Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2006 / 15
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Ein­füh­rung in die Thematik
2.Ents­te­hung der Vorlage
II.Schwer­punkte der Vorlage
III.Ver­nehm­las­sung
IV.Erläu­te­rungen zum Behindertengleichstellungsgesetz
I. All­ge­meine Bestimmungen
Art. 1 Zweck
Art. 2 Geltungsbereich
Art. 3 Begriffs­bes­tim­mungen, Bezeichnungen
Art. 4 Posi­tive Massnahmen
Art. 5 Diskriminierungsverbot
Art. 6 Diskriminierung
Art. 7 Unver­hält­nis­mäs­sige Belastungen
Art. 8 Belästigung
Art. 9 Anwei­sung zur Diskriminierung
Art. 10 Dis­kri­mi­nie­rungs­verbot, Ausnahmen
Art. 11 Bar­rie­re­frei­heit und Anpassbarkeit
Art. 12 Öffent­lich zugäng­liche Bauten und Anlagen
Art. 15 Öffent­liche Ver­kehrs­wege und -anlagen
Art. 16 Öffent­liche Verkehrssysteme
Art. 17 Mass­nahmen für sprach-, hör- oder seh­be­hin­derte Menschen
Art. 18 Mass­nahmen im Bildungsbereich
Art. 19 Pro­gramme zur Inte­gra­tion von Men­schen mit Behinderungen
Art. 20 Pilot­ver­suche zur Inte­gra­tion im Erwerbsleben
Art. 21 Infor­ma­tion, Bera­tung und Über­prü­fung der Wirksamkeit
Art. 22 Büro für die Gleichs­tel­lung von Men­schen mit Behinderungen
Art. 23 Rechtsansprüche
Art. 24 Verjährung
Art. 25 Zustän­dig­keit und Verfahren
Art. 26 Beweislast
Art. 27 Rechts­an­sprüche bei öffent­lich zugäng­li­chen Bauten und Anlagen, Wohn­an­lagen und geför­derten Wohnbauten
Art. 28 Rechts­an­sprüche bei öffent­li­chen Ver­kehrs­wegen und -anlagen
Art. 29 Rechts­an­sprüche bei öffent­li­chen Verkehrssystemen
Art. 30 Verfahren
Art. 31 Antrags- und Beschwer­de­le­