Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Personalplanung der Landespolizei 2002 - 2007 und die Abänderung des Polizeigesetzes
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Die innere Sicherheit eines Landes ist ein hohes Gut, welches gewahrt werden muss. Das Thema Sicherheit hat vor dem Hintergrund der Ereignisse der letzten Monate (Terroranschläge in den USA, Attentat auf die Kantonsregierung in Zug etc.) wieder stark an Beachtung gewonnen und ein Grossteil der Bevölkerung ist entsprechend für dieses Thema sensibilisiert. Für die Gewährleistung der inneren Sicherheit ist in Liechtenstein in erster Linie die Landespolizei zuständig. Die Aufgaben der Landespolizei sind in den letzten Jahren enorm gewachsen; sie sind vielfältiger und anspruchsvoller geworden.
Neben traditionellen Aufgaben aus dem Verkehrs- und Kriminalbereich haben aufgrund des internationalen Drucks auf den Finanzplatz Liechtenstein insbesondere der Bereich der Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität sowie der internationalen polizeilichen Zusammenarbeit und Deliktsermittlung (z.B. Interpol) stark an Bedeutung gewonnen. Zudem werden vermehrt auch landesintern neue Ansprüche an die Landespolizei gestellt (Wunsch nach mehr Verkehrssicherheit, umfassende Verkehrsinstruktionen für Kinder und Schüler, zusätzliche Sicherheitsdispositive z.B. im Rahmen von internationalen Sportveranstaltungen etc.). Zur Bewältigung dieser zusätzlichen Aufgaben und neuen Herausforderungen müssen der Landespolizei ausreichend personelle Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt für praktisch alle Aufgabenbereiche der Landespolizei.
Die Regierung zeigt in diesem Bericht deshalb auf, wie die Entwicklung der Landespolizei für die Jahre 2002 - 2007 geplant ist. Im Gegensatz zu früheren Berichten und Anträgen unterscheidet sich dieser Bericht dadurch, dass nicht nur die in Aussicht genommene Personalplanung bei der Landespolizei dargelegt und zur Genehmigung unterbreitet wird, sondern dass explizit auch die zugrunde liegende Strategie dargestellt wird. Darüber hinaus ist auch ein
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Grobkonzept für das zukünftige Aus- und Weiterbildungswesen bei der Landespolizei Bestandteil dieses Berichts. Dadurch werden zwei zentrale Probleme der Vergangenheit aktiv einer Lösung zugeführt: Im Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission betreffend die Liechtensteinische Landespolizei und der damit zusammenhängen den Landtagsdebatte wurde nämlich festgestellt, dass chronischer Personalmangel in den 90er Jahren sowie eine fehlende Strategie im Bereich der fachlichen Weiterbildung und Qualifikation u.a. Hauptursachen waren, welche zu den andauernden Problemen bei der Landespolizei geführt haben.
Gleichzeitig wird eine Anpassung des Polizeigesetzes vorgeschlagen. Aufgrund der Begrenztheit des inländischen Arbeitsmarktes und der mangelnden Verfügbarkeit von Spezialisten soll bei der Indienstnahme von Polizisten ausnahmsweise in begründeten Fällen und mit Zustimmung des Landtags auf das Erfordernis der liechtensteinischen Staatsbürgerschaft verzichtet werden können. Dies insbesondere dann, wenn für die Ausübung von Spezialfunktionen ausgebildete Spezialisten in Liechtenstein nicht verfügbar sind.
Der von der Regierung vorgeschlagene Bericht ist als Teil eines Massnahmenpaketes zu sehen, mit welchem ein substantieller Beitrag zur Stärkung der Landespolizei von innen heraus bzw. zur Verbesserung der inneren Sicherheit des Landes geleistet werden kann.
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Zuständige Ressorts
Präsidium
Inneres
Betroffene Amtsstellen
Landespolizei
Amt für Personal und Organisation
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Vaduz, 20. November 2001
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Personalplanung der Landespolizei 2002 - 2007 und die Anpassung des Polizeigesetzes zu unterbreiten.
Auf der Grundlage der durchgeführten Strukturreform der Landespolizei der Jahre 1998 und 1999 wurde im Jahre 2000 die Dienst- und Organisationsverordnung erlassen, auf deren Grundlage die Landespolizei heute arbeitet (LGBl. 2000 Nr. 195). Die Dienst- und Organisationsverordnung stützt sich auf das Polizeigesetz, LGBl. 1989 Nr. 48.
Die Landespolizei veränderte sich in den letzten Jahren einerseits durch den natürlichen Entwicklungsprozess und die umfassende Strukturreform von innen heraus zur heutigen modernen Organisation, und andererseits war die Landespolizei auch von aussen vielerlei Einflüssen und Ansprüchen ausgesetzt, was zu weiteren organisatorischen Anpassungen führte.
