Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Neufassung des Vermessungsgesetzes
2
Das bestehende liechtensteinische Vermessungsgesetz stammt aus dem Jahre 1945. Seit der Einführung des Vermessungsgesetzes haben sich die Anforderungen an die Amtliche Vermessung stark verändert. Dies durch die zunehmende Regelungsdichte im Baubereich, in der Ver- und Entsorgung sowie im Umwelt-, Natur- und Heimatschutz. Die neuen Techniken, wie die elektronische Distanzmessung oder die Vermessung mit Satelliten (GPS), decken zahlreiche neue Bedürfnisse in diesem Bereich ab und steigern die Genauigkeit der Vermessung. Durch den Einsatz von Informatik können Datenbanken über grundstück- und raumbezogene Informationen angelegt und ganz unterschiedliche Daten miteinander kombiniert werden. Die kombinierten Daten können Behörden und Privaten zur Verfügung gestellt und in verschiedenen Plandarstellungen visualisiert werden. Die Daten zur Amtlichen Vermessung oder zu weiteren Themen der Geodateninfrastruktur werden dabei in einzelnen Informationsebenen erfasst. Ihr Anschluss an das neuere, genauere, durch GPS bestimmte Fixpunktesystem erlaubt es, die einzelnen Ebenen sehr genau miteinander zu kombinieren.
Bisher diente die Amtliche Vermessung in erster Linie der Anlage des Grundbuches und wurde daher auch als "Grundbuchvermessung" bezeichnet. Das geltende Vermessungsgesetz wurde dem Schweizer Vermessungsrecht nachgebildet und baut auf der Schweizer Landvermessung mit ihrem Triangulationsnetz auf. In der Schweiz wurde eine Reform der Amtlichen Vermessung durchgeführt, welche im Jahre 1993 zu einer neuen Vermessungsverordnung und im Jahre 1994 zu einer ergänzenden Verordnung führte. Diese neuen Schweizer Vermessungsvorschriften bilden die rechtliche Grundlage zu den oben dargestellten Veränderungen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um die Ablösung der Triangulation durch das neue, hauptsächlich mit GPS-Messungen bestimmte Fixpunktenetz, die Digitalisierung der Vermessungsdaten, die Strukturierung der Daten in Informationsebenen sowie die Ablösung des physisch nachgeführten Grundbuchplans durch gespeicherte Daten und deren Ausdruck.
In Liechtenstein wurden in den letzten Jahren die neuen Vermessungswerke gemäss den neuen Schweizer Vorschriften erstellt. Die technische Durchführung der Amtlichen Vermessung war bereits bisher der Schweizer Rechtsordnung angeglichen und die Ingenieur-Geometer haben sich bei ihrer Tätigkeit auch stets an der
3
neuen Schweizer Rechtsordnung orientiert. Da sich dies in der Vergangenheit bewährt hat, erscheint es als zweckmässig, das Vermessungswesen Liechtensteins sowohl in rechtlicher als auch in technischer Hinsicht an den Schweizer Normen auszurichten. Im Gegensatz zu den Schweizer Vermessungsvorschriften soll das neue Vermessungsgesetz jedoch nicht nur das bisherige Vermessungswesen reformieren. Vielmehr soll es auch die rechtliche Grundlage für den Aufbau der liechtensteinischen Geodateninfrastruktur und somit die Rechtsgrundlage für die Dokumentation aller geometrisch darstellbaren öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen bilden.
Das neue Vermessungsgesetz fasst verschiedene bisherige Vermessungsbestimmungen zusammen. Die Bestimmungen im Schlusstitel zum Sachenrecht (Art. 65 ff), die bisherige Vermarkungsverordnung und die Instruktion zur Nachführung der Grundbuchvermessung können daher aufgehoben werden. Als eine wesentliche Änderung in der Vermessungsgesetzgebung ist beispielsweise die Abänderung des Art. 48 im Sachenrecht zu vermerken. Danach soll in vermessenem Gebiet die bisherige Richtigkeitsvermutung der vorhandenen Abgrenzung auf dem Feld durch die Richtigkeitsvermutung des Grundbuchplans ersetzt werden. Die Regierung übt wie bisher die Aufsicht über die Amtliche Vermessung aus. Ihr steht insbesondere die Kompetenz zum Erlass von Ausführungsbestimmungen zu. Auf die weiteren Änderungen wird in den nachfolgenden Ausführungen näher eingegangen.
