Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zu den anlässlich der ersten Lesung des Gesetzes betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BMG) aufgeworfenen Fragen
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Vaduz, 10. Februar 2004
RA 2004/379-6651 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung der Gesetzesvorlage zur Abänderung des Gesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BMG) aufgeworfenen Fragen zu beantworten.
In seiner Sitzung vom 18. Dezember 2003 hat der Landtag die Regierungsvorlage zur Abänderung des Gesetzes über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (BMG) in erster Lesung beraten (siehe den Bericht und Antrag der Regierung vom 18. November 2003, Nr. 105/2003). Die Vorlage ist auf mehrheitliche Zustimmung gestossen, wobei die Notwendigkeit einer eindeutigen Definition, wann Hanfkraut als Betäubungsmittel gilt und wann es sich um eine legale landwirtschaftliche Nutzpflanze handelt, weitgehend anerkannt wurde. In der Eintretensdebatte sind einige Fragen vorgebracht worden, auf die zunächst eingegangen wird. Auf die im Zuge der ersten Lesung der Gesetzesvorlage entgegengenommenen Anmerkungen wird im Folgenden unter Ziff. 1.2 eingegangen, wobei die dar-
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aus folgenden Änderungen sowie eine unabhängig davon vorgenommene legistische Korrektur durch Unterstreichungen in der Gesetzesvorlage markiert sind.
Die eingangs der Debatte aufgeworfene Fragestellung, ob ein Lieferschein als Nachweis für THC-armen Hanf ausreichend ist oder zusätzlich eine Anbau-Meldepflicht beim Landwirtschaftsamt eingeführt wird, weist mehrere Facetten auf. Zum einen leitet sich aus der Definition des zu den Betäubungsmitteln zählenden Hanfkrauts gemäss Art. 2 Abs. 2 Bst. a Ziff. 4 der Regierungsvorlage implizit die Nachweisverpflichtung über Saatgutbeschaffung und Sortenechtheit für den als Ölsaat oder nachwachsenden Rohstoff angebauten Hanf ab. Der Kauf bzw. der Erwerb der ausgebrachten Hanfsorte muss somit zwingend belegt werden können. Dieser Beleg, sei dies eine Kaufquittung oder ein Lieferschein für das Saatgut muss die Sortenbestätigung, sprich Sortenechtheit, und nachvollziehbar den Lieferanten enthalten.
Betrachtet man den Aspekt der Meldepflicht, naheliegenderweise an das Landwirtschaftsamt, so wäre diese aus Sicht des Vollzugs und der Exekutive zweifellos zu begrüssen. Zum einen wäre ein Überblick über den Hanfanbau in Liechtenstein gegeben und zum anderen könnten Meldungen verunsicherter Bürger über entdeckte Hanffelder rasch beantwortet werden. Allerdings steht der Meldepflicht der Umstand entgegen, dass es sich bei nachweislich THC-armem Hanf um eine normale Kulturpflanze handelt, die nicht durch eine derartige Verpflichtung, schon gar nicht nach deren eindeutigen Definition durch die vorliegende Gesetzesänderung diskriminiert werden soll.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang allerdings die Direktzahlungsverordnung, LGBl. 1996 Nr. 92, die in ihrem Art. 13 i Abs. 1 Bst. a unter anderem für Hanf, gemäss Abs. 2 desselben Artikels selbstverständlich nur für THC-armen Hanf, einen Anbaubeitrag festsetzt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Anbau von Hanf als Ölsaat oder als nachwachsender Rohstoff, dem Landwirtschaftsamt je-
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denfalls gemeldet wird, soweit der Anbau und der Betrieb die übrigen Voraussetzungen zum Erhalt von Direktzahlungen erfüllt.
Der Anbau von Hanf als Ölsaat fällt im weiteren unter die Lebensmittelgesetzgebung, deren Geltungsbereich auch die landwirtschaftliche Produktion erfasst, soweit sie der Herstellung von Lebensmitteln dient. Die Lebensmittelgesetzgebung verpflichtet den Betriebsverantwortlichen zur Selbstkontrolle. Der Betriebsverantwortliche muss dafür sorgen, dass Lebensmittel den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, wofür er sie entsprechend der "Guten Herstellungspraxis" untersuchen bzw. untersuchen lassen muss. Diese Verpflichtung schliesst zufolge der in der Fremd- und Inhaltsstoffverordnung festgelegten Grenzwerte für Delta9-THC in Hanfsamenöl und Hanfsamen zweifellos THC-Analysen mit ein.
