Bericht und Antrag
der Regierung
an den
Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Abänderung
des Gesetzes über die Invalidenversicherung,
des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung,
des Gesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung,
des Gesetzes über die Familienzulagen
des Gesetzes über die Gewährung von Blindenbeihilfen sowie
des Schulgesetzes
(Eingliederungsmassnahmen der IV)
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Die Regierung schlägt eine umfassende Revision des IV-Gesetzes vor. Kern der Vorlage bilden dabei die Eingliederungsmassnahmen. Die Regierung stützt sich dabei auf den Bericht einer Arbeitsgruppe, die das IV-Gesetz unter drei Aspekten auf die Reformbedürftigkeit überprüft hat:
1. | ein den heutigen sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten angemessenes Leistungsnetz; |
2. | ausgewogene Finanzierung; |
3. | effiziente Organisationsstruktur. |
Im Bereich des Leistungsnetzes ist im Wesentlichen zwischen Renten, Eingliederungsmassnahmen und kollektiven Leistungen (Subventionen) zu unterscheiden. Bei den Renten sollen keine wichtigen Änderungen vorgenommen werden und die Regierung schlägt insbesondere auch vor, die Abstufung in Viertelsrenten, halbe Renten und ganze Renten beizubehalten. Der Hauptteil des Gesetzesentwurfes ist den Eingliederungsmassnahmen (berufliche Massnahmen usw.) gewidmet. Das ganze Kapitel über die Eingliederungsmassnahmen wird vollkommen überarbeitet. Die wesentlichste Neuerung bildet dabei die neue Leistungsart "Lohnzuschuss". Mit dem "Lohnzuschuss" wird die berufliche Eingliederung von Personen angestrebt, die zum Teil noch arbeitsfähig sind. Unternehmen, die solche Personen neu anstellen oder, wenn die Invalidität während des bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt, weiter beschäftigen, sollen einen Lohnzuschuss erhalten. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Personen, die nur zum Teil invalid sind, aus dem Arbeitsprozess ausscheiden und IV-Renten beziehen müssen. Neu soll es auch möglich sein, eine laufende Rente vorübergehend nicht auszurichten ("Einfrieren der Rentenzahlung"), wenn die betreffende Person einen Arbeitsversuch unternehmen will. Derartige Arbeitsversuche können auch durch ein Taggeld
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der IV gefördert werden ("Arbeitsversuche mit Taggeld"); dadurch geht ein Unternehmen, das invaliden Personen einen Arbeitsversuch ermöglicht, kein finanzielles Risiko ein. Im Weiteren wird der grösste Teil der medizinischen Massnahmen aus dem Leistungsbereich der IV herausgelöst und soll neu von den Krankenversicherungen übernommen werden. Im Bereich der Sonderschulmassnahmen beteiligt sich die IV weiterhin im bisherigen finanziellen Umfang (durch Subventionen); die Administrierung wird jedoch vereinfacht, indem die Schulbehörden hier die Federführung übernehmen.
Im Bereich der Finanzierung schlägt die Regierung vor, den bisherigen Finanzierungsmodus durch Versicherte, deren Arbeitgeber sowie durch den Staat beizubehalten. Die neue Leistungsart "Lohnzuschuss" wird jedoch vollumfänglich vom Staat finanziert; eine Anhebung der Beitragssätze ist somit nicht beabsichtigt.
Im Bereich der Organisation schlägt die Regierung vor, die verwaltungsextern arbeitende Invalidenversicherungs-Kommission aufzulösen und deren Aufgaben der IV-Verwaltung zu übertragen.
Zuständiges Ressort
Ressort Gesundheit und Soziales
Betroffene Amtsstelle
Bei der Durchführung des IVG, AHVG, ELG, FZG und BBHG ist keine Amtsstelle betroffen; die Durchführung erfolgt durch die AHV-IV-FAK-Anstalten. Die Durchführung des Schulgesetzes erfolgt durch das Schulamt. Im Rahmen der Auswirkungen auf die Kranken- und Unfallversicherung (hier sind keine Gesetzesänderungen notwendig) fungiert das Amt für Volkswirtschaft als zuständige Amtsstelle.
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Vaduz, 4. Juli 2000
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur Abänderung des Gesetzes über die Invalidenversicherung, des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, des Gesetzes über die Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, des Gesetzes über die Familienzulagen sowie des Schulgesetzes (Eingliederungsmassnahmen der IV) zu unterbreiten.
Gemäss Art. 26 der Verfassung fördert der Staat das Kranken-, Alters-, Invaliden- und Brandschadenversicherungswesen. Entsprechend dieser Verfassungsbestimmung beschloss der Hohe Landtag am 20. Oktober 1954, die Regierung mit den Vorarbeiten zur Schaffung eines Entwurfes für ein Invalidenversicherungsgesetz zu beauftragen. Wie bereits beim Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) lehnte sich Liechtenstein auch beim Gesetz über die Invalidenversicherung (IVG) eng an das schweizerische Rechtsvorhaben an und übernahm
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die schweizerische Vorlage. Das liechtensteinische IVG trat daraufhin zeitgleich mit der schweizerischen Rezeptionsvorlage am 1. Januar 1960 in Kraft. Bereits das IVG aus dem Jahre 1960 sah zwei Gruppen von Leistungen vor, nämlich
1. | Eingliederungsmassnahmen (mit dem Ziel, die Erwerbsfähigkeit herzustellen, wiederherzustellen oder zu verbessern bzw. sie zu erhalten, wenn ihr Verlust mit Sicherheit unmittelbar droht) und |
2. | Renten (in den Fällen, in denen die Eingliederung nicht oder nur in einem ungenügenden Mass erreicht werden kann). |