Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Chile vom 26. Juni 2003
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Die EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) haben am 26. Juni 2003 mit Chile ein umfassendes Freihandelsabkommen unterzeichnet, welches vorbehaltlich der Ratifikation durch die Vertragsstaaten am 1. Februar 2004 in Kraft treten soll. Das Freihandelsabkommen mit Chile umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich verarbeiteter Landwirtschaftsprodukte sowie Fisch und anderer Meeresprodukte), den Handel mit Dienstleistungen, die Auslandinvestitionen, das geistige Eigentum, das öffentliche Beschaffungswesen und den Wettbewerb. Um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der einzelnen EFTA-Staaten Rechnung zu tragen, wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten in bilateralen Zusatzabkommen der verschiedenen EFTA-Staaten mit Chile geregelt. Aufgrund des Zollvertrages gilt das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Chile auch für Liechtenstein.
Dank des Freihandelsabkommens werden die EFTA-Staaten den diskriminierungsfreien Marktzugang für Industrieprodukte auf dem chilenischen Markt erhalten und damit die Nichtdiskriminierung gegenüber den Hauptkonkurrenten aus der EU und den USA, welche kürzlich mit Chile ebenfalls je ein Präferenzabkommen abgeschlossen haben, erreichen. Weiter vereinbaren die EFTA-Staaten mit Chile im öffentlichen Beschaffungswesen ein dem plurilateralen WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) vergleichbares Verpflichtungsniveau, bezüglich geistigen Eigentums über den WTO/TRIPS-Standard hinausgehende Schutzverpflichtungen sowie Öffnungen und Rechtsgarantien für Investitionen (niederlassungsrechtliche Garantien für Unternehmen) und Dienstleistungen (mit einer Entwicklungsklausel für Finanzdienstleistungen).
Chile ist nach Mexiko und Singapur der dritte Partner in Übersee, mit welchem die EFTA-Staaten ein umfassendes Freihandelsabkommen abgeschlossen haben. Die chilenische Wirtschaft verfügt über ein erhebliches Wachstumspotenzial, wel-
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ches die Wirtschaftsakteure der EFTA-Staaten dank des vorliegenden Abkommens vermehrt werden nutzen können.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, den 25. November 2003
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Chile vom 26. Juni 2003 zu unterbreiten.
Das Abkommen mit Chile ist Teil der von den EFTA-Staaten verfolgten geografischen und inhaltlichen Ausweitung der EFTA-Freihandelspolitik. In den neunziger Jahren waren die EFTA-Staaten vor allem darum bemüht, mit den nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Zerfall der Sowjetunion neu entstandenen bzw. unabhängig gewordenen Staaten Mittel- und Osteuropas sowie mit Ländern des Mittelmeerraums Freihandelsabkommen für den Warenverkehr abzuschliessen. In neuerer Zeit haben die EFTA-Staaten begonnen, ihr Netz von Freihandelsabkommen auch auf Partner in Übersee auszudehnen und zusätzlich zum Warenhandel und zum geistigen Eigentum die Bereiche Dienstleistungen, Investitionen und öffentliches Beschaffungswesen in ihre Freihandelsabkommen einzubeziehen. Mit dieser Politik wirken die EFTA-Staaten der drohenden Erosion der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Wirtschaftsstandorte entgegen, welche sich aus der erhöhten Diskriminierungsgefahr auf Grund der weltweit zunehmenden Tendenz zum Abschluss von regionalen und überregionalen Präferenzabkommen ergibt. Chile ist in dieser Beziehung besonders aktiv; es betreibt eine intensive Freihandelspolitik (vgl. Ziff. 1.3). So hat Chile kürzlich u.a. auch mit den USA und mit der EU, den
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zwei Hauptkonkurrenten der EFTA-Staaten auf dem chilenischen Markt, Abkommen zur Errichtung von Freihandelsbeziehungen abgeschlossen.