Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzinstrument für die Jahre 1999 - 2003
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Das neue EWR-Finanzinstrument soll zur Verringerung der sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten im Binnenmarkt dienen. Es handelt sich um ein Folgeinstrument zum alten Finanzierungsmechanismus, welcher mit dem In-Kraft-Treten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum im Jahr 1994 seinen Anfang fand. Das neue Instrument kann als eine Art Entwicklungsfonds bezeichnet werden, der als gemeinschaftliches Projektunternehmen der EFTA-/EWR-Staaten zugunsten der sogenannten EWR-Kohäsionsländer für eine Laufzeit von fünf Jahren vertraglich eingerichtet wird.
Als rechtliche Grundlage für das Finanzinstrument dient Art. 115 des EWR-Abkommens (EWRA), der die oben genannten Zielsetzungen definiert. Die genauen Modalitäten werden im Protokoll 31 EWRA (LGBl. 1995 Nr. 71) geregelt, das gemäss Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 22. Mai 2000 entsprechend angepasst wird. Aufgrund des Vorschlags der EFTA-/EWR-Staaten wurde neben Art. 115 EWRA eine neue Rechtsgrundlage durch Ergänzung des Protokolls 31 über die Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen ausserhalb der vier Freiheiten geschaffen.
Für Liechtenstein entstehen finanzielle Verpflichtungen für die fünf Jahre von 1999 bis 2003 von insgesamt Euro 1'200'000. Die Regierung beantragt dem Landtag die Genehmigung eines entsprechenden Verpflichtungskredits. Die Art der finanziellen Unterstützung besteht ausschliesslich aus Zuschüssen. Insgesamt werden Euro 119.6 Millionen zur Verfügung gestellt, von denen jährlich 20 % ausbezahlt werden. Zu Beginn des Jahres 2001 können die begünstigten Staaten ihren Anteil von 1999, 2000 und 2001 abrufen, das heisst bis zu 60 % der finanziellen Mittel.
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Die finanzielle Unterstützung soll etwa zu zwei Dritteln Umweltprojekten zugute kommen. Der Bereich Umwelt schliesst die Städteerneuerung, die Reduktion der städtischen Verschmutzung sowie die Erhaltung des europäischen kulturellen Erbes mit ein. Weiters sollen Projekte in den Bereichen Transport, einschliesslich Infrastruktur, sowie Bildung und Training, einschliesslich akademischer Recherchearbeiten, unterstützt werden.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten; Liechtensteinische Mission bei der EU in Brüssel
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Vaduz, 5. Juli 2000
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzinstrument für die Jahre 1999 - 2003 zu unterbreiten.
Der bisherige Finanzierungsmechanismus für die Jahre 1994 - 1998 fand mit dem In-Kraft-Treten des EWR-Abkommens seinen Anfang. Er wird im Abkommen im Teil VII unter dem Titel "Finanzierungsmechanismus", Art. 115-117, sowie im Protokoll 38 EWRA geregelt. Es sei in diesem Zusammenhang auf die seinerzeitigen Ausführungen im Bericht und Antrag Nr. 1995/1 betreffend die Teilnahme des Fürstentums Liechtenstein am Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), Kapitel 7.9, hingewiesen, wo ausgeführt worden war:
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"Einen wichtigen Bereich innerhalb der flankierenden Politiken der Europäischen Union stellt ihre Politik zur Verminderung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten - oft auch wirtschaftliche und soziale Kohäsion genannt - dar. Damit soll der wirtschaftliche und soziale Rückstand in benachteiligten EU-Regionen verringert werden. Innerhalb der Union sind zu diesem Zwecke zwei Fonds errichtet worden: der Europäische Fonds für regionale Entwicklung und der Europäische Sozialfonds.
Die EFTA-Länder beteiligen sich an den Kohäsionsmassnahmen und leisten ebenfalls einen finanziellen Beitrag zur Verminderung der regionalen Entwicklungsunterschiede innerhalb der EU. Das Darlehensprogramm kommt Griechenland, Portugal, der Insel Irland und einigen Regionen Spaniens zugute. Die von den EFTA-Ländern in der Form einer Zinssubventionierung zur Verfügung gestellte Summe beträgt 1,5 Milliarden ECU; dazu kommen 500 Millionen ECU an Zuschüssen. Mit dem Darlehen sollen Kredite zu 2 Prozent subventioniert werden. Das Darlehen wird von der Europäischen Investitionsbank verwaltet; sie gewährt Anleihen, für welche sie das Kapital auf dem internationalen Kapitalmarkt aufnimmt.
Die Frist für die Kreditrückzahlung durch die Begünstigten dauert zwei Jahre. Die Einzahlung durch die anderen EFTA-Länder hatte in fünf gleichen jährlichen Tranchen zu erfolgen. Die Kreditlaufzeit und die Auszahlungszeit der Zuschusszahlungen beträgt zehn Jahre. Vorgesehene Finanzierungsprojekte sind Infrastrukturprojekte mit Betonung auf Umweltschutzprojekten (einschliesslich Städteplanung), Transport- und Ausbildungsprogramme sowie die Förderung von Klein- und Mittelbetrieben.
