Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Europäische Übereinkommen über das Grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. Mai1989 sowie das Änderungsprotokoll vom 1. Oktober 1998 zum Europäischen Übereinkommen über das Grenzüberschreitende Fernsehen
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Das Übereinkommen des Europarats über das grenzüberschreitende Fernsehen legt Minimalstandards für Fernsehprogramme fest, um die Freiheit des Empfangs und der Weiterverbreitung in anderen Vertragsstaaten zu ermöglichen. Es bezieht sich im Speziellen auf die Einspeisung in die Kabelnetze. Die im Übereinkommen festgelegten Minimalregeln betreffen insbesondere
den Schutz von Individuair echten wie z.B. das Recht auf Gegendarstellung:
den Zugang der Fernsehzuschauer zu bedeutenden Ereignissen:
die Verantwortung der Rundfunkveranstalter, insbesondere hinsichtlich Gewalt, Pornographie und Jugendschutz;
kulturelle Ziele (Anteil europäischer Werke und Erstsendung von Spielfilmen im Fernsehen; sogenannte Verwertungskaskade);
die Werbung (Dauer, Form, Platzierung, Beschränkung für bestimmte Produkte) und Sponsoring.
Das Übereinkommen war das Ergebnis der Ersten Europäischen Ministerkonferenz über Massenmedienpolitik vom Dezember 1986 in Wien. Es wurde am 5. Mai 1989 anlässlich des Jubiläums zum 40jährigen Bestehen des Europarats in Strassburg zur Unterzeichnung aufgelegt, ist am 1. Mai 1993 in Kraft getreten und zählt bis heute 18 Vertragsparteien. Liechtenstein hat das Übereinkommen am 5. Mai 1989 unterzeichnet. Am 1. Oktober 1998 wurde ein Änderungsprotokoll zum Übereinkommen verabschiedet, welches das Übereinkommen mit den neu gefassten Bestimmungen der entsprechenden Richtlinie der EU kompatibel macht. Mit der Ratifikation des Übereinkommens und des Änderungsprotokolls schafft Liechtenstein eine selbständige völkerrechtliche Rechtsgrundlage, nachdem das Übereinkommen bisher über den Postvertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz (Anlage II zum Postvertrag) auf Liechtenstein anwendbar war.
Zuständige Ressorts
Ressorts Äusseres, Präsidium, Verkehr
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Amt für Kommunikation
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Vaduz, 4. Februar 1999
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Europäische Übereinkommen vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen und das Änderungsprotokoll vom 1. Oktober 1998 zum Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen zu unterbreiten.
Die technische Entwicklung im Kommunikationsbereich hat die Medienlandschaft Europas stark verändert. Die Anzahl der zu empfangenden Fernsehprogramme ist heute infolge der Verbreitung über Fernmeldesatelliten und Kabelnetze sehr gross geworden. In zahlreichen europäischen Ländern können immer mehr Leute eine immer grössere Anzahl von Programmen empfangen. Diese Erweiterung des Angebots, verbunden mit einer verstärkten Konkurrenz, brachte auch die Herausforderung mit sich, die kulturelle Identität der verschiedenen Regionen Europas zu erhalten und zu festigen sowie den Pluralismus in der Information und die Qualität der Sendungen zu garantieren.
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Vor dem Hintergrund der in Art. 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (LGBl. 1982 Nr. 60) verankerten Grundsätze der Meinungs- und Informationsfreiheit bemühten sich die Mitgliedstaaten des Europarats, das Beste aus den positiven Aspekten der technischen Entwicklung in diesem Bereich zu machen und gleichzeitig die möglichen Risiken zu minimieren. So wurde anlässlich der Ersten Europäischen Ministerkonferenz über Massenmedienpolitik am 9./10. Oktober 1986 in Wien eine Schlusserklärung über die Zukunft der Massenmedien in Europa verabschiedet. Darin wird festgehalten, dass im Rahmen des Europarats der Ausarbeitung eines juristisch verbindlichen Instrumentariums zu wesentlichen Fragen des grenzüberschreitenden Rundfunks höchste Priorität einzuräumen sei. Das Ministerkomitee des Europarats wurde aufgefordert, Wege für die Verhinderung bzw. Beilegung von Streitigkeiten auf diesem Gebiet aufzuzeigen. Anlässlich einer Tagung in Berlin im Jahre 1984 hatten bereits die Kulturminister in einer Resolution eine Harmonisierung der Medienpolitik verlangt.