Durch die Einführung der neuen Techniken in das Vermessungswesen wird die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Amtlichen Vermessung erheblich gesteigert. Dadurch reduzieren sich die Nachführungskosten. Weiteres Einsparungspotential ergibt sich dadurch, dass durch die Möglichkeit der GPS-Messung und der elektronischen Distanzmessung viele Fixpunkte eliminiert werden können. Die Erfassung von Detailinformationen wurde erheblich reduziert, was ebenfalls eine Kostenreduzierung bewirkt. Andererseits führt die Erneuerung und die damit verbundene Erhöhung der Genauigkeit des Fixpunktenetzes zu zusätzlichen Kosten. Dennoch wird sich die neue Vermessung wirtschaftlich bezahlt machen, dies vor allem deshalb, da die Ämter und die Gemeindeverwaltungen durch die flexiblen Geodaten ein Hilfsmittel zur Erledigung ihrer Aufgaben erhalten und dadurch Zeit sparen.
4
Zuständiges Ressort
Ressort Bauwesen
Betroffene Amtsstellen
Tiefbauamt, Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt
Finanzielle und personelle Auswirkungen
Keine.
5
Vaduz, 16. November 2004
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag den nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Neufassung des Vermessungsgesetzes zu unterbreiten.
Die gegenwärtige Rechtsgrundlage des Vermessungsrechts bildet das Gesetz vom 1. Februar 1945 über die Landesvermessung des Fürstentums Liechtenstein (LGBl. 1945 Nr. 5; SR 214.31). In Ausführung des Gesetzes hat die Regierung die Vermarkungs-Verordnung vom 5. Dezember 1946 (LGBl. 1946 Nr. 28; SR 214.311.1) und die Instruktion vom 22. März 1951 für die Nachführung der Grundbuchvermessungen im Fürstentum Liechtenstein (LGBl. 1951 Nr. 5; SR 214.311.2) erlassen.
Das Vermessungsrecht ist demjenigen der Schweiz nachgebildet. Die bisherige Amtliche Vermessung (Parzellarvermessung) beruht auf einem trigonometrischen Netz (Triangulation 1. bis 4. Ordnung). Als Ergänzung dazu werden Polygonzüge
6
bestimmt, welche trigonometrische Punkte miteinander verbinden (Art. 15 Vermessungsinstruktion).
Die Amtliche Vermessung diente bisher in erster Linie der Anlage des Grundbuchs. Sie wird daher landläufig auch "Grundbuchvermessung" genannt. Die Anforderungen an die Amtliche Vermessung haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Die zunehmende Intensität der Nutzung des Bodens und die dadurch bedingte Regelungsdichte im Bereich des Bau- und Planungsrechts, des Umwelt-, Natur- und Heimatschutzes, der Ver- und Entsorgung, der Statistik etc. haben zu einem erhöhten Bedarf an flächendeckenden, verlässlichen und umfassenden Daten über Grund und Boden geführt. Der Einsatz der EDV ermöglicht es, neue Vermessungstechniken einzusetzen und durch die Vernetzung von Daten, Datenbanken über grundstücks- und raumbezogene Informationen anzulegen und damit neuzeitlichen Informationsbedürfnissen gerecht zu werden. Die Amtliche Vermessung soll künftig als Basisinformationssystem für unzählige weitere Anwendungsmöglichkeiten dienen und darüber hinaus gleichzeitig Grundlage eines übergeordneten Informationssystems im Grundstücksbereich werden. Die erfassten Daten können ohne Probleme kombiniert und in unterschiedlichen Ergebnissen Behörden und Privaten zur Verfügung gestellt werden.
In der Schweizerischen Eidgenossenschaft ist am 1. Januar 1993 die Verordnung des Bundesrates vom 18. November 1992 über die Amtliche Vermessung (VAV; SR 211.432.2) und dazu ergänzend die Technische Verordnung über die Amtliche Vermessung (TVAV; SR 211.432.21) am 1. Juli 1994 in Kraft getreten. Damit wurde das Vermessungswesen in der Schweiz auf die neuen technischen Möglichkeiten ausgerichtet. Die ehemalige Triangulation 1. bis 4. Ordnung wird ersetzt durch die Lagefixpunkte 1 und 2, die ehemaligen Polygonpunkte durch die Lagefixpunkte 3. Diese Punkte werden in der Regel durch Satellitenvermessung (GPS) erneuert. Die im Vermessungswerk enthaltenen Informationen werden in einzelnen Ebenen erfasst und können so beliebig miteinander vernetzt werden.
7
Im Fürstentum Liechtenstein hat sich die Praxis der mit der Vermessung beauftragten Geometer auf die neuen schweizerischen Rechtsgrundlagen ausgerichtet. So wurden neue Vermessungswerke bereits nach den neuen schweizerischen Vorschriften erstellt. Die Regierung hat aufgrund dessen mit RA 95/802 das Tiefbauamt beauftragt, die Rechtsgrundlagen betreffend die Landesvermessung zu überarbeiten.