Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2000 / 2
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Die ein­zelnen Bes­tim­mungen des Übe­rein­kom­mens und die liech­tens­tei­ni­sche Rechtslage
3.Aus­wir­kungen und Bedeu­tung des Übereinkommens
4.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen vom 8. November 1990 über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten (Nr. 141)
 
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Die in den letzten Jahren zu beobachtende Ausweitung des organisierten Verbrechens gibt zu grosser Sorge Anlass. Seiner effizienten Bekämpfung, sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene, kommt daher grösste Priorität zu. Als erfolgreichste Taktik gegen das organisierte Verbrechen hat sich der Zugriff auf seine finanzielle Basis durch Bestrafung der Geldwäscherei sowie durch Beschlagnahme und Einziehung bzw. Bereicherungsabschöpfung der deliktisch erworbenen Erträge erwiesen. Bedingung einer wirksamen Bekämpfung ist allerdings, dass diese Mittel auch im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit zum Tragen kommen, da das organisierte Verbrechen grenzüberschreitend operiert und die rechtlichen Besonderheiten der verschiedenen Länder gezielt zu nutzen weiss.
Die bestehenden internationalen Instrumente, namentlich das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, erfassen die Einziehung von Deliktserträgen nur unvollkommen. Der Europarat hat deshalb ein Übereinkommen ausgearbeitet, das sich speziell diesem Problem und der verwandten Thematik der Geldwäscherei widmet. Es fügt sich nahtlos in die Reihe weiterer Dokumente wie das UNO-Betäubungsmittelübereinkommen von 1988, aber auch die Empfehlungen der Financial Action Task Force von 1990, ein.
Das Übereinkommen definiert in seinem ersten Teil einen nationalen Mindeststandard bezüglich Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung. Weiter werden die Mitgliedstaaten zur Schaffung von Straftatbeständen gegen die Geldwäscherei verpflichtet. Darauf aufbauend behandelt das Übereinkommen die internationale Zusammenarbeit auf der Ebene der Ermittlung, der vorläufigen Sicherung (Beschlagnahme) und der definitiven Einziehung.
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Unter der Voraussetzung, dass Liechtenstein bei der Ratifikation die vorgesehenen Vorbehalte anbringt, wird das geltende Recht insbesondere im Hinblick auf die in einem separaten Bericht und Antrag vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen den Anforderungen des Übereinkommens genügen. Die Regierung ist überzeugt, dass Liechtenstein durch die Ratifikation des Übereinkommens einen weiteren wichtigen Beitrag zur wirksamen Bekämpfung des organisierten Verbrechens auf internationaler Ebene leistet.
Zuständige Ressorts
Ressort Äusseres (Federführung und Koordination), Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Amt für Finanzdienstleistungen, Rechtsdienst der Regierung, Landgericht, Staatsanwaltschaft
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Vaduz, 11. Januar 2000
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen vom 8. November 1990 über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme und Einziehung von Erträgen aus Straftaten zu unterbreiten.
1.1Einleitung
Das organisierte Verbrechen hat im Verlauf der letzten Jahre sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht bedrohliche Ausmasse angenommen. Sein wichtigstes Anwendungsfeld, der illegale Drogenhandel, verzeichnet heute nach Schätzungen weltweit finanzielle Umsätze von mehreren hundert Milliarden Franken pro Jahr. Die negativen Auswirkungen der organisierten Kriminalität gehen weit über die unmittelbaren Deliktschäden hinaus. So besteht namentlich die Gefahr, dass die sehr hohen deliktischen Erträge durch ihre Einspeisung in den legalen Wirtschaftskreislauf zum Aufbau einer eigentlichen Parallel-Ökonomie füh-
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ren, welche geeignet ist, demokratische Systeme in ihrer Existenz zu bedrohen. Das Instrumentarium zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens muss daher den wirksamen Zugriff auf seine finanzielle Basis, insbesondere durch Bestrafung der Geldwäscherei sowie durch Beschlagnahme und Einziehung deliktisch erworbener Erträge, umfassen. Dies gilt umso mehr, als die Transaktionen mit angehäuftem Kapital gleichzeitig eine eigentliche Schwachstelle von Verbrechensorganisationen bilden.
Liechtenstein hat mit der Einführung der Strafbestimmungen gegen die Geldwäscherei (§§ 165 und 278a StGB) und der Nebenstrafe der Abschöpfung der Bereicherung (§ 20a StGB)1 sowie mit der Schaffung des Sorgfaltspflichtgesetzes2 einen wichtigen Schritt getan. Zudem sind in verfahrensrechtlicher Hinsicht mit der Möglichkeit der Anordnung von Sicherungsmassnahmen (§ 97a StPO) effizientere Bestimmungen u.a. für Kontosperren geschaffen worden. In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein weiteres Massnahmenpaket, welches demnächst dem Landtag zur Behandlung übermittelt werden soll, dem Anliegen dieses Übereinkommens noch vermehrt Rechnung tragen wird.
Damit verfügt Liechtenstein innerstaatlich weitgehend über die Mittel, welche einen wirksamen Zugriff auf die Finanzströme des organisierten Verbrechens gewährleisten. Allerdings kann es damit nicht sein Bewenden haben: Die organisierte Kriminalität macht nicht an den Landesgrenzen Halt, sondern operiert auch im Bereich von Finanztransaktionen international, um sich die rechtlichen Besonderheiten der verschiedenen Staaten gezielt zunutze zu machen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer funktionierenden internationalen Zusammenarbeit
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gerade im Bereich der Geldwäscherei und der Einziehung. Die bestehenden internationalen Instrumente sind jedoch hinsichtlich der Deliktserträge zuwenig wirksam. So erfasst z.B. Art. 3 Ziff. 1 des Europäischen Übereinkommens vom 20. April 1959 über die Rechtshilfe in Strafsachen (LGBl. 1970 Nr. 30) die Beschlagnahme von Vermögenswerten im Hinblick auf eine spätere Einziehung nicht. Aus diesen Gründen und auf Initiative des "Groupe de coopération en matière de lutte contre l'abus et le trafic illicite des stupéfiants" (sog. Pompidou-Gruppe) sah sich die 15. Europäische Justizministerkonferenz vom 17. - 19. Juni 1986 in Oslo veranlasst, die Ausarbeitung einer besonderen Vereinbarung durch die Organe des Europarats anzuregen, die auch nichteuropäischen Ländern zur Unterzeichnung offenstehen sollte.



 
1Vgl. dazu den Bericht und Antrag der Regierung Nr. 18/1995 sowie die Stellungnahme Nr. 104/1995 an den Landtag betr. die Abänderung des StGB hinsichtlich der Einführung der Bereicherungsabschöpfung, der Geldwäscherei und des Insiderstatbestandes (missbräuchliche Ausnützung einer Organstellung zu unlauteren Börsengeschäften).
 
2Vgl. dazu den Bericht und Antrag der Regierung Nr. 29/1995 sowie die Stellungnahmen Nrn. 106/1995 und 45/1996 an den Landtag zur Schaffung eines Gesetzes über die beruflichen Sorgfaltspflichten bei der Entgegennahme von Vermögenswerten (Sorgfaltspflichtgesetz).
 
LR-Systematik
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0..31
LGBl-Nummern
2000 / 270
Landtagssitzungen
16. März 2000
Stichwörter
Geld­wä­scherei
Straf­taten, Erträge, Beschlag­nahme und Einziehung
Ver­bre­chens­be­kämp­fung, Geldwäscherei