Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2006 / 128
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Die pro­vi­so­ri­sche Anwen­dung des Erwei­te­rungs­ab­kom­mens II
3.Finan­zi­elle, recht­liche und per­so­nelle Auswirkungen
4.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum Europäischen WirtschaftsrauM (EWR)
Teil I:
Auf den 1. Januar 2007 soll die Europäische Union (EU) und damit ihr Binnenmarkt durch zwei neue Mitgliedstaaten, Bulgarien und Rumänien, erweitert werden. Zur Gewährleistung der Homogenität des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mit den entsprechenden Binnenmarktbestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EG) ist eine parallele Erweiterung des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (EWRA) um die zwei neuen EU-Mitglieder unabdingbar. Artikel 128 EWRA sieht dies ausdrücklich vor. Der Abschluss des EWR-Erweiterungsabkommens für Bulgarien und Rumänien mit einer rechtzeitigen Ratifikation vor dem 1. Januar 2007 kann für Liechtenstein bereits jetzt ausgeschlossen werden. Im Unterschied zur Situation in den meisten anderen Vertragsparteien des EWRA ist die Erklärung zur provisorischen Anwendung eines internationalen Vertrags, welcher der Ratifikation und vorher der Zustimmung des Landtags unter Einschluss eines möglichen Referendums bedarf, verfassungsmässig nicht vorgesehen.
Daher soll die Regierung durch ein spezielles Gesetz ermächtigt werden, nach Abschluss und Prüfung des Abkommens zur Erweiterung des EWR um Bulgarien und Rumänien seine provisorische Anwendung zu genehmigen. Diese provisorische Anwendung soll nur bis zur Entscheidung des Landtags betreffend die Ratifikation, welche im Hinblick auf die bestehenden Verfassungsbestimmungen (Art. 8 Abs. 2 der Verfassung) zu treffen sein wird, Gültigkeit haben. Über finanzielle Mittel im Rahmen dieser provisorischen Anwendung kann die Regierung nur insoweit verfügen, als der Landesvoranschlag und gegebenenfalls andere ordnungsgemäss zustande gekommene Finanzbeschlüsse dies zulassen.
Durch die provisorische Anwendung auf der Grundlage eines Gesetzes wird eine Rechtsunsicherheit bei der Ausübung der durch das EWRA verliehenen Rechte und ihrer gerichtlichen Geltendmachung im Verkehr mit den beiden neuen EU-Mitgliedsländern verhindert. Sobald das Erweiterungsabkommen unterzeichnet ist, wird die Regierung dem Landtag den Bericht und Antrag zur Genehmigung des Erweiterungsabkommens und des damit verbundenen Finanzbeschlusses im Hinblick auf die zu leistenden Kohäsionszahlungen im Rahmen des EWR-Finanzmechanismus unterbreiten. Finanzbeiträge an Bulgarien und Rumänien zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den
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Regionen werden durch das neue Gesetz also nicht gestattet. Vorbereitungshandlungen zur Genehmigung von Finanzzahlungen sind aber von der provisorischen Anwendung insofern erfasst, als z.B. die Aushandlung von Zahlungsbedingungen betroffen ist.
Zuständige Ressorts
Ressorts Äusseres, Präsidium, Finanzen, Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Mission des Fürstentums Liechtenstein bei der Europäischen Union in Brüssel, Stabsstelle EWR, Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Ausländer- und Passamt
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Vaduz, 7. November 2006
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend den Beitritt von Bulgarien und Rumänien zum Europäischen Wirtschaftsraum - Teil I: Gesetz betreffend die vorläufige Anwendung des Übereinkommens über die Beteiligung von Bulgarien und Rumänien am Europäischen Wirtschaftsaum (EWR) - zu unterbreiten.
