Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Gesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -Abrechnungs-Systemen (Finalitätsgesetz)
sowie Abänderung des Gesetzes vom 15. April 1936 betreffend den Nachlassvertrag
sowie Abänderung des Gesetzes vom 17. Juli 1973 über das Konkursverfahren (Konkurs-Ordnung) und Abänderung des Gesetzes vom 21. Oktober 1992 über die Banken und Finanzgesellschaften (Bankengesetz)
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Liechtenstein ist im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum zur Umsetzung der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen verpflichtet.
Wie auch in Österreich soll hierzu vor allem die Schaffung eines Finalitätsgesetzes dienen. Neben diesem Spezialgesetz sind Anpassungen der Konkursordnung, des Nachlassvertragsgesetzes sowie des Bankengesetzes notwendig.
Richtlinie und Finalitätsgesetz sind ausschliesslich auf Systeme anwendbar, die dem Recht eines EWR-Mitgliedstaates unterstehen.
Die praktische Bedeutung solcher Systeme nimmt insbesondere im grenzüberschreitenden Kapitalverkehr stetig zu. Allfälligen Systemrisiken, insbesondere der Gefahr, dass im Falle der Insolvenz eines Systemteilnehmers das Funktionieren des Systems in Frage gestellt werden könnte, soll durch eine Reihe von Massnahmen entgegen gewirkt werden. So sollen beispielsweise mögliche Rückwirkungen von Sanierungs- und Insolvenzverfahren ausgeschlossen werden. Des Weiteren soll durch ein Informationssytem gewährleistet werden, dass behördliche Entscheide, welche die Sanierung oder Insolvenz eines Systemteilnehmers betreffen, unverzüglich allen betroffenen Systemen mitgeteilt werden.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Amtsstellen
Amt für Finanzdienstleistungen
Landgericht
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Vaduz, 13. August 2002
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Gesetz über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (Finalitätsgesetz) sowie Abänderung des Gesetzes betreffend den Nachlassvertrag sowie Abänderung des Gesetzes über das Konkursverfahren und Abänderung des Gesetzes über die Banken und Finanzgesellschaften zu unterbreiten:
Die Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen verfolgt mehrere Ziele betreffend ihren Regelungsgegenstand.
Im Zentrum steht die Verminderung des "Systemrisikos" der genannten Zahlungssysteme, die auf der Grundlage verschiedener Formen der Abrechnung von Zah-
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lungsaufträgen arbeiten, zumal diese im Europäischen Wirtschaftsraum in zunehmendem Masse grenzüberschreitender Natur sind. Da diese Systeme immer mehr an Bedeutung gewinnen, ist die Verringerung von rechtlichen Risiken, die besonders im Falle der Insolvenz eines Teilnehmers schwer abschätzbar wären, eine vorrangige Aufgabe.
Die Umsetzung der Richtlinie soll zur effizienten und kostengünstigen Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungs-vereinbarungen beitragen und letztlich eine Stärkung der Freiheit des Kapitalverkehrs bewirken. Sie ist somit ein weiterer Schritt in Richtung Schaffung eines freien Kapital- und Dienstleistungsverkehrs innerhalb des Binnenmarktes.
Die Verringerung des Systemrisikos soll unter anderem durch die Wirksamkeit von Abrechnungen sowie die Verwertbarkeit von Sicherheiten, die im Zusammenhang mit der Teilnahme am System geleistet wurden, erreicht werden. Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträge sowie Aufrechnungen (netting) sollen nach den Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten rechtlich wirksam und für Dritte verbindlich sein. Dessen ungeachtet erfolgt natürlich die Entscheidung der Durchführung einer Aufrechnung nach den Regeln des Systems. Die Richtlinie steht der Durchsetzung gesetzlicher Rechte oder vertraglicher Ansprüche seitens eines Teilnehmers oder Dritten nicht entgegen (beispielsweise im Falle eines Irrtums, Betruges etc.). Sie verhindert lediglich eine rückwirkende Aufhebung einer Aufrechnung oder das Unwirksamwerden der betreffenden Zahlungs- und Übertragungsaufträge.
Darüber hinaus führt eine Harmonisierung der Insolvenzrechte der einzelnen Mitgliedstaaten zu einer Verminderung von Risiken. So sollen bei Insolvenz eines Teilnehmers die von diesem im Rahmen der Teilnahme am System geleisteten dinglichen Sicherheiten von der Anwendung des Insolvenzrechtes nicht berührt
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werden. Aber auch am Tage der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gutgläubig vorgenommene Zahlungs- und Übertragungsvorgänge sollen wirksam bleiben.