Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2002 / 139
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Erläu­te­rungen zum Protokoll
3.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
4.Recht­liche, per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zum Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den Internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF)
 
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Das erste internationale Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) stammt aus dem Jahre 1893. Es schuf eine dem damaligen Stand des Völkerrechts entsprechende Verwaltungsunion mit einem ständigen Sekretariat, dem Zentralamt für den internationalen Eisenbahnverkehr. Zweck dieser Regierungsorganisation war bis zur Unterzeichnung des Protokolls vom 3. Juni 1999 (Protokoll von Vilnius) zur Änderung des COTIF vornehmlich die Weiterentwicklung der seit Jahrzehnten bestehenden einheitlichen Rechtsordnungen für die internationale Personen- und Güterbeförderung. Es sind dies namentlich die Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) und die Einheitlichen Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern (CIM).
An acht Revisionskonferenzen wurde das Eisenbahnrecht an die wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Änderungen angepasst. Die letzte eingehende Revision geht auf das Jahr 1980 zurück. Anlässlich dieser 8. Revisionskonferenz erfolgte eine grundlegende Neuordnung der institutionellen Bestimmungen der ursprünglichen Übereinkommen CIV und CIM. Es wurde eine zwischenstaatliche internationale Organisation moderner Art und Struktur geschaffen.
Die staatliche und auf dem nationalen Markt stark unterteilte Struktur der Eisenbahn hat aber eine wirkliche Wettbewerbsfähigkeit verhindert. Der Beschluss der Europäischen Union (EU), den Eisenbahnverkehrsmarkt zu öffnen, war deshalb für die Durchführung einer eingehenden Revision des COTIF massgebend. Mit der Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft hat die EU das Prinzip des Rechts auf den Zugang zur Infrastruktur im internationalen Eisenbahnverkehr sowie eine organisatorische und rechtliche Trennung zwischen den Aufgaben des Staates und denjenigen der Bahnunternehmen eingeführt. Die Trennung von Betrieb und Infrastruktur hat die Art der Verträge, die auf Grund der geltenden Gesetze abgeschlossen wurden, ebenfalls entscheidend verändert.
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Das durch das Protokoll von 1999 geänderte Übereinkommen fasst das Ziel und die Aufgaben der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) merklich weiter. In Zukunft soll sie auch zur Interoperabilität und technischen Harmonisierung im Eisenbahnbereich durch Verbindlicherklärung technischer Normen und Annahme einheitlicher technischer Vorschriften beitragen. Dabei soll die internationale Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens grundsätzlich in der OTIF konzentriert werden. Ihre rechtliche und organisatorische Kontinuität als unabhängige Organisation bleibt damit sichergestellt. Mit der Änderung des COTIF und der Integration der Anhänge als Bestandteil des Übereinkommens ist es gelungen, ein in sich geschlossenes Rechtssystem zu schaffen.
Liechtenstein ist seit dem 1. Mai 1985 Vertragspartei des COTIF. Mit der Ratifikation des Protokolls von 1999 entstehen für Liechtenstein keine rechtlichen und personellen Auswirkungen. Die finanziellen Auswirkungen werden sich auf etwa CHF 7'500 pro Jahr belaufen.
Zuständige Ressorts
Ressort Verkehr, Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstelle
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, den 3.12.2002
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Protokoll vom 3. Juni 1999 zur Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die Verfasser des ersten internationalen Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr, das auf Initiative der Schweiz ausgearbeitet wurde, waren sich bewusst, dass eine regelmässige Anpassung an die wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Änderungen nötig sein würde. Die Mitgliedstaaten waren in der Lage, mit acht ordentlichen und mehreren ausserordentlichen Revisionskonferenzen das Eisenbahnrecht nicht nur regelmässig anzupassen, sondern auch die Einheit dieses Rechts beizubehalten.