1.1Notwendigkeit der rechtzeitigen Erweiterung des EWR durch Bulgarien und Rumänien
Am 1. Januar 2007 soll die Europäische Union (EU) und damit ihr Binnenmarkt durch zwei neue Mitgliedstaaten, Bulgarien und Rumänien, erweitert werden. Dies hat auch direkte Auswirkungen auf das EWR-Abkommen (EWRA) vom 2. Mai 1992, dem Liechtenstein am 1. Mai 1995 beigetreten ist. Insbesondere zur Gewährleistung der Homogenität des Europäischen Wirtschaftsraums mit den entsprechenden Binnenmarktbestimmungen ist eine parallele Erweiterung des EWR um die zwei neuen EU-Mitglieder unabdingbar. Die Homogenität des
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EWR, die eine Anpassung der nationalen Regeln der drei EFTA-/EWR-Staaten an die Regeln des EU-Binnenmarktes beinhaltet und diesen somit auf die Märkte der drei EFTA-/EWR-Staaten ausdehnt, verlangt, dass sämtliche neue Mitglieder der EU und damit des EU-Binnenmarktes auch am EWR teilnehmen.
Bereits am 1. Mai 2004 wurde der EWR durch zehn neue EU-Staaten erweitert. Es handelt sich um die Tschechische Republik, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien und die Slowakische Republik. Das diesbezügliche Übereinkommen (im Weiteren: "EWR-Erweiterungsabkommen I" genannt) vom 14. Oktober 2003 war Gegenstand des Berichts und Antrags Nr. 2/2004. Bereits anlässlich der Tagung des Europäischen Rats von Helsinki im Dezember 1999 beschloss die EU, in Erweiterungsverhandlungen auch mit Bulgarien und Rumänien einzutreten (siehe dazu im Bericht und Antrag Nr. 2/2004, Seite 9). Mit diesen beiden Ländern, die für die EU-Mitgliedschaft einer längeren Vorbereitungs- und Verhandlungsphase bedurften, konnte der Vertrag zur Aufnahme in die EU am 25. April 2005 unterzeichnet werden. Dieser EU-Beitrittsvertrag sah als Mitgliedschaftsdatum den 1. Januar 2007 vor, liess aber die Möglichkeit offen, das Datum auf den 1. Januar 2008 zu verschieben, sollte ein Land oder sollten beide Länder die weiteren notwendigen Vorbereitungen und Reformen (Anpassung von Gesetzen, verbesserte Verwaltungspraxis usw.) nicht rechtzeitig vorantreiben. Nachdem der Bericht der Europäischen Kommission vom Mai 2006 über die Bereitschaft zur Mitgliedschaft noch grössere Probleme anmahnte, beschloss der Europäische Rat im Juni 2006, die Entscheidung über das Aufnahmedatum bis nach einem weiteren Bericht der Kommission im Oktober 2006 zu verschieben. Im Bericht vom Mai 2006 waren insbesondere die Mängel Bulgariens bei der Verbrechensbekämpfung hervorgehoben worden. Der Anfang Oktober 2006 verabschiedete Bericht der Kommission stellte fest, dass inzwischen markante Verbesserungen eingetreten seien, und bestätigte damit den ursprünglich vorgesehenen Termin vom 1. Januar 2007.
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Diese Verzögerungen im Fahrplan wirkten sich offensichtlich auch auf die Erteilung eines Verhandlungsmandates der EU für Erweiterungsverhandlungen gemäss Art. 128 EWRA aus: Dieses Verhandlungsmandat wurde den EFTA-/EWR-Staaten erst am 28. April 2006 angekündigt. Art. 128 EWRA sieht vor, dass Staaten, die Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft (EG) werden, beantragen, Vertragspartei des EWRA zu werden. Die Bedingungen für eine solche Beteiligung werden durch ein Übereinkommen zwischen den bisherigen Vertragsparteien und den Antrag stellenden Staaten geregelt. Das Übereinkommen bedarf der Ratifikation oder Genehmigung durch alle Vertragsparteien nach ihren eigenen Verfahren.
LR-Systematik
0..1
0..11
LGBl-Nummern
2007 / 352
Landtagssitzungen
24. November 2006
Stichwörter
EU-Erwei­te­rung Bul­ga­rien, Rumänien
EWR, EU-Erwei­te­rung, Bul­ga­rien, Rumänien
EWR-Abkommen, EWRA, Bul­ga­rien, Rumänien
EWR-Abkommen, vor­läu­fige Anwendung