Frauenstimmrecht mit 2370 Ja-Stimmen (51,3 %) zu 2251 Nein-Stimmen (48,7 %) angenommen.
LR-Systematik
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10
105
2
21
210
LGBl-Nummern
1999 / 097
1999 / 096
Landtagssitzungen
20. November 1998
20. November 1998