Zusammenfassend ist der Anbau von Hanf als landwirtschaftliche Kulturpflanze in Abgrenzung zum Hanfkraut als Betäubungsmittel nachweispflichtig. Hingegen soll angesichts dessen zukünftig eindeutiger Definition als Kulturpflanze auf die Einführung einer Meldepflicht verzichtet werden. Mit Blick auf die erwähnten Rahmenbedingungen ist diese Beweislastumkehr nicht gerechtfertigt.
In einem anderen Votum wurde die Mutmassung ausgesprochen, dass die im Sortenkatalog des Bundesamtes für Landwirtschaft aufgeführten THC-armen Hanfsorten durch gentechnologische Massnahmen erreicht wurden. Angesichts des GVO-Freisetzungsverbots in der Schweiz ist diese Einschätzung a priori zurückzuweisen. Die Abklärung bei der dafür zuständigen Eidg. Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau hat dies dann auch bestätigt.
Die im weiteren aufgeworfene Frage, wie viel Hanf in Liechtenstein angebaut werde ist schwer zu beantworten. Nach Erfahrungen der Landespolizei dürfte es zahlreiche "Kleinstfelder" (2 bis 5 Pflanzen) geben, die genaue Zahl ist jedoch schwer zu beziffern. Gewerblich gepflanzt wurden nach Erkenntnissen der Lan-
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despolizei im Jahr 2003 ca. 1000 m2. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, wie dies auch der aktuelle Fund einer Indooranlage in Triesen im Januar dieses Jahres belegt, dass es noch weitere, den Behörden nicht bekannte Hanfpflanzungen in Liechtenstein gibt. Eine genaue Schätzung ist jedenfalls schwierig.
Die Frage nach der legalen Verwendung des in Liechtenstein angebauten Hanfs lässt sich von der ebenfalls vorgebrachten Frage nach dem Anteil der missbräuchlichen Verwendung nicht trennen. Der Landespolizei gegenüber geben Hanfproduzenten an, Lebensmittel, Kosmetikprodukte und Brennstoff aus den Hanfpflanzen herstellen zu wollen. In einem Fall konnte die Landespolizei nachweisen, dass eine Teilmenge der Hanfernte für Betäubungsmittelzwecke abgezweigt und ins Ausland geliefert wurde. In anderen Fällen besteht aus Sicht der Landespolizei der begründete Verdacht, dass die Hanfernte oder Teile davon nicht für legale Zwecke verwendet werden sollten. Der Nachweis für eine illegale Verwendung der Hanfernte ist jedoch gerade deshalb zu schwierig, weil neben der legalen Verwendung eine mögliche illegale Verwendung des Hanfs bzw. die Abzweigung eines Teils der Ernte für illegale Zwecke sehr einfach und für die Strafverfolgungsbehörden kaum zu beweisen ist. Die Schätzung eines Prozentsatzes missbräuchlicher Verwendung ist, wie bereits erwähnt, schwierig. Die beantragte Revision setzt genau hier ein und soll Klarheit und damit Rechtssicherheit schaffen.
Die Antwort auf die Frage nach der vermuteten Dunkelziffer fällt genauso vage aus, wie es die Frage verlangt. Die Dunkelziffer kann daher nicht in Kilogramm oder Anzahl Pflanzen angegeben werden. Klar ist jedoch, dass es eine Dunkelziffer gibt. Dies hat der bereits erwähnte Fall der Indooranlage in Triesen belegt (588 Pflanzen). Die Ermittlungen der Landespolizei legen wie oben dargelegt, den Verdacht nahe, dass es weitere unbekannte Indooranlagen gibt bzw. gab. Nach der BMG-Revision wird es für jene Hanfpflanzer, die eine legale Verwendung des Landwirtschaftshanfes anstreben, nicht mehr nötig sein, im Geheimen anzubauen.