Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2004 / 6
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte der Richtlinie
3.Ziele und Inhalte der Regierungsvorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zur Regierungsvorlage
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
7.Per­so­nelle und finan­zi­elle Konsequenzen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
1.Abän­de­rung ABGB
2.Abän­de­rung ADHGB
3.Abän­de­rung UWG
4.Auf­he­bung Zins- und Wuchergesetz
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), des Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB), des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)  sowie die Aufhebung des Zins- und Wuchergesetzes
(Umsetzung der Richtlinie 2000/35/EG vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im  Geschäftsverkehr)
4
Am 29. Juni 2000 wurde die Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament verabschiedet. Das Hauptanliegen der Richtlinie ist es sicherzustellen, dass der Käufer den gesamten dem Verkäufer zustehenden Betrag innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Waren oder der Rechnung zahlt, wenn der Fälligkeitszeitpunkt oder die Zahlungsfrist nicht vertraglich festgelegt wurde. Im Vermittlungsverfahren hat sich der Rat der Linie des Europäischen Parlaments angeschlossen. Der gefundene Kompromiss beinhaltet entscheidende Verbesserungen für alle Beteiligten und hilft vor allem europaweit tätigen kleinen und mittleren Unternehmungen (KMUs) schneller an ihr Geld zu kommen.
Die Richtlinie umfasst im Wesentlichen folgende Elemente:
Der Anwendungsbereich der Richtlinie beschränkt sich auf Zahlungen im Geschäftsverkehr, d. h. auf Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen, die zu einer Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen.
Für den öffentlichen Dienst gilt die Richtlinie ebenso wie für den privaten Sektor mit denselben Fristen und Bedingungen.
Der Eigentumsvorbehalt bis zur vollständigen Bezahlung ist in die Richtlinie aufgenommen worden. Der Verkäufer bleibt also bis zur vollständigen Bezahlung Eigentümer der Güter. Die Mitgliedstaaten müssen ihre privatrechtlichen Regelungen entsprechend anpassen.
Die Höhe der Verzugszinsen richtet sich gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. d der Richtlinie nach dem Bezugszinssatz der Europäischen Zentralbank plus wenigstens 7 Prozentpunkte. Für Mitgliedstaaten, die nicht an der dritten Stufe der Wirt-
5
schafts- und Währungsunion teilnehmen, ist der Bezugszinssatz der entsprechende Zinssatz ihrer Zentralbank. Aufgrund des Währungsvertrages Liechtensteins mit der Schweiz wird der Referenzzinssatz durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) festgesetzt. Die Höhe der Verzugszinsen richtet sich somit nach diesem Bezugszinssatz plus wenigstens 7 Prozentpunkte.
Die Zahlungsfrist darf in der Regel 30 Tage nicht überschreiten, ausser es wird abweichend davon eine andere Frist vereinbart, was aber nicht zu einem Schaden des Gläubigers führen darf. Für gewisse Vertragskategorien kann der Mitgliedstaat eine Zahlungsfrist von 60 Tagen vorsehen, allerdings unter Beachtung verschiedener Voraussetzungen.
Den Unternehmen, insbesondere kleinen und mittleren, verursachen übermässig lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug grosse Verwaltungs- und Finanzlasten. Diese Probleme zählen zu den Hauptgründen für Insolvenzen in Europa. Trotz der andauernden negativen Auswirkungen des Zahlungsverzugs blieben die meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union bisher untätig und der Zahlungsverzug entwickelt sich gemäss den Erhebungen der Europäischen Kommission immer mehr zu einem ernsthaften Hindernis für den Erfolg des Binnenmarktes. Die Richtlinie 2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr soll diese Probleme weitestgehend beheben.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Amtsstelle
Amt für Volkswirtschaft
6
Vaduz, 3. Februar 2004
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), des allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB), des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie die Aufhebung des Zins- und Wuchergesetzes (Umsetzung der Richtlinie 2000/35/EG vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr) zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
Zahlungsverzug wirkt sich nachteilig auf die Unternehmen aus: Wirtschaftlich gesehen ist die von der Europäischen Union erlassene Richtlinie 2000/35/EG vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr darin begründet, dass einer von vier Insolvenzfällen auf Zahlungsverzug zurückzuführen ist. Dadurch kommt es in Europa, das ohnehin mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen hat, jährlich zu einem Verlust von 450 000 Arbeitsplätzen. Zudem gehen im Zusammenhang mit den durch Zahlungsverzug verursachten Insol
7
venzfällen jedes Jahr 23,6 Mrd. EUR an Forderungen verloren. Jährlich werden im Geschäftsverkehr 90 Mrd. EUR nicht fristgerecht gezahlt, wodurch Zinsverluste in Höhe von 10,8 Mrd. EUR entstehen.