Mit ihrer Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, welche auch in den EWR-Rechtsbestand übernommen worden ist, hat die Europäische Union (EU) eine grundlegende Eisenbahnreform ausgelöst. Indem das Recht auf den Zugang zur Infrastruktur im internationalen Verkehr auf den Netzen der einzelnen Mitgliedstaaten sichergestellt sein musste (Netzzugang), entstand zwischen den Eisenbahntransportunternehmen eine grössere Konkurrenz und ein verschärfter Wettbewerb.
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Die Anwendung dieser gemeinschaftlichen Richtlinie beinhaltete die Schaffung von unabhängigen Eisenbahnunternehmen, die insbesondere in den Bereichen der Interoperabilität der Eisenbahn und der Sicherheit die Aufsichtsaufgaben, welche die Staaten ihnen früher zugewiesen hatten, abtreten mussten. So wurde das Eisenbahnrecht den strukturellen, wirtschaftlichen und rechtlichen Änderungen angepasst.
Zwar sind die Richtlinien der EU nur für ihre Mitgliedstaaten zwingend. Letztere machen weniger als die Hälfte der Mitgliedstaaten der OTIF aus. Andererseits findet der internationale Handelsverkehr hauptsächlich zwischen den Mitgliedstaaten der EU und ihren Nachbarstaaten statt. Das mit dem Protokoll von 1999 geschaffene neue COTIF stimmt mit dem Gemeinschaftsrecht überein und berücksichtigt auch in grossem Ausmass den Entwicklungsstand in den Nichtmitgliedstaaten der EU.
Das Transportrecht, das die verschiedenen internationalen Beförderungsverträge bestimmt, musste hauptsächlich deshalb überarbeitet werden, um Betrieb und Infrastruktur zu trennen. Eine solche Trennung führt zu neuen Rechtsbeziehungen und Vertragsverhältnissen zwischen den Bahnkunden und dem Beförderer einerseits und den verschiedenen Beförderern andererseits. Insbesondere die Haftungsvorschriften sind von diesen Änderungen betroffen.
Mit den Revisionsarbeiten wurde 1993 begonnen. 32 der 39 Mitgliedstaaten haben an den Arbeiten teilgenommen. Liechtenstein, welches seit dem 1. Mai 1985 Vertragspartei des COTIF ist (LGBl. 1985 Nr. 40) und auch das Protokoll von 1990 zum COTIF ratifiziert hat (LGBl. 1996 Nr. 189), war an den Revisionsarbeiten durch die Schweiz vertreten. Die Europäische Kommission sowie interessierte internationale Organisationen und Verbände, insbesondere diejenigen der Eisenbahnen, der Strasse, der Normierung und der Bahnkunden, haben ebenfalls ihre Vorschläge präsentiert. Die Eisenbahntransportunternehmen und die Bahnkunden waren insbesondere dadurch an diesen Arbeiten beteiligt, dass ihre Dachorganisationen im Revisionsausschuss mitgemacht haben.
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Das durch das Protokoll 1999 geänderte Übereinkommen tritt drei Monate, nachdem zwei Drittel (27) der 41 Mitgliedstaaten es ratifiziert, angenommen oder genehmigt haben, in Kraft. Bisher haben erst 9 Staaten, darunter die Schweiz, das Protokoll ratifiziert (siehe Beilage 3).
22 Staaten, darunter auch Liechtenstein, vertreten durch die Schweiz, haben das Protokoll am 3. Juni 1999 in Vilnius unterzeichnet. Liechtenstein hatte das ursprüngliche COTIF insbesondere deshalb ratifiziert, weil eine Eisenbahnstrecke durch Liechtenstein führt. Andererseits lag es auch im Interesse des Depositarstaats des Übereinkommens, der Schweiz, dass Liechtenstein damals Mitglied wurde.
LR-Systematik
0..7
0..74
0..74.2
LGBl-Nummern
2006 / 142
Landtagssitzungen
13. März 2003
Stichwörter
Eisen­bahn­ver­kehr (COTIF), Übereinkommen
Übe­rein­kommen.inter­na­tio­naler Eisen­bahn­ver­kehr (COTIF)