Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CRED)
für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 (LGBL. 2000 Nr. 80)
sowie die Gesetzesvorlage betreffend die Abänderung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof
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Am 21. Oktober 1999 hatte der Landtag dem Beitritt zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung zugestimmt. Dieses Übereinkommen, das mittlerweile 161 Vertragsstaaten zählt, ist eines der am breitesten akzeptierten völkerrechtlichen Instrumente auf universeller Ebene. 38 Staaten haben zudem das darin vorgesehene fakultative individuelle Mitteilungsverfahren nach Art. 14 angenommen. In den 18 Jahren des Bestehens des Mitteilungsverfahrens sind bisher 21 Mitteilungen vor den Ausschuss gelangt. Für Liechtenstein ist das Übereinkommen am 31. März 2000 in Kraft getreten, nachdem mit der Revision des Strafrechts das liechtensteinische Rechtssystem den Anforderungen des Übereinkommens angepasst worden war.
Die Bestimmungen des Übereinkommens gehen aber über die strafrechtliche Erfassung bestimmter rassendiskriminierender Akte hinaus und verfolgen einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz im Kampf gegen jede Form des Rassismus. Dazu zählt in erster Linie die Wahrung der Rechte der Opfer von rassendiskriminierenden Akten. Auch wenn das individuelle Mitteilungsverfahren subsidiären Charakter aufweist und erst nach Durchlaufen der nationalen Instanzen zum Tragen kommt, sollte den Opfern von rassistischer oder fremdenfeindlicher Diskriminierung und Intoleranz dieser Weg im Interesse der Glaubwürdigkeit der liechtensteinischen Menschenrechtspolitik eröffnet werden. Dies geschieht durch die Abgabe einer Erklärung zu Art. 14 des Übereinkommens. Zur Klärung des innerstaatlichen Instanzenweges in Liechtenstein schlägt die Regierung ausserdem eine Anpassung von Art. 23 des Staatsgerichtshofgesetzes vor.
Bereits heute ist Liechtenstein durch die vielfache Einbindung in universelle und regionale Menschenrechtsverträge verpflichtet, jede Form von Diskriminierung aktiv zu bekämpfen. Auch das Aktionsprogramm, welches an der Weltkonferenz gegen Rassismus vom 31. August bis 7. September 2001 in Durban (Südafrika) unter der Teilnahme von Liechtenstein verabschiedet wurde, fordert alle Staaten zur Einführung des individuellen Mitteilungsverfahrens auf. Eine glaubwürdige Aussenpolitik Liechtensteins beim weltweiten Einsatz für Menschenrechte, Demokratie und Rechts Staatlichkeit erfordert
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nicht zuletzt auch die konsequente Um- und Durchsetzung juristischer Instrumente im eigenen Land. Mit der Einführung des Mitteilungsverfahrens kann Liechtenstein seine Absicht erneut bekräftigen, gegen Rassismus, Antisemitismus Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz aktiv vorzugehen.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstelle
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, den 3.12.2002
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehend den Bericht und Antrag betreffend die Anerkennung der Zuständigkeit des Ausschusses zur Beseitigung von Rassendiskriminierung (CERD) für die Entgegennahme und Erörterung von Mitteilungen gemäss Art. 14 des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 21. Dezember 1965 (LGBl. 2000 Nr. 80) zu unterbreiten.
Jedem Menschen kommt unbesehen seiner Herkunft, seiner Hautfarbe, Abstammung und nationaler oder ethnischer Herkunft in gleicher Weise menschliche Würde zu. Dieses fundamentale Gebot findet sich bereits in Art. 1 Abs. 3 der UNO-Charta und steht somit am Anfang der Geschichte der Vereinten Nationen. Die Prinzipien der Gleichheit und der Nichtdiskriminierung spielen gerade für einen Kleinstaat wie Liechtenstein auch innerhalb der Staatengemeinschaft eine herausragende Rolle. Mit dem Beitritt zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (LGBl. 2000 Nr. 80) im Jahre 2000 konnte Liechtenstein seine Solidarität gegenüber der Staatengemeinschaft und den politischen Willen zum Ausdruck bringen, an den internationalen Anstrengungen zum wirksamen Schutz und der Förderung der
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Menschenrechte sowie an der Weiterentwicklung des Völkerrechts teilzunehmen. Das Übereinkommen ist aber auch innerstaatlich von Bedeutung, weil auch Liechtenstein von Tendenzen zunehmender, teils latenter, Fremdenfeindlichkeit nicht verschont bleibt. In den letzten Jahren haben der Menschenrechtsschutz im Allgemeinen und das Verbot der Rassendiskriminierung im Besonderen auf nationaler und internationaler Ebene verstärkte Aufmerksamkeit erfahren. Auf internationaler Ebene hat Liechtenstein sein Engagement in den letzten Jahren durch den Beitritt zu den wichtigsten Menschenrechtskonventionen der UNO verstärkt. Zu erinnern ist auf universeller Ebene in erster Linie an die beiden UNO- Menschenrechtspakte vom 16. Dezember 1966, den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (nachfolgend UNO-Pakt I), LGBl. 1999 Nr. 57, und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (nachfolgend UNO-Pakt II), LGBl. 1999 Nr. 58, die für Liechtenstein am 10. März 1999 in Kraft getreten sind. Beide Pakte verpflichten die Staaten, eine Ausübung der darin niedergelegten Rechte ohne Diskriminierung zu gewährleisten (Art. 2 Abs. 2 UNO-Pakt I; Art. 2 Abs. 1 und Art. 26 UNO-Pakt II).
Darüber hinaus ist Liechtenstein Vertragsstaat weiterer wichtiger Instrumente der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte geworden, die sich besonderen Erscheinungsformen von Diskriminierungen widmen. Zu erwähnen sind namentlich das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (LGBl. 1996 Nr. 63) mit seinem Art. 2 oder das Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979 (LGBl. 1996 Nr. 164). Auch die Genfer Abkommen von 1949 (LGBl. 1989 Nr. 18-21) verbieten mit ihrem gemeinsamen Art. 3 ebenfalls Diskriminierungen. Schliesslich trat Liechtenstein am 22. Juni 1994 dem Übereinkommen von 9. Dezember 1948 über die Verhütung des Völkermordes bei (LGBl. 1995 Nr. 45) und ratifizierte am 2. Oktober 2001 auch das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, welches am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist.
Auf regionaler Ebene ist Liechtenstein an verschiedene Menschenrechtsübereinkommen gebunden. Dabei nimmt die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), LGBl. 1982 Nr. 60, eine zentrale Stellung ein. Zusätzlich
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sind für die letzten Jahre die beiden folgenden regionalen Instrumente zu erwähnen: die Europäische Charta vom 5. November 1992 über die Regional- oder Minderheitensprachen (LGBl. 1998 Nr. 9) und das Rahmenübereinkommen des Europarates vom 1. Februar 1995 zum Schutz nationaler Minderheiten (LGBl. 1998 Nr. 10).