Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Schaffung eines Gesetzes über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih (Arbeitsvermittlungsgesetz, AVG)
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Die derzeit in Kraft stehende Rechtsgrundlage betr. die private und öffentliche Dienst- und Stellenvermittlung bildet das Gesetz über die Dienst- und Stellenvermittlung vom 9. September 1960, LGBl. 1960 Nr. 20. Die private Arbeitsvermittlung wurde in den letzten Jahren v.a. durch eine neuartige Erscheinung geprägt, nämlich den enormen Aufschwung der Temporärarbeit und anderer Formen der Leiharbeit. Gerade diese, vom geltenden Recht nicht erfassten Formen der Arbeitsvermittlung haben dazu geführt, dass das heutige Gesetz im Bereich der privaten Arbeitsvermittlung den Anforderungen der Praxis nicht mehr genügt. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung von Personalverleihfirmen ist eine umfassende gesetzliche Regelung hinsichtlich qualifizierter Voraussetzungen für den Zugang zu diesem Gewerbe notwendig. Gleichzeitig sind Bestimmungen zum Schutz des Arbeitnehmers notwendig, welche den Verleiher verpflichten, die aus dem Subordinationsverhältnis resultierenden Fürsorgepflichten gegenüber dem Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Die öffentliche Dienst- und Stellenvermittlung ist nur sehr rudimentär durch das geltende Recht abgedeckt und vermag den seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Dienst- und Stellenvermittlung im Jahre 1960 veränderten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu entsprechen. Insbesondere bietet das geltende Gesetz über die Dienst- und Stellenvermittlung keine genügende gesetzliche Grundlage für Massnahmen zur Förderung von Profilanpassungen (Umschulung, Weiterbildung) bei Arbeitslosen oder für Programme zur Arbeitsbeschaffung. Zudem bietet das geltende Gesetz auch keine Möglichkeit, private Arbeitsvermittlungsbüros in die Aufgaben der öffentlichen Arbeitsvermittlung durch das Amt für Volkswirtschaft miteinzubeziehen. Diese Einbezugsmöglichkeit soll neu im Gesetz vorgesehen werden.
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Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das geltende Gesetz in seinem Anwendungsbereich von den wirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Gegebenheiten der 60er Jahre ausgeht. Unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Erfahrungen über die sich stetig verändernde Wirtschaftslage und die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ist eine umfassende gesetzliche Neuregelung im Bereich der öffentlichen Arbeitsvermittlung ebenso dringend erforderlich wie im Bereich der privaten Arbeitsvermittlung und des Personalverleihs. Fragen des Arbeitsmarktes sind zu einem gesellschaftlichen Kernproblem geworden. Dies gilt es im gegenständlichen Gesetzesentwurf zu berücksichtigen und neu zu umschreiben.
Zuständiges Ressort
Ressort Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 21. September 1999
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Die derzeit in Kraft stehende Rechtsgrundlage betr. die private und öffentliche Dienst- und Stellenvermittlung bildet das Gesetz über die Dienst- und Stellenvermittlung vom 9. September 1960, LGBl. 1960 Nr. 20. Darin sind sowohl die Durchführung und die Aufgaben der öffentlichen (staatlichen) Dienst- und Stellenvermittlung als auch die Konzessionsvoraussetzungen für die Ausübung des privaten Dienst- und Stellenvermittlungsgewerbes geregelt.
Nach geltendem Recht ist die gewerbsmässige Ausübung der privaten Dienst- und Stellenvermittlung vom Innehaben einer entsprechenden Konzession der Regierung abhängig. Vom Konzessionsträger, bzw. bei einer juristischen Person von deren Geschäftsführer, wird u.a. verlangt, dass er einen einwandfreien Leumund nachweisen kann. Der Nachweis von Fachkenntnissen zur gewerbsmässigen Ausübung des Gewerbes ist von Gesetzes wegen nicht vorgeschrieben und wird in der Praxis auch nicht verlangt. In sachlicher Hinsicht wird für die Ausübung des Gewerbes ein geeignetes Betriebslokal und die Hinterlegung einer Kaution von CHF 2'000.-- vorgeschrieben.
Die private Arbeitsvermittlung wurde in den letzten Jahren v.a. durch eine neuartige Erscheinung geprägt, nämlich den enormen Aufschwung der Temporärarbeit und anderer Formen der Leiharbeit. Gerade diese, vom geltenden Recht nicht erfassten Formen der Arbeitsvermittlung haben dazu geführt, dass das heutige Ge-
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setz im Bereich der privaten Arbeitsvermittlung den Anforderungen der Praxis nicht mehr genügt.