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Die Regierung hat bereits im Jahre 2000 diese Veränderungen und den daraus resultierenden Personalbedarf zum Anlass genommen, beim Landtag in einem ersten Schritt eine Bestandeserhöhung der Landespolizei zu beantragen. In seiner Sitzung vom 15. September 2000 nahm der Landtag einen Bericht und Antrag über die Personalplanung der Landespolizei zur Kenntnis und bewilligte als Sofortmassnahme 18.80 Stellen für die Jahre 2000/2001. Gemäss diesem Bericht und Antrag ist eine sukzessive Bestandeserhöhung auf 99 Stellen vorgesehen. Ausserdem sollten fünf Überhangstellen zum Auffangen von fluktuationsbedingten Veränderungen geschaffen werden.
Dieser Beschluss ermöglichte der Landespolizei eine nachhaltige Stärkung in verschiedenen wichtigen Bereichen. So wurde beispielsweise die Einheit zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Organisierter Kriminalität (EWOK) geschaffen. Ferner konnte erstmals die Landesweite Notruf- und Einsatzzentrale (LNEZ) rund um die Uhr doppelt besetzt werden. Nicht zuletzt konnten der Kriminaltechnische Dienst sowie die polizeieigene Informatik ausgebaut werden. Dank einer seit mehreren Jahren andauernden intensiven Rekrutierungsphase konnten seit 1998 insgesamt 27 zusätzliche Mitarbeitende bei der Landespolizei angestellt werden, davon allein 17 in diesem Jahr. Der Stellenplan erhöhte sich in der gleichen Zeitspanne von 66.50 auf 87.20 Stellen.Derzeit stehen bei der Landespolizei 69 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte sowie 17 Zivilangestellte im Einsatz. Fünf weitere stehen in Ausbildung. Ausserdem besetzen vier Personen Ausgleichstellen und ein Mitarbeiter ist befristet angestellt. Diese Zahlen zeigen deutlich auf, dass in den letzten Jahren enorme Anstrengungen zur Stärkung der Landespolizei unternommen wurden.
Die Regierung hat sich in den letzten Monaten intensiv mit der generellen Situation, insbesondere aber auch mit der Personalplanung bei der Landespolizei befasst und ist zur Auffassung gelangt, dass der Ausbau der Landespolizei mit den angestrebten 99 Stellen nicht abgeschlossen und ein zweiter Schritt notwendig ist. Eine weitere Erhöhung des Personalbestandes ist im Hinblick auf
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die strategischen Zielsetzungen, die in den letzten Monaten definiert wurden, auf den gesetzlichen Auftrag der Landespolizei sowie auf die gewandelten und zusätzlichen Aufgaben auszurichten. Darüber hinaus wurde im Bericht der Parlamentarischen Untersuchungskommission betreffend die Liechtensteinische Landespolizei und der damit zusammenhängenden Landtagsdebatte festgestellt, dass chronischer Personalmangel in den 90er Jahren sowie eine fehlende Strategie im Bereich der fachlichen Weiterbildung und Qualifikation u.a. Hauptursachen waren, welche zu den andauernden Problemen bei der Landespolizei geführt haben. Eine derartige Situation gilt es zukünftig zu vermeiden.
Im Jahre 2000 entwickelte die Landespolizei zusammen mit einem externen Moderator kulturelle Leitlinien für die Mitarbeitenden. Diese Arbeit war Bestandteil eines Strategieprozesses zur Formulierung von strategischen Zielsetzungen bei der Landespolizei für die nächsten Jahre. Mit der strategischen Neuausrichtung der Landespolizei wurde im Laufe des Jahres Jahre 2001 begonnen. Die Umsetzung steht derzeit kurz vor dem Abschluss.
Basierend auf der erarbeiteten Strategie und den vorhandenen Anforderungen verschiedener Anspruchsgruppen ergibt sich ein notwendiger Personalbedarf. Vergleicht man diesen mit dem aktuellen Personalbestand, so werden die personellen Defizite deutlich. Die Regierung zeigt in diesem Bericht deshalb auf, wie die Entwicklung für die Landespolizei die nächsten Jahre geplant ist.
Neue bzw. erweiterte Ansprüche sind insbesondere im internationalen Bereich zu verzeichnen, was u.a. zu Schaffung eines Nationalen Zentralbüros mit integrierter INTERPOL-Stelle (Art. 24 PolDOV) führte. Ebenso führten die Übernahme der EWR-Richtlinien zu einem erheblichen personellen Mehraufwand im verkehrs- und verwaltungspolizeilichen Bereich. Als Konsequenz aus den internationalen Entwicklungen der Jahre 2000 und 2001 ergibt sich, dass die Landespolizei in diesem Bereich sowohl personell wie auch fachlich gestärkt werden muss.
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Nebst den internationalen Entwicklungen sah sich die Landespolizei in den letzten Jahren vermehrt neuen gesellschaftlichen Ansprüchen ausgesetzt. Ein Mehr an Ansprüchen ergab sich z.B. durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse nach mehr Verkehrssicherheit und -instruktion, insbesondere für die Kinder. Zusätzliche Bedürfnisse ergaben sich auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen wie z.B. bei der Sicherheitsgewährung bei internationalen Fussballspielen, die den internationalen Standards zu entsprechen hat.
Die Landespolizei übernimmt im Zusammenhang mit der Gewährleistung der inneren Sicherheit des Landes eine zentrale Rolle. Sie muss daher jederzeit voll funktionsfähig und einsatzbereit sein. Die Erwartung der Bevölkerung an Politik und Polizei bezüglich polizeilicher Sicherheit in unserem Lande ist hoch und in den letzten Monaten aufgrund der massiven Verunsicherung im Zusammenhang mit der aktuellen veränderten internationalen Lage weiter gestiegen. Deshalb muss die Landespolizei jederzeit in der Lage sein, in notwendiger Stärke reagieren zu können. Sie muss insbesondere aber auch in der Lage sein, eine sinnvolle und nachhaltige Prävention aufrecht zu erhalten. Im Bereich der inneren Sicherheit benötigt die Polizei folglich nicht nur aufgrund der gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse und der damit verbundenen fachlichen Anforderungen zusätzliches Personal, sondern v.a. auch für die aktive Prävention. Es ist davon auszugehen, dass sich dies mittel- und langfristig für die Bevölkerung wie auch auf die internationale Zusammenarbeit positiv auswirken wird.
In den letzten Jahren stellte sich auch die Frage, ob bei der Landespolizei ausländische Beamte angestellt werden sollten. Die dringlichen Massnahmen um den Aufbau der Finanzermittlungsgruppe EWOK bei der Landespolizei zeigten, dass ohne Rekrutierung von ausländischen Spezialisten weder eine Gruppe aufzubauen, noch die geforderte Qualität zu erreichen war. Der Landtag hat deshalb am 26. Oktober 2000 einer befristeten Anstellung von ausländischen Spezialisten zugestimmt (BuA 71/2000, verabschiedet mit Änderungen). Die Anstellung ausländischer Spezialisten erfolgte in Analogie zu den ausländischen
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Richtern, Staatsanwälten und Mitarbeitern bei Financial Intelligence Unit (FIU) und weiteren Amtsstellen im Dienste des Landes. Die Regierung ist zur Auffassung gelangt, dass die Landespolizei auch künftig nicht auf das Spezialwissen verzichten kann, welches für gewisse Kriminalitätsformen wichtig ist und welches nur in grösseren ausländischen Polizeikorps erarbeitet werden kann. Die Erfahrungen des letzten Jahres zeigen, dass es aufgrund der Komplexität der Aufgabe nicht gelingen wird, innerhalb der befristeten Anstellungsdauer der ausländischen Mitarbeiter bei der Landespolizei eine Mannschaft von liechtensteinischen Spezialisten und Spezialistinnen aufzubauen. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Entwicklungen in der Schweiz verwiesen, wo selbst der Bund auf das Erfordernis der Staatsbürgerschaft verzichtet, um solche polizeilichen Spezialisten zu finden und dies unbefristet. Ebenfalls haben einige kantonale Polizeibehörden auf dieses Erfordernis verzichtet (Bsp. Kantone Schwyz oder Basel-Land). Wie auch Gewerbe und Industrie ist die Verwaltung unseres Landes auf die Rekrutierung von ausländischen Fachkräften angewiesen. Dies gilt in ganz bestimmten Fällen auch für die Landespolizei. Die Regierung vertritt daher die Ansicht, dass das Polizeigesetz abgeändert werden muss, um zukünftig zu ermöglichen, dass auch bei der Landespolizei bei Rekrutierung von Polizeibeamten unter besonderen Voraussetzungen auf das Erfordernis der Staatsbürgerschaft verzichtet werden kann.
Dem Anspruch der heutigen Zeit nach umfassender Leistung der Landespolizei wird neben der angestrebten Personalbestandserhöhung vor allem mit erhöhter Qualität begegnet. Diese Qualität soll durch eine gezielte und umfassende Aus- und Weiterbildung erreicht werden. Das derzeit in Ausarbeitung stehende Aus- und Weiterbildungskonzept wird Grundlage für die künftige Personalförderung und -qualifizierung bei der Landespolizei sein. Dadurch wird ein weiteres bestehendes Problemfeld bei der Landespolizei bearbeitet und aktiv einer Lösung zugeführt. In der Vergangenheit konnte festgestellt werden, dass eine mangelnde
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Aus- und Weiterbildung bzw. das Nicht-Vorhandensein von Fachkarrieren mit ein Grund für das damalige schlechte Betriebsklima war.