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Der Beitragsschlüssel für die einzelnen EFTA-Länder berechnet sich aufgrund ihres Bruttosozialprodukts zu Marktpreisen. Der Anteil wird jährlich mit den neuesten verfügbaren Daten (BSP/BIP) der einzelnen Vertragspartner (EFTA-seitig) berechnet.
Zielsetzung, Inhalt und Modalitäten des Finanzierungsmechanismus sind in den Artikeln 115 - 117 EWRA sowie Protokoll 38 beschrieben.
Um der Europäischen Investitionsbank (EIB) das Mandat für die Verwaltung der Darlehen und Beiträge gemäss dem Finanzmechanismus übertragen zu können, haben die EFTA-Länder ein Zusammenarbeitsabkommen mit der EIB unterzeichnet, welches die Bestimmungen von Protokoll 38 und die praktischen Durchführungsregeln insbesondere betreffend die finanziellen Verpflichtungen der und die Rückzahlungen an die EFTA-Staaten, die Verwaltungskosten der EIB und den gegenseitigen Informationsaustausch behandelt.
Aufgrund der Daten von 1993 ergibt sich für Liechtenstein ein Anteil von 0,18 Prozent der total Fr. 1,75 Millionen. Dieser Anteil ist in fünf Raten zu ca. Fr. 350'000 pro Jahr einzubezahlen. Die erste Rate Liechtensteins wurde für das Jahr 1994 von den damals fünf EFTA-Staaten vereinbarungsgemäss mit Hinblick auf den späteren Eintritt Liechtensteins in den EWR vorfinanziert. Bei der Teilnahme Liechtensteins am EWR ist dieser Betrag durch Liechtenstein zurückzuzahlen. Dies bedeutet, dass Liechtenstein 1995, vorbehaltlich der Zustimmung zur Teilnahme am EWR, sowohl die Rate für 1994 als auch jene für 1995 einzahlen muss."
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Der Finanzierungsmechanismus wurde von den damaligen sieben EFTA-Staaten (Finnland, Island, Liechtenstein, Norwegen, Österreich, Schweden und Schweiz) mit der EU ausgehandelt und kann als eine Parallele auf Seite der EFTA-Staaten zu den Kohäsionsmassnahmen der EU angesehen werden. Nach dem EU-Beitritt Finnlands, Österreichs und Schwedens im Jahr 1995 übernahm die EU-Kommission den finanziellen Anteil der drei aus dem alten Finanzierungsmechanismus ausscheidenden EFTA-Staaten, der sich auf etwa 80 % der Gesamtsumme belief.
Die Form der finanziellen Unterstützung im alten Finanzierungsmechanismus bestand aus Zuschüssen und Zinssubventionen, während es sich beim neuen EWR-Finanzinstrument nur noch um Zuschüsse handelt. Die von den EFTA-/ EWR-Staaten in der Form einer Zinssubventionierung zur Verfügung gestellte Summe betrug ECU 1'500 Millionen in der Form von Zinssubventionen ("loans"). Dazu kamen ECU 500 Millionen in der Form von Zuschüssen ("grants"). Insgesamt belief sich der Gesamtbeitrag Liechtensteins bei einem prozentualen Anteil von 0,17% bis 0,19% auf ECU 1'086'500. Die Liechtenstein zufallenden Raten sind jeweils überwiesen worden.
Wie schon erwähnt, ergab sich dieser Beitrag im bisherigen Finanzmechanismus aufgrund der neuesten verfügbaren Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der einzelnen Vertragspartner (statistische BIP-Zahlen über die letzten drei Kalenderjahre). Wie auch im neuen Finanzinstrument entfiel der Grossteil der finanziellen Mittel auf Umwelt- und Transportprojekte. Die Empfängerländer des bisherigen Kohäsionsfonds sind, mit Ausnahme der Republik Irland, mit jenen des neuen Finanzinstruments identisch. Die Republik Irland hat nur noch bis 1999 Anspruch auf Gelder, da sie aufgrund der Erhöhung im Pro-Kopf-Einkommen nicht mehr zu den ärmeren Ländern innerhalb der EU gezählt wird.
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Der Europäischen Investitionsbank (EIB) wurde das Mandat zur Verwaltung des Fonds erteilt. Zusätzlich wurde ein EFTA-Ausschuss zur endgültigen Projektgenehmigung, zur Beaufsichtigung der Durchführungsarbeiten und zur notwendigen Beschlussfassung eingesetzt. Nach Ablauf des Finanzierungsmechanismus wurde eine Fonds-Management-Vereinbarung zwischen dem Ausschuss des Finanzierungsmechanismus und der Generaldirektion "Wirtschafts- und Finanzwesen" unterzeichnet, um die für die Projektträger verfügbaren Beiträge über ein Fondsmanagement gewinnbringend anlegen zu können. Aufgrund der gewinnbringenden Marktanlage der eingezahlten Gelder und von Projektersparnissen wird mit einer Endliquidität des Finanzierungsmechanismus gerechnet.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die im Rahmen des bisherigen Kohäsionsfonds vereinbarten Projekte ohne grössere Probleme abgewickelt werden konnten. Insgesamt wurden seit 1994 über 50 Projekte durch Zuschüsse unterstützt. 37 Projekte kamen in den Genuss einer Zinsvergünstigung.