Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
1999 / 10
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Anlass
2.Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Recht­li­ches
7.Per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag  der Regierung an den  Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Schaffung eines Gesetzes über die Zulassung von Dolmetschern und Übersetzern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden
 
2
Der Staatsgerichtshof hat mit Urteil vom 25. Oktober 1996, StGH 1996/1 und 2 die Richtlinien der Regierung für die Zulassung als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer als verfassungswidrig aufgehoben. Der Staatsgerichtshof rügte das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass dieser Richtlinien, welche Rechtssatzcharakter hätten und materiell als Rechtsverordnungen zu qualifizieren seien. Die Regierung hat gestützt auf die aufgehobenen Richtlinien in den zurückliegenden Jahren mehrere Zulassungen als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer ausgestellt. Mit der Aufhebung der Richtlinien besteht nun für diese Personen eine Rechtsunsicherheit, so dass es die Regierung für notwendig erachtet, eine entsprechende gesetzliche Regelung vorzusehen. Der Erlass von gesetzlichen Bestimmungen ist aus der Sicht der Regierung aber auch deshalb zielführend, weil Dolmetscher und Übersetzer vor Gerichten und Verwaltungsbehörden eine Funktion erfüllen, die den Kernbereich der Gesetzesanwendung durch Gerichte und Verwaltungsbehörden berührt. Aufgrund der im vorliegenden Entwurf festgeschriebenen Voraussetzungen ist gewährleistet, dass diese Dolmetscher und Übersetzer über bestimmte Qualifikationen verfügen, welche sie besonders zur Ausübung dieser Tätigkeit befähigen. Der vorliegende Gesetzesentwurf weicht in einigen wichtigen Punkten inhaltlich von den früheren Richtlinien über die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern ab. So hält es die Regierung insbesondere nicht mehr für zeitgemäss, eine "allgemeine Beeidigung" vorzusehen. Stattdessen wird vorgeschlagen, "dass Bewerber gegenüber der Bewilligungsbehörde schriftlich zu bekräftigen haben, dass sie stets nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig dolmetschen und übersetzen werden. " Aufgrund der Zugehörigkeit zum EWR wurde auch von einem Wohnsitzerfordernis Abstand genommen.
Zuständiges Ressort
Ressort Präsidium
Betroffene Amtsstelle
Regierungskanzlei
3
Vaduz, 9. Februar 1999
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Schaffung eines Gesetzes über die Zulassung von Dolmetschern und Übersetzern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden zu unterbreiten:
1.Anlass
Mit Regierungsbeschluss vom 23. Oktober 1979 hat die Regierung Richtlinien für die Zulassung als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer erlassen. Die Regierung hat diese Richtlinien mit Beschluss vom 18. August 1987 abgeändert und ergänzt.
Die Regierung erteilte in der Vergangenheit Zulassungsbescheinigungen als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer an Personen, die entsprechenden Voraussetzungen gemäss den zitierten Regierungsrichtlinien erfüllten. Gemäss den Richtlinien mussten für die allgemeine Beeidigung von Dolmetschern und Übersetzern folgende Voraussetzungen gegeben sein:
4
a)
Vollkommene Beherrschung der deutschen und der betreffenden Fremdsprache in Wort und Schrift;
 
b)
 
sechsjährige Berufserfahrung als Übersetzer und Dolmetscher in der bestimmten Sprache unmittelbar vor der Beeidigung; eine dreijährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium oder Studium einer höheren Wirtschafts- und Verwaltungsschule oder einer Dolmetscher- und Übersetzerschule erfolgreich abgeschlossen hat; vom Erfordernis einer Tätigkeit als Übersetzer und Dolmetscher kann abgesehen werden, wenn der Bewerber ein Nachdiplomstudium an einer Hochschule in der bestimmten Sprache erfolgreich abgeschlossen hat;
 
c)
 
volle Geschäftsfähigkeit;
 
d)
 
körperliche und geistige Eignung;
 
e)
 
Vertrauenswürdigkeit;
 
f)
 
fünfjähriger inländischer Wohnsitz;
 
g)
 
geordnete wirtschaftliche Verhältnisse.
Der Bewerber hatte vor dem zuständigen Regierungsmitglied einen Eid abzulegen. Wer den Eid abgelegt hatte, war berechtigt, seinem Namen den Zusatz "Allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer" beizufügen.
Auf Antrag der Verwaltungsbeschwerdeinstanz (in Zusammenhang mit zwei Beschwerden gegen Entscheidungen der Regierung wegen Zulassung zum allgemein beeideten Dolmetscher und Übersetzer) hat der Staatsgerichtshof mit Urteil vom 25. Oktober 1996, StGH 1996/1+2, die Richtlinien der Regierung für die Zulassung als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer als verfassungswidrig aufgehoben. Der Staatsgerichtshof hat festgestellt, dass diese Richtlinien im Sinne des Kundmachungsgesetzes bzw. der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes nicht nur verwaltungsinterne Weisungen darstellen, sondern beträchtliche Auswirkungen auf diejenigen Personen haben, welche den Status eines beeideten
5
Dolmetschers anstreben. Diese Richtlinien der Regierung hätten deshalb Rechtssatzcharakter und seien materiell als Rechtsverordnungen zu qualifizieren. Folglich sei Art. 28 Abs. 2 des Staatsgerichtshofgesetzes auf die vorliegenden Richtlinien anwendbar und der Staatsgerichtshof habe deren Gesetz- und Verfassungsmässigkeit antragsgemäss zu überprüfen. Aufgrund des insbesondere in Art. 92 der Verfassung verankerten Legalitätsprinzips benötige jede Verordnung eine genügende gesetzliche Grundlage in einem Gesetz oder allenfalls direkt in der Verfassung. Das Fehlen der für Verordnungen notwendigen gesetzlichen Grundlage erweise sich im vorliegenden Fall als besonders gravierend, weil die in den zu prüfenden Richtlinien reglementierte Zulassungsbeschränkung als beeideter Dolmetscher und Übersetzer einen Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit darstelle. Gerade bei Grundrechtsbeschränkungen sei besonderes Augenmerk darauf zu legen, dass diese durch eine genügend klare gesetzliche Grundlage abgedeckt werden. Zudem hätten diese Richtlinien gemäss Art. 3 Bst. h des Kundmachungsgesetzes im Landesgesetzblatt kundgemacht werden müssen, da sie eindeutig eine Aussenwirkung entfalteten. Nachdem eine solche Kundmachung nicht erfolgt sei, seien diese Richtlinien auch insoweit gesetzeswidrig bzw. könnten sie jedenfalls keine Aussenwirkung entfalten. Damit würden die Regierungsrichtlinien für die Zulassung als allgemein beeideter Dolmetscher und Übersetzer derart schwerwiegende Mängel aufweisen, da sie sich klar als verfassungswidrig erwiesen hätten.
LR-Systematik
1
17
172
LGBl-Nummern
2000 / 015
Landtagssitzungen
19. Mai 1999
Stichwörter
Dol­met­schern, Über­set­zern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden
Über­set­zern, Dol­met­schern vor Gerichten und Verwaltungsbehörden