Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2004 / 9
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte der Vorlage
3.Ziele und Inhalte der Regierungsvorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
5.3Abän­de­rung der Spezialgesetze
II.Antrag der Regierung
Blauer Teil
1.Abän­de­rung der Landesverfassung
2.FMA-Gesetz
3.Abän­de­rungs­ge­setze
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Schaffung eines Gesetzes über die  Finanzmarktaufsicht sowie zur Abänderung der Landesverfassung und der entsprechenden Spezialgesetze
 
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Gegenstand des vorliegenden Berichts und Antrags sind die Rechtsgrundlagen zur Schaffung der Finanzmarktaufsichtsbehörde Liechtenstein (FMA). Dazu gehören eine Verfassungsänderung (Art. 78 LV), das neue Finanzmarktaufsichtsgesetz (FMAG) und die sprachlichen Anpassungen an den jeweiligen materiellen Aufsichtsgesetzen. Die Zuständigkeit der FMA wird sich auf die bisher durch die Regierung, das Amt für Finanzdienstleistungen, das Amt für Volkswirtschaft (Abteilung Versicherung) sowie die Stabsstelle für Sorgfaltspflichten wahrgenommenen Aufsichtsaufgaben erstrecken. Die FMA soll von der Regierung unabhängig sein und im Kleide einer öffentlich-rechtlichen Anstalt aus der Landesverwaltung ausgegliedert werden.
Der Entscheid der Regierung aus dem Jahre 2001, zum Schutze des Finanzplatzes - eines wichtigen Pfeilers der liechtensteinischen Volkswirtschaft - eine aktive Politik bezüglich der Finanzmarktaufsicht einzuschlagen, erwies sich als richtig. Eine effiziente und anerkannte Finanzmarktaufsicht stärkt auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes. Eine Stärkung der Aufsicht ist damit nicht nur volkswirtschaftlich sinnvoll, sondern liegt auch im Interesse der Marktteilnehmer. Ingesamt gelangte die Regierung aufgrund dieser Erwägungen zur Ansicht, dass die Schaffung einer unabhängigen integrierten Finanzmarktaufsichtsbehörde eine Chance und eine Notwendigkeit zugleich darstellt.
Gestützt wird diese Auffassung auch durch internationale Organisationen, die den Finanzplatz Liechtenstein in den letzten Jahren geprüft haben. Dazu gehören Moneyval (vormals PC-R-EV, Expertengruppe des Europarates und gleichzeitig FATF-Regionalgruppe) im Rahmen der Second Mutual Evaluation im Mai 2002 sowie insbesondere der Internationale Währungsfonds (IWF) im Rahmen des Offshore Financial Center (OFC)-Assessments im Oktober/November 2002. Der Bericht des IWF vom September 2003 stellt dem Finanzplatz ein gutes Zeugnis aus, weist jedoch noch auf einige Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne der für
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die Aufsichtsbereiche einschlägigen internationalen Standards hin. Die Aufsichtsbehörde soll demnach die Kompetenz haben, Bewilligungen zu erteilen und zu entziehen, Strafen und andere Sanktionen gegen die Finanzintermediäre auszusprechen und rechtlich verbindliche Regeln aufzustellen.
Des Weiteren kann durch die Schaffung einer integrierten und unabhängigen Aufsichtsbehörde auch die Effizienz der Aufsicht gesteigert werden. Mit der Regierungsvorlage kann somit volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten, aber auch den Empfehlungen der genannten internationalen Organisationen nachgekommen werden.
Die Erteilung von Bewilligungen sowie die Aufsicht über die Finanzintermediäre wird in Liechtenstein zur Zeit von der Regierung sowie den drei in die FMA zu integrierenden Stellen wahrgenommen. Der Finanzmarktaufsicht nach heutiger Struktur fehlt es derzeit an der notwendigen Unabhängigkeit. Die Regierung ist heute zuständig für die Erteilung, den Entzug oder den Widerruf von Bewilligungen für Banken und Finanzgesellschaften, Investmentunternehmen und Versicherungsunternehmen. Ihr steht auch die Oberaufsicht in allen aufsichtsrechtlichen Bereichen zu und sie ist für die Aussprechung diverser Sanktionen zuständig. Damit hat die Regierung grundsätzlich die Möglichkeit, politischen Einfluss auf die Finanzmarktaufsicht auszuüben, wobei dies in der Vergangenheit jedoch nicht der Fall war. Darüber hinaus bringt die Zuständigkeit verschiedener Stellen die Gefahr einer Verzettelung der Aufsicht mit sich. Die Zuständigkeit verschiedener Behörden kann ausserdem zu Abgrenzungsproblemen oder Kompetenzkonflikten führen.
Im internationalen Umfeld ist aufgrund dieser Überlegungen eine klare Tendenz zur Errichtung von integrierten Aufsichtsbehörden zu verzeichnen. So wurden etwa in England, Deutschland, Österreich, Jersey und den skandinavischen Staaten integrierte Aufsichtsbehörden geschaffen. Auch in der Schweiz arbeitet man
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an einer derartigen Behörde: Der Gesetzesentwurf zur Schaffung der "FINMA" wurde anfangs Juli 2003 an das Eidg. Finanzdepartement weitergeleitet. Damit kann festgestellt werden, dass Liechtenstein und die Schweiz sich in Bezug auf die Schaffung einer integrierten und unabhängigen Finanzmarktaufsicht zeitlich im Gleichschritt bewegen, auch wenn damit zu rechnen ist, dass der parlamentarische Prozess in der Schweiz mehr Zeit in Anspruch nehmen wird als in Liechtenstein. Die Errichtung der FMA stellt insgesamt einen wichtigen Schritt für die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Liechtenstein dar.
