Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2004 / 84
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte des Haager Trust - Übereinkommens
3.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Artikeln
4.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
5.Ver­nehm­las­sung
6.Recht­liche, per­so­nelle und finan­zi­elle AuswirKungen
7.Bedeu­tung des Haager Trust-Übe­rein­kom­mens für Liechtenstein
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den  Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen über das auf die Anerkennung von Trusts anzuwendende Recht (Haager Trust-Übereinkommen; "HTÜ") vom 1. Juli 1985
 
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Schon 1926 hat der trust1 als Treuhänderschaft gemäss Art. 897 ff. PGR Eingang in die liechtensteinische Rechtsordnung gefunden. Der trust hat in den letzten Jahren über die angelsächsische Welt hinaus zunehmende Bedeutung als Instrument z.B. zur Gestaltung von Vermögensverhältnissen oder der Nachfolge in Unternehmen erlangt. Da auch der liechtensteinische Finanzplatz zunehmend international vernetzt ist, stellt sich die Frage nach der Anerkennung liechtensteinischer Treuhänderschaften im Ausland. Andere strukturell vergleichbare Finanzplätze, vor allem im angelsächsischen Raum, aber auch Luxemburg sind dem Abkommen bereits beigetreten; die Schweiz bereitet einen Beitritt derzeit vor. Gerade auch die enge Vernetzung des liechtensteinischen Finanzplatzes mit dem schweizerischen legt einen Beitritt Liechtensteins zum Haager Trust-Übereinkommen nahe.
Zuständige Ressorts
Ressort Äusseres; Ressort Justiz
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten; mit Finanzplatzfragen befasste Amtsstellen
Finanzielle und personelle Auswirkungen
Es entstehen keine finanziellen und personellen Auswirkungen.
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Vaduz, den 21. September 2004
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen über das auf die Anerkennung von trusts anzuwendende Recht (Haager Trust - Übereinkommen; "HTÜ") vom 1. Juli 1985 zu unterbreiten.



 
1In der einschlägigen Literatur hat sich die englische Schreibweise mit Kleinbuchstaben weitgehend durchgesetzt.
 
1.Ausgangslage
Der trust hat in den letzten Jahren über die angelsächsische Welt hinaus zunehmende Bedeutung als Instrument z.B. zur Gestaltung von Vermögensverhältnissen oder der Nachfolge in Unternehmen erlangt. Darüber hinaus erfreut sich der trust zunehmender Beliebtheit in der internationalen Finanzdienstleistungsbranche. Demzufolge ist auch das rechtliche Interesse an seiner Anerkennung gestiegen.
Ganz allgemein versteht man unter einem trust im anglo - amerikanischen Rechtskreis ein Rechtsverhältnis, bei dem bestimmte Vermögenswerte treuhänderisch auf eine oder mehrere Personen (trustees) übertragen werden, welche diese zu verwalten und für einen vom Treugeber (settlor) vorgegebenen Zweck zu ver
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wenden haben. Dieser Zweck kann allgemeiner Natur sein oder die Begünstigung bestimmter Personen (beneficiaries) beinhalten2. Schon 1926 hat der trust als Treuhänderschaft gemäss Art. 897 ff. PGR Eingang in die liechtensteinische Rechtsordnung gefunden. Die in der liechtensteinischen Jurisprudenz zuweilen auftauchende Frage, ob es sich bei der Treuhänderschaft nun um einen trust des Common Law oder um eine funktional identische, aber den Eigenheiten der liechtensteinischen, kontinental geprägten, Rechtsordnung angepasste Rechtsfigur handelt, kann dahingestellt bleiben. Es genügt nämlich festzustellen, dass die liechtensteinische Treuhänderschaft zumindest dem trust-Konzept des Haager Abkommens über das auf die Anerkennung von trusts anzuwendende Recht (Haager Trust-Übereinkommen; "HTÜ") entspricht: Art. 897 PGR ("Das Treuhandverhältnis") gibt folgende Definition: "Treuhänder (Trustee oder Salmann) im Sinne dieses Gesetzes ist diejenige Einzelperson, Firma oder Verbandsperson, welcher ein anderer (der Treugeber) bewegliches oder unbewegliches Vermögen oder ein Recht (als Treugut), welcher Art auch immer, mit der Verpflichtung zuwendet, dieses als Treugut im eigenen Namen als selbständiger Rechtsträger zu Gunsten eines oder mehrerer Dritter (Begünstigter) mit Wirkung gegen jedermann zu verwalten oder zu verwenden". Diese Definition ist durch den Anwendungsbereich des HTÜ in dessen Art. 2 (siehe Kapitel 3 nachstehend) abgedeckt.
Ist die Frage nach der Anerkennung ausländischer trusts in Liechtenstein grundsätzlich geregelt (siehe Art. 930 und 931 PGR), stellt sich jedoch auch die Frage nach der Anerkennung liechtensteinischer Treuhänderschaften im Ausland. Kollisionsrechtlich wird das Problem über die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach den Regeln des internationalen Privatrechts geregelt.
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Der Übereinkommensentwurf über das auf trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung wurde 1984 anlässlich der XV. Tagung der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht in Den Haag ausgearbeitet. Bis zum 1. Januar 2004 hatten 11 Staaten das Abkommen unterzeichnet3, von welchen seit dem 1. Januar 2004 nur noch drei das HTÜ nicht ratifiziert haben4. Italien, Luxemburg und die Niederlande hatten das Abkommen am 1. Juli 1985 als erste Staaten unterzeichnet. Ratifiziert wurde es zuerst vom Vereinigten Königreich, von Italien und von Australien, womit es gemäss Art. 30 am 1. Januar 1992 in Kraft treten konnte.
In der Schweiz ist das Verfahren zum Beitritt zum HTÜ auf Betreiben der Schweizerischen Bankiervereinigung und der betroffenen Wirtschaftskreise eingeleitet worden. Auch aus der Sicht der liechtensteinischen interessierten Kreise, vorab ein Beitritt zum HTÜ unproblematisch, zumal die einzige "Verpflichtung", die es mit sich bringt, in der Anerkennung anderer trusts liegt. Der Regierung erscheint ein Beitritt zum HTÜ aus Gründen der Konkurrenzfähigkeit mit anderen strukturell vergleichbaren Finanzplätzen nunmehr angezeigt.



 
2vgl. Thomas M. Mayer, Das Haager Trust - Übereinkommen, in: AJP 2004, 156
 
3Australien, Kanada, China Hongkong (damals noch vertreten durch das Vereinigte Königreich), Frankreich, Italien, Luxemburg, Malta, die Niederlande, die USA, das Vereinigte Königreich (samt der Isle of Man, Bermuda, dem British Antarctic Territory, den British Virgin Islands, den Falkland Islands, Gibraltar, Saint Helena, den Saint Helena Dependencies, South Georgia und den South Sandwich Islands, der britischen Militärbasis auf Akrotiri and Dhekelia auf Zypern, Montserrat, Jersey, Guernsey (ohne Alderney und Sark) sowie den Turks and Caicos-Inseln) und Zypern.
 
4Frankreich, die USA und Zypern.
 
LR-Systematik
0..2
0..21
LGBl-Nummern
2006 / 062
Landtagssitzungen
20. Oktober 2004
Stichwörter
anwend­bares Recht, Trust, Haager Übereinkommen
Gesell­schaftrs­recht, Haager Trust-Übe­rein­kommen, HTÜ
Haager Trust-Übe­rein­kommen, HTÜ)
Trust, anwend­bares Recht, Haager Übereinkommen