Wie bereits erwähnt untersteht der gewerbsmässige Personalverleih nicht dem Anwendungsbereich des heutigen Gesetzes über die Dienst- und Stellenvermittlung. Der Personalverleih ist bis anhin gesetzlich nicht explizit geregelt. Einzig für den Zugang zur gewerblichen Tätigkeitsausübung als Verleiher wird entweder ein Gewerbeschein (natürliche Person) oder eine Gewerbebewilligung (juristische Person) vorausgesetzt. Die Zugangsvoraussetzungen zum gewerbsmässigen Personalverleih bestimmen sich nach dem Gewerbegesetz vom 10. Dezember 1969, LGBl. 1970 Nr. 20, i.d.g.F. Die gewerbsmässige Betätigung als Personalverleiher stellt nach dem Gewerbegesetz ein fachkenntnisfreies Gewerbe dar, d.h. der Gewerbeanwärter hat nur die allgemeinen persönlichen gewerberechtlichen Voraussetzungen zu erfüllen und keine die Materie des Personalverleihs betreffenden spezifischen Kenntnisse beizubringen, um in den Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung zu gelangen. Ansonsten gibt es keine Bestimmungen, die das Verhältnis und die daraus allenfalls resultierenden Rechtsfolgen zwischen dem gewerbsmässigen Personalverleiher, dem Arbeitnehmer und dem Einsatzbetrieb regulieren. So besteht z.B. zum Schutz der schwächeren Partei im Vertragsverhältnis nach der geltenden Rechtslage für den Verleiher bzw. Verleihbetrieb weder die Pflicht zur Hinterlegung einer Kaution noch die präventive Erbringung einer sonstigen Vermögenswerten Leistung zur Sicherstellung legitimer Ansprüche zugunsten der im Vertragsverhältnis stehenden Arbeitnehmer (z.B. im Falle des Konkurses des Verleihers).
Aufgrund der zunehmenden Verbreitung von Personalverleihfirmen ist eine umfassende gesetzliche Regelung hinsichtlich qualifizierter Voraussetzungen für den Zugang zu diesem Gewerbe notwendig. Gleichzeitig sind Bestimmungen zum Schutz des Arbeitnehmers notwendig, welche den Verleiher verpflichten, die aus
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dem Subordinationsverhältnis resultierenden Fürsorgepflichten gegenüber dem Arbeitnehmer zu gewährleisten. Eine klare gesetzliche Regelung dient auch den in der Branche der privaten Arbeitsvermittlung und des Personalverleihs bereits tätigen Personen, indem dadurch einerseits Transparenz bei den offerierten Dienstleistungen gegenüber dem Publikum geschaffen wird und andererseits insbesondere durch eine anspruchsvollere Zugangsregelung die Qualität dieser Dienstleistungen generell verbessert wird.
Die öffentliche Dienst- und Stellenvermittlung ist nur sehr rudimentär durch das geltende Recht abgedeckt und vermag den seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Dienst- und Stellenvermittlung im Jahre 1960 veränderten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen nicht mehr zu entsprechen. Insbesondere bietet das geltende Gesetz über die Dienst- und Stellenvermittlung keine genügende gesetzliche Grundlage für Massnahmen zur Förderung von Profilanpassungen (Umschulung, Weiterbildung) bei Arbeitslosen oder für Programme zur Arbeitsbeschaffung. Zudem bietet das geltende Gesetz auch keine Möglichkeit, private Arbeitsvermittlungsbüros in die Aufgaben der öffentlichen Arbeitsvermittlung durch das Amt für Volkswirtschaft miteinzubeziehen. Eine moderne öffentliche Arbeitsvermittlung umfasst heute jedoch weit mehr als nur den blossen Stellennachweis. Zu ihrem Aufgabenspektrum gehört auch die aktive Suche nach Vermittlungsgelegenheiten sowie eine gezielte fachkundige Beratung und Betreuung der Arbeitsuchenden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das geltende Gesetz in seinem Anwendungsbereich von den wirtschaftlichen und arbeitsmarktlichen Gegebenheiten der 60er Jahre ausgeht. Unter Berücksichtigung der Kenntnisse und Erfahrungen über die sich stetig verändernde Wirtschaftslage und die aktuellen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes ist eine umfassende gesetzliche Neuregelung im Bereich der öffentlichen Arbeitsvermittlung ebenso dringend erforderlich wie im
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Bereich der privaten Arbeitsvermittlung und des Personalverleihs. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt hat sich in der vergangenen Zeit aufgrund von Rezessionserscheinungen und Strukturveränderungen auch in Liechtenstein verändert. Die Sozialpartner einerseits und der Staat andererseits werden dadurch mit neuen Herausforderungen konfrontiert und müssen inskünftig vermehrt gemeinsam nach wirtschafts- und sozialadäquaten Problemlösungen suchen. Die Arbeitslosigkeit ist, obwohl unterschiedlich in den einzelnen Wirtschaftsbereichen, insgesamt doch angestiegen. Arbeitslosigkeit ist zu einem gesellschaftlichen Kernproblem geworden. Die zu erbringenden Tätigkeiten und Aufgaben der öffentlichen Arbeitsvermittlung sind in der heutigen Zeit in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht enorm gestiegen. Dies gilt es im gegenständlichen Gesetzesentwurf zu berücksichtigen und neu zu umschreiben.