Die Regierung hat sich entschlossen, in einer ersten Phase ein reines Organisationsgesetz zur Errichtung der FMA zu schaffen, das auf verfassungsmässig fundierter Grundlage steht. Dies ist der Gegenstand dieser Regierungsvorlage. In einer zweiten, erst nach Errichtung der FMA beginnenden Phase werden Vorschläge zur Harmonisierung der Sanktionsgrundlagen und weiterer aufsichtsrechtlich relevanter Revisionsgebiete erarbeitet. Diese Staffelung entspricht auch dem der Schweiz gewählten Vorgehen.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Amtsstellen
Amt für Finanzdienstleistungen, Amt für Volkswirtschaft, Stabsstelle für Sorgfaltspflichten
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Vaduz, 10. Februar 2004
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend eines Gesetzes über die Schaffung einer Finanzmarktsaufsichtsbehörde (FMAG), der Abänderung der Landesverfassung sowie der Abänderung der entsprechenden Spezialgesetze zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
Die Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein wird heute von verschiedenen staatlichen Behörden wahrgenommen. Sie ist für die einzelnen Kategorien von Finanzintermediären unterschiedlich strukturiert und ausgebaut. Zuständig für die Erteilung, den Entzug oder den Widerruf von Bewilligungen an Banken und Finanzgesellschaften, Investmentunternehmen und Versicherungsunternehmen ist die Regierung. Ihr steht derzeit die Oberaufsicht in allen Aufsichtsbereichen zu. Die Kompetenz für die Erteilung, den Entzug oder den Widerruf von Bewilligungen an Treuhänder, Anwälte, Wirtschaftsprüfer und Revisionsgesellschaften (mit Ausnahme der Revisionsgesellschaften für Versicherungsunternehmen, Banken und Investmentunternehmen, hier besteht die Kompetenz bereits ex lege) hat die Regierung an das Amt für Finanzdienstleistungen delegiert. Die Aufsicht über die Banken, Finanzgesellschaften und Investmentunternehmen (sowie einzelne
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Aufgaben im Bereich freie Berufe) übt das Amt für Finanzdienstleistungen aus, diejenige über Versicherungsunternehmen und Pensionskassen das Amt für Volkswirtschaft. Mit der Stabsstelle für Sorgfaltspflichten - sie überwacht alle Finanzintermediäre bezüglich Einhaltung der Vorschriften im Sorgfaltspflichtgesetz - wurde ein weiteres Aufsichtsorgan geschaffen. Gewisse Aufsichtsfunktionen üben die jeweiligen als öffentlich-rechtliche Zwangskörperschaften ausgestalteten Standesvertretungen sowie die Gerichte aus; diese Zuständigkeiten werden durch die Regierungsvorlage aber bewusst nicht verändert.
Die Finanzmarktaufsicht in Liechtenstein weist gegenwärtig noch Schwachstellen auf. Infolge der fehlenden Integration birgt die Zuständigkeit verschiedener Stellen in unterschiedlichen Ressorts die Gefahr einer Verzettelung in sich. Die integrale Betrachtungsweise geht verloren bzw. wird erst gar nicht erreicht. Eine solche ist jedoch gerade vor dem Hintergrund des Zusammenwachsens der Finanzmärkte unabdingbar.
Die Regierung ist sowohl als Bewilligungsinstanz als auch als Beschwerdeinstanz tätig und damit direkt in das Tagesgeschäft involviert. Dies führt dazu, dass Entscheide der Regierung stets politisch gewertet werden könnten. Aus diesem Grund hat der IWF im Rahmen des OFC-Assessments im Jahr 2002 (der entsprechende Bericht datiert vom September 2003) eine Verstärkung der Unabhängigkeit der Finanzmarktaufsicht und die zeitgerechte Schaffung einer integrierten Aufsichtsbehörde empfohlen. Diese Empfehlung hat der IWF im Rahmen seiner Assessments nicht nur bezüglich Liechtenstein abgegeben, sie lässt sich bei allen Ländern finden, die eine mit Liechtenstein vergleichbare Finanzmarktstruktur haben. So hat der IWF nach einem Assessment der Schweiz im Jahr 2001 (Bericht vom Juni 2002) ebenfalls die mangelnde Unabhängigkeit der Finanzmarktaufsicht kritisiert und eine entsprechende Empfehlung abgegeben. Die Schweiz plant, dieser IWF-Empfehlung ebenfalls nachzukommen. Durch die Schaffung der FMA bleibt Liechtenstein international wettbewerbsfähig.
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Mit diesem vorbeugenden Schritt kann angesichts der zunehmenden Komplexität der internationalen Aufsichtsstandards vermieden werden, mittelfristig reaktiv und unter grossem Zeitdruck handeln zu müssen und damit suboptimale, nicht auf die Spezifika Liechtensteins Rücksicht nehmende Regelungen einführen zu müssen.
Die Schaffung einer integrierten Aufsichtsbehörde liegt auch im Interesse der Akteure auf dem Finanzplatz Liechtenstein. Die Einhaltung der internationalen Standards ist eine wesentliche Voraussetzung für die internationale Anerkennung der liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht und die Erhaltung der guten Reputation des Finanzplatzes. Eine international anerkannte Aufsicht stellt die Grundvoraussetzung für Finanzintermediäre dar, global agieren zu können. Zudem wird damit eine Behörde geschaffen, die ihre Aufgaben effizienter und im Kundeninteresse erfüllen kann.
LR-Systematik
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