Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2000 / 121
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass für den Bei­tritt zum Übereinkommen
3.Erläu­te­rungen zu den Bes­tim­mungen des Abkom­mens und liech­tens­tei­ni­sche Rechtslage
4.Aus­wir­kungen des Abkom­mens auf das Fürs­tentum Liechtenstein
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen ("Abkommen von Tokio")
 
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Das Abkommen vom 14. September 1963 verfolgt das Ziel, weltweit die Verfolgung von Akten der Luftpiraterie durch eine einheitlich geregelte Gerichtsbarkeit zu gewährleisten und die Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit sicherzustellen. Zudem soll das Abkommen einen Beitrag zur Erhöhung der Flugsicherheit leisten, indem es den Kommandanten von Luftfahrzeugen gewisse Befugnisse einräumt, um die Flugsicherheit zu gewährleisten und die Ordnung und Disziplin an Bord aufrecht zu erhalten. Im Fall von Luftpiraterie soll die Verfügungsgewalt der Luftfahrzeugkommandanten über das Luftfahrzeug möglichst rasch wiederhergestellt und Fluggästen und Besatzungsmitgliedern die Fortsetzung der Reise ermöglicht werden.
Das Abkommen (auch "Abkommen von Tokio" genannt) gehört zu einer Liste von neun multilateralen Übereinkommen, die Gegenstand des Übereinkommens vom 10. Januar 2000 zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus ist. Letzteres unterliegt derzeit der Überprüfung. Drei von diesen Übereinkommen sowie ein Ergänzungsprotokoll im Bereich Sicherheit in der Luftschifffahrt sind von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organisation, ICAO) ausgearbeitet und verabschiedet worden.
Liechtenstein ist bereits Vertragspartei von drei der oben erwähnten neun multilateralen Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus. Liechtenstein soll durch den Beitritt zum vorliegenden Abkommen seine Solidarität mit den Bestrebungen zur Bekämpfung des Terrorismus zum Ausdruck bringen.
Es entstehen mit dem Beitritt zum Abkommen weder rechtliche noch finanzielle oder personelle Auswirkungen.
Zuständige Ressorts
Ressort Äusseres, Ressort Justiz
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Rechtsdienst der Regierung
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Vaduz, 31. Oktober 2000
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete,
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehend den Bericht und Antrag betreffend das Abkommen vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation, ICAO) ist eine Spezialorganisation der UNO und wurde 1947 mit dem Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt vom 7. Dezember 1944 (Abkommen von Chicago) gegründet. Neben der technischen Entwicklung der internationalen Luftfahrt gehört auch die Gewährleistung der Flugsicherheit in der internationalen Zivilluftfahrt zu ihren Zielsetzungen.1
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Der Rechtsausschuss der ICAO befasste sich seit 1950 mit der Rechtsstellung des Luftfahrzeugs und seit 1956 im Besonderen mit der Vorbereitung eines Abkommens zur Regelung von Fragen, die sich aus der Begehung von strafbaren und sicherheitsgefährdenden Handlungen an Bord von Luftfahrzeugen ergeben. Eine vom 20. August bis 14. September 1963 in Tokio abgehaltene Staatenkonferenz konnte mit der Unterzeichnung des Abkommens über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen durch 16 Staaten abgeschlossen werden. Das Abkommen ist am 4. Dezember 1969 in Kraft getreten und zählt heute 170 Vertragsstaaten sowie zwei Unterzeichnerstaaten, die das Abkommen noch nicht ratifiziert haben.
Das Abkommen hat zum Ziel, weltweit die Verfolgung von Akten der Luftpiraterie durch eine einheitlich geregelte Gerichtsbarkeit zu gewährleisten und die Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Zusammenarbeit sicherzustellen. Zudem soll das Abkommen einen Beitrag zur Erhöhung der Flugsicherheit leisten, indem es dem Kommandanten eines Luftfahrzeugs gewisse Befugnisse einräumt, um die Flugsicherheit zu gewährleisten und die Ordnung und Disziplin an Bord aufrecht zu erhalten. Schliesslich sind im Abkommen Bestimmungen enthalten, nach denen im Fall von Luftpiraterie die Verfügungsgewalt des Luftfahrzeugkommandanten über das Luftfahrzeug möglichst rasch wieder hergestellt und Fluggästen und Besatzungsmitgliedern die Fortsetzung der Reise ermöglicht werden soll.
Das Abkommen enthält drei Grundprinzipien. Zunächst wird die Strafgerichtsbarkeit über strafbare Handlungen an Bord von Luftfahrzeugen so geregelt, dass Zweifel darüber, welcher Staat zur Durchführung des Strafverfahrens im einzelnen Fall zuständig ist, vermieden werden sollen. Die Besonderheiten des Luftverkehrs, vor allem das Überfliegen mehrerer Staatsgebiete in verhältnismässig kurzer Zeit, in grosser Höhe und mit grosser Geschwindigkeit sowie das Überfliegen der Hohen See und von staatenlosem Gebiet bringen es mit sich, dass sehr häufig nicht
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festgestellt werden kann, über welchem Staat sich das Luftfahrzeug im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung befunden hat. Um zu verhindern, dass an Bord eines Luftfahrzeugs begangene strafbare Handlungen straflos bleiben, weil der Staat des Tatorts nicht ermittelt werden kann, oder weil ein an sich zuständiger Staat an der Durchführung des Strafverfahrens kein Interesse zeigt, sieht das Übereinkommen für derartige strafbare Handlungen die Zuständigkeit des Staats vor, in dem das Luftfahrzeug eingetragen ist (Gerichtsbarkeit des Eintragungsstaats). Diese Strafbarkeit ist jedoch keine ausschliessliche. Andere, nach nationalem Recht bestehende Gerichtsbarkeiten bleiben unberührt. Zweitens werden die Befugnisse des Luftfahrzeugkommandanten bei Handlungen, welche - gleichgültig, ob sie strafbar sind oder nicht - die Sicherheit der Luftfahrt oder die Ordnung und Disziplin an Bord gefährden, einheitlich festgelegt und durch entsprechende Pflichten der Staaten ergänzt. Diese Regelung verhindert, dass der Kommandant auf Grund von der Sicherheit dienenden Massnahmen in Vertragsstaaten wegen Nötigung, Freiheitsberaubung oder ähnlicher Delikte verfolgt werden kann. Wesentlich ist, dass das Abkommen den Kommandanten nur zu gewissen Handlungen ermächtigt, nicht aber verpflichtet, und dass diese Ermächtigung in der Regel mit der ersten Landung endet. Schliesslich verpflichten sich die Vertragsstaaten, bei der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands nach der Entführung eines Luftfahrzeugs zusammenzuarbeiten.



 
1Die Art. 1-42 der ICAO-Satzung und die technischen Anhänge sind gemäss der Anlage II zu den aufgrund der Vereinbarung (LGBl. 1950 Nr. 9) über die Luftfahrt im Fürstentum Liechtenstein anwendbaren Rechtsvorschriften in Liechtenstein anwendbar (SR 0.748.0 in der jeweiligen liechtensteinischen Kundmachung).
 
LR-Systematik
0..7
0..74
0..74.8
LGBl-Nummern
2001 / 094
Landtagssitzungen
14. Dezember 2000
Stichwörter
Flug­si­cher­heit, Tokio Abkommen
Luft­fahrt, straf­bare Hand­lungen, Abkommen von Tokio
Luft­pi­ra­terie, Abkommen von Tokio
Ter­ro­ris­mus­be­kämp­fung, Luftfahrt
Tokio Abkommen, Luftpiraterie