Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt und das Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden
3
Die im Oktober 1985 auf Hoher See erfolgte gewaltsame Übernahme des italienischen Kreuzfahrtschiffes "Achille Lauro" durch vier palästinensische Terroristen, in deren Verlauf ein Passagier umgebracht wurde, bildet den Ausgangspunkt zu den beiden vorliegenden völkerrechtlichen Instrumenten. Dieses Ereignis sowie die Tatsache, dass unmittelbar nach beendigter Entführung der an den Gewalttaten zwar nicht unmittelbar beteiligte Anführer der Terroristen trotz vorliegender Auslieferungsbegehren auf freien Fuss gesetzt wurde, Hess die Lückenhaftigkeit der völkerrechtlichen Ordnung in diesem Bereich des internationalen Auslieferungsrechts deutlich erkennen. In relativ kurzer Zeit wurden darauf die beiden völkerrechtlichen Instrumente erarbeitet und am 10. März 1988 im Rom zur Unterzeichnung aufgelegt.
Das Übereinkommen und das Protokoll zielen darauf ab, eine in der internationalen Terrorismusbekämpfung noch bestehende Lücke zu schliessen. Beiden Instrumenten liegt der Grundsatz "aut dedere aut iudicare" (entweder ausliefern oder eigene Gerichtsbarkeit begründen) zugrunde. Nach diesem Grundsatz hat jeder Vertragsstaat einen in seinem Gewahrsam befindlichen Urheber terroristischer Handlungen auf See entweder gerichtlich zu beurteilen oder auszuliefern. Beide Instrumente zählen zu den 12 internationalen Abkommen zur Terrorismusbekämpfung und reihen sich an die ähnlich gelagerten Übereinkommen an, bei denen Liechtenstein bereits Vertragsstaat ist.
Für Liechtenstein entsteht mit dem Beitritt zu den beiden Rechtsinstrumenten kein gesetzgeberischer Anpassungsbedarf. Der Beitritt hat auch keine personellen oder finanziellen Auswirkungen
Zuständige Ressorts
Ressort Äusseres; Ressort Justiz
Betroffene Amtsstelle
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
4
Vaduz, den 22. Juli 2002
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehend den Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt und das Protokoll vom 10. März 1988 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden, zu unterbreiten.
Die im Oktober 1985 auf Hoher See erfolgte gewaltsame Übernahme des italienischen Kreuzfahrtschiffes "Achille Lauro" durch vier palästinensische Terroristen, in deren Verlauf ein Passagier umgebracht wurde, bildet den Ausgangspunkt zu den beiden vorliegenden völkerrechtlichen Instrumenten. Dieses Ereignis sowie die Tatsache, dass nach beendigter Entführung der an den Gewalttaten zwar nicht unmittelbar beteiligte Anführer der Terroristen trotz vorliegender Auslieferungsbegehren auf freien Fuss gesetzt wurde, Hess die Lückenhaftigkeit der völkerrechtlichen Ordnung in diesem Bereich des internationalen Auslieferungsrechts deutlich erkennen. Nach intensiven Vorbereitungen im Rahmen des Rechtsausschusses der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization, IMO) in London lud die italienische Regierung die Mitgliedstaaten der IMO am l. März 1988 zu einer zehntägigen Konferenz nach Rom ein. Dank des gemeinsamen Willens aller vertretenen Delegationen, die Bestrafung von Urhebern terroristischer Akte in einem weltumspannenden Netz sicherzustellen, war es möglich, in dieser kurzen Zeit sowohl
5
ein Übereinkommen als auch ein Protokoll auszuarbeiten. Beide Instrumente wurden am 10. März 1988 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegt. Das Übereinkommen ist am 1. März 1992 in Kraft getreten und zählt 67 Vertragsstaaten (darunter die Schweiz und Österreich). Das Protokoll trat ebenfalls am l. März 1992 in Kraft. Es zählt 60 Vertragsstaaten (darunter die Schweiz und Österreich).
Das Übereinkommen und das Protokoll zielen darauf ab, eine in der internationalen Terrorismusbekämpfung noch bestehende Lücke zu schliessen. Beiden Instrumenten liegt der Grundsatz "aut dedere aut iudicare" (entweder ausliefern oder eigene Gerichtsbarkeit begründen) zugrunde. Nach diesem Grundsatz hat jeder Vertragsstaat einen in seinem Gewahrsam befindlichen Urheber terroristischer Handlungen auf See entweder gerichtlich zu beurteilen oder auszuliefern. Beide Instrumente zählen zu den 12 internationalen Abkommen zur Terrorismusbekämpfung und reihen sich nahtlos an die ähnlich gelagerten Übereinkommen, bei denen Liechtenstein bereits Vertragsstaat ist. Es sind dies insbesondere (vgl. auch Beilage 4):
Abkommen vom 14. September 1963 über strafbare und bestimmte andere an Bord von Luftfahrzeugen begangene Handlungen (LGB1. 2001 Nr. 94)
Übereinkommen vom 16. Dezember 1970 zur Bekämpfung der widerrechtlichen Inbesitznahme von Luftfahrzeugen (LGB1. 2001 Nr. 95)
Übereinkommen vom 23. September 1971 zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Zivilluftfahrt (LGB1. 2001 Nr. 96) mit Protokoll vom 22. Februar 1988 (LGB1. 2001 Nr. 97)
Internationales Übereinkommen vom 17. Dezember 1979 gegen Geiselnahme (LGB1. 1995 Nr. 178)
Europäisches Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (LGB1. 1979 Nr. 39)
Die beiden Instrumente werden daher auch im Anhang zum Internationalen Übereinkommen vom 9. Dezember 1999 zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus aufgeführt.
6
Dieses Übereinkommen, zu dem die Regierung dem Landtag einen separaten Bericht und Antrag unterbreiten wird, verpflichtet die Vertragsstaaten, die Finanzierung der Handlungen, welche durch die im Anhang aufgeführten Konventionen kriminalisiert werden, unter Strafe zu stellen.
Im Verlauf der diplomatischen Konferenz hatte sich gezeigt, dass verschiedene Bestimmungen des Übereinkommens auf fest verankerte Plattformen nicht anwendbar waren. Da indessen auch solche Anlagen von terroristischen Angriffen bedroht sein können, einigte sich die Konferenz darauf, dem Übereinkommen ein Protokoll beizufügen, das den Besonderheiten von fest verankerten Plattformen Rechnung trägt (vgl. Kapitel 3).