Eine weitere Begründung für die Schaffung dieser Richtlinie findet sich darin, dass zwischen den Mitgliedstaaten ganz erhebliche Unterschiede im Hinblick auf Zahlungsfristen und Zahlungsverzug gegeben waren. Die Zahlungsfristen schwankten mitunter zwischen durchschnittlich rund 32 Tagen in den skandinavischen Ländern und rund 78 Tagen in den südeuropäischen Ländern. Die Unterschiede waren im Wesentlichen auf folgende Faktoren zurückzuführen:
- Verzugszinsen
In den Ländern mit den kürzesten Zahlungsfristen fanden sehr hohe Verzugszinsen Anwendung, die folglich eine abschreckende Wirkung gehabt hatten. So wurden in den skandinavischen und den angelsächsischen Ländern, in denen kurze Zahlungsfristen üblich waren, häufig Verzugszinsen zwischen 18% und 24% in Rechnung gestellt. Dagegen galten in den südeuropäischen Ländern und in Belgien sehr oft gar keine oder aber niedrigere Zinsen (8-12%). Daher war es für Schuldner in den letztgenannten Ländern vorteilhafter, ihren Gläubigern/Lieferanten Geld zu schulden als Geld aufzunehmen, um ihre Schulden fristgerecht zu begleichen.
- Zahlungsmittel
In einigen europäischen Mitgliedstaaten wurden Zahlungsmittel eingesetzt, die eine zügige Begleichung der Forderung ermöglichten (im Wesentlichen Überweisungen), während in andern Mitgliedstaaten üblicherweise Schecks oder Wechsel verwendet wurden, bei denen die Zahlungsabwicklung langwieriger ist.
- Kulturelle Fragen
Zahlungsverzug wird grundsätzlich dadurch begünstigt, dass Unternehmen mit Sitz in Ländern, in denen eine schlechte Zahlungsmoral herrscht, häufig unterein-
8
ander Geschäfte tätigen. Ferner werden in einigen Ländern viele Verträge weiterhin nur mündlich geschlossen oder die Vertragsparteien kommen aus unterschiedlichen Gebieten, in denen die Geschäftspraktiken stark voneinander abweichen.
Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass Grossunternehmen doppelt so häufig ihre Rechnungen nicht fristgerecht begleichen wie KMUs und dass der Zahlungsverzug von Grossunternehmen gegenüber KMUs doppelt so lang ist wie derjenige des Mittelstandes gegenüber den Grossunternehmen.
Die Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr geht somit davon aus, dass übermässig lange Zahlungsfristen und Zahlungsverzug Unternehmen, insbesondere den Klein- und Mittelbetrieben, schwere Verwaltungs- und Finanzlasten verursachen, und dass die Unterschiede zwischen den Zahlungsbestimmungen und -praktiken in den einzelnen Mitgliedstaaten das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen. Die Richtlinie will daher in diesem Bereich einen durchgreifenden Wandel bewirken, die Entwicklung umkehren und sicherstellen, dass die gesetzlichen Folgen des Zahlungsverzugs von der Überschreitung der Zahlungsfristen abschrecken.
LR-Systematik
2
21
210
2
21
217
2
24
2
21
215
LGBl-Nummern
2004 / 140
2004 / 139
2004 / 138
Landtagssitzungen
11. März 2004
Stichwörter
ABGB, Abän­de­rung (EG-Richt­linie Zahlungsverzug)
ADHGB, Abän­de­rung (EG-Richt­linie Zahlungsverzug)
EG-Richt­linie 2000/35/EG zur Bekämp­fung von Zah­lungs­verzug im Geschäftsverkehr
Handel, Zah­lungs­verzug im Geschäftsverkehr
UWG, Abän­de­rung (EG-Richt­linie Zahlungsverzug)
Zah­lungs­verzug im Geschäftsverkehr
Zins- und Wucher­ge­setz, Aufhebung