Aufgrund dieser Erklärung beauftragte das Ministerkomitee des Europarats im Januar 1987 den zuständigen Fachausschuss (Lenkungsausschuss für Massenmedienpolitik), raschmöglichst eine juristisch verbindliche Grundlage mit den wichtigsten Grundsätzen zum grenzüberschreitenden Rundfunk in Europa auszuarbeiten. Der Lenkungsausschuss sollte sich dabei auf bestehende Empfehlungen des Europarats zur Medienpolitik stützen. Am 8. Oktober 1987 empfahl die Parlamentarische Versammlung dem Ministerkomitee, diese juristisch verbindliche Grundlage zum grenzüberschreitenden Rundfunk möglichst schnell auszuarbeiten. An seiner Sitzung vom 15. März 1989 genehmigte das Ministerkomitee die Konvention. Sie wurde am 5. Mai 1989 für die Unterzeichnung durch die Mitgliedstaaten des Europarats und die übrigen Vertragsstaaten des Europäischen Kulturabkommens (LGBl. 1979 Nr. 38) sowie für die Europäische Gemeinschaft freigegeben.
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Das Übereinkommen, welches am 1. Mai 1993 in Kraft getreten ist, zählt derzeit 18 Vertragsparteien, 11 weitere Staaten, darunter Liechtenstein, haben das Übereinkommen unterzeichnet. Mehrere Staaten machten von der Möglichkeit Gebrauch, insbesondere zu Art. 32 des Übereinkommens einen Vorbehalt bzw. eine Erklärung betreffend Werbeverbot für alkoholische Getränke abzugeben (siehe Beilage 2).
Eine der wichtigsten politischen Entwicklungen, die für das Übereinkommen von Interesse sind, war die Änderung der Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft, denn das Übereinkommen wurde bei seiner Ausarbeitung gleichzeitig mit der Abfassung dieser Richtlinie ausgehandelt. Mit dem Änderungsprotokoll vom 1. Oktober 1998 betreffend das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen vom 5. Mai 1989 wird der Inhalt des Übereinkommens mit der Richtlinie 89/552 des Rates vom 3. Oktober 1989 in der Fassung der Richtlinie 97/36 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997 kompatibel gemacht. Das Ministerkomitee des Europarats hat am 9. September 1998 das erwähnte Protokoll verabschiedet. Nach der Revision der Richtlinie der Gemeinschaft (siehe Beilage 3 zum Bericht und Antrag) war eine Revision des Übereinkommens notwendig geworden, um den Zusammenhang zwischen der Richtlinie und dem Übereinkommen, wie er schon bisher gegeben war, im Interesse der Rechtssicherheit für die Vertragsstaaten wie auch für die grenzüberschreitenden Fernsehsender wieder herzustellen. Das Übereinkommen bezieht sich auch in der revidierten Fassung nur auf das grenzüberschreitende Fernsehen. Für das grenzüberschreitende Radio sind noch keine gemeinsamen Vorschriften in Aussicht.
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Die wichtigsten Änderungen über das Protokoll betreffen
die Definition der Werbung und die Frage der Selbstpromotion
das Teleshopping
die Patronage von Sendungen
die Rechtsprechung
den Missbrauch von Rechten aus dem Übereinkommen
den Zugang der Öffentlichkeit zu wichtigen Ereignissen
die Frist für die Ausstrahlung von Kinofilmen im Fernsehen
Das Protokoll stand ab dem 1. Oktober 1998 für die Vertragsparteien des Übereinkommens zur Annahme offen. Staaten wie Liechtenstein, die das Übereinkommen ratifizieren, sind angehalten, bei der Ratifikation des Übereinkommens von 1989 auch die Revision gemäss Änderungsprotokoll von 1998 anzunehmen, ohne dass hierzu eine eigene Unterzeichnung erforderlich wäre. Insofern bildet das Änderungsprotokoll Gegenstand einer konsolidierten Fassung des Übereinkommens, wie sie der Übersichtlichkeit wegen in Beilage 1 enthalten ist. Formal ist sowohl dem Übereinkommen wie auch dem Änderungsprotokoll (Beilagen la und lb) gesondert zuzustimmen, und der Antrag ist dementsprechend formuliert worden.