Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2002 / 100
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass / Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Richtlinie
4.Geplante Umsetzung
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
6.Finan­zi­elle und per­so­nelle Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beschluss Nr. 85/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Richtlinie 98/5/EG zur Erleichterung der Ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem Anderen Mitgliedstaat Als dem, in dem die Qualifikation Erworben Wurde)
 
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Durch die Richtlinie 98/5/EG vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde ("Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie"), soll es qualifizierten Rechtsanwälten ermöglicht werden, ihren Beruf ständig unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung in einem anderen Vertragsstaat auszuüben als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde. Nach einem Zeitraum von drei Jahren effektiver und regelmässiger Tätigkeit wird denen unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung tätigen Rechtsanwälten die Eingliederung in den Berufsstand des Aufnahmestaats ohne Eignungsprüfung ermöglicht. Dies nur unter der Voraussetzung, dass sie die zur weiteren Ausübung der Tätigkeit notwendigen Kenntnisse und Berufserfahrungen im Recht des Aufnahmestaats erworben haben.
Die Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie sollte bereits seit 1998 in den Acquis des EWR-Abkommens übernommen werden. Die intensiven Bemühungen Liechtensteins, eine zweijährige Umsetzungsfrist zu erhalten, blieben leider erfolglos, konnten aber de facto durch die zeitlich verzögerte Übernahme der Richtlinie in das EWR-Abkommen erreicht werden.
Generell wird eine Richtlinie durch einen Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses in das EWR-Abkommen übernommen und gilt im EWR-Raum erst nach In-Kraft-Treten dieses Beschlusses. Bedingt die Übernahme einer Richtlinie das Erlassen eines Gesetzes bzw. eine Gesetzesänderung so wird im Gemeinsamen EWR-Ausschuss der Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderung (Zustimmung des Landtages zur Übernahme der Richtlinie in das EWR-Abkommen gemäss Art. 8 Abs. 2 der Landesverfassung) angemeldet. Die Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderung muss binnen 6 Monaten nach der Beschlussfassung im Gemeinsamen EWR-Ausschuss erfolgen und den zuständigen Gremien entsprechend mitgeteilt werden.
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Erst nach der letzten Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderungen (durch Liechtenstein, Norwegen bzw. Island) tritt der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft.
Zum Übernahmeprozess der Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie ist auszuführen, dass diese Richtlinie in der EWR-Kommission des Landtages am 24. Juni 2002 behandelt wurde. Seitens der Regierung wurde festgehalten, dass die Übernahme dieser Richtlinie eine Gesetzesänderung notwendig mache, so dass im Gemeinsamen EWR-Ausschuss der Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderung (Zustimmung des Landtages zur Übernahme der Richtlinie in das EWR-Abkommen) angemeldet werden soll. Die EWR-Kommission des Landtages hat diesem Vorgehen zugestimmt.
In der Sitzung des Gemeinsamen EWR-Ausschusses am 25. Juni 2002 wurde daher seitens Liechtensteins zum Beschluss Nr. 85/2002 betreffend die Änderung des Anhangs VII des EWR-Abkommens durch die Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie der Vorbehalt der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderung (Zustimmung des Landtages zur Übernahme der Richtlinie in das EWR-Abkommen) angemeldet. Somit tritt der Beschluss Nr. 85/2002 des Gemeinsamen Ausschusses erst nach der letzten Mitteilung der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Anforderungen am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft.
Um sicherzustellen, dass die Umsetzungsmassnahmen hinsichtlich der gegenständlichen Richtlinie vor dem In-Kraft-Treten des Beschusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses bereits Geltung haben, wurde die erste Lesung der Umsetzungsmassnahmen (siehe Bericht und Antrag Nr. 62/20002) bereits vor der Zustimmung des Landtages zur Übernahme der Richtlinie abgehalten. Dieses Vorgehen war im Interesse Liechtensteins notwendig, da die Richtlinie als eine hinreichend bestimmte Richtlinie zu qualifizieren ist, aufgrund welcher sich ein im EWR-Raum bereits niedergelassener Rechtsanwalt unter gewissen Voraussetzungen direkt auf die Richtlinie berufen und die dort verankerten Rechte für sich be-
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anspruchen kann. Da diese Richtlinie zudem auf die nationale Definition des Rechtsanwaltsberufs abstellt, dürfte ein EWR-Rechtsanwalt, der in einem anderen EWR-Staat bereits die Zulassung als Rechtsanwalt hat, in Liechtenstein eingeschränkt treuhänderisch tätig werden, sollte zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Beschlusses Nr. 85/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses nicht die Trennung der Berufsbilder des Rechtsanwaltes und des Treuhänders gesetzlich verankert sein.
Das Abhalten der ersten Lesung der Umsetzungsmassnahmen zur Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie vor der Behandlung des Berichts und Antrages zur Übernahme dieser Richtlinie war daher notwendig, um ein zu frühes Inkrafttreten des Beschlusses Nr. 85/2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zu verhindern. Das Verfahren zur Erlassung der Umsetzungsmassnahmen kann sich über mehrere Monate erstrecken. Der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses tritt jedoch, wie bereits aufgeführt, am ersten Tag des zweiten Monats nach der letzten Mitteilung der Zustimmung des Landtages zur Übernahme des Rechtsakts in Kraft. Das Abhalten der 1. Lesung der Umsetzungsmassnahmen vor der Behandlung des Berichts und Antrages zur Übernahme der Richtlinie ermöglicht, dass das Gesetzgebungsverfahren bezüglich der Umsetzungsmassnahmen rechtzeitig abgeschlossen werden kann. Eine zeitlich verzögerte Mitteilung der erfolgten Zustimmung des Landtages zur Übernahme der Richtlinie wäre zwar theoretisch möglich, eine um vier Monate verspätete Mitteilung würde wohl zu Recht auf Unverständnis bei den zuständigen EWR-Gremien stossen.
Zuständiges Ressort
Ressort Präsidium
Betroffene Amtsstellen
Amt für Finanzdienstleistungen, Stabsstelle für Sorgfaltspflichten, Stabsstelle EWR
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Vaduz, 29. Oktober 2002
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Beschluss Nr. 85/2002 vom 25. Juni 2002 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Am 25. Juni 2002 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, die Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, zu übernehmen. Für die EU-Staaten ist die Umsetzungsfrist bereits am 14. März 2000 abgelaufen. Die EFTA/EWR-Staaten müssen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis zum Inkrafttreten des Beschlusses des gemeinsamen EWR-Ausschusses erlassen, um den in der Richtlinie enthaltenen Bestimmungen nachzukommen.
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Die Bemühungen Liechtensteins, eine zweijährige Umsetzungsfrist zu erhalten, blieben leider erfolglos. Allerdings konnte die zeitlich verzögerte Übernahme der gegenständlichen Richtlinie erreicht werden, so dass die Rechtsanwaltsniederlassungsrichtlinie erst - wie ursprünglich angestrebt - anfangs 2003 im EWR-Raum Geltung hat.
Landtagssitzungen
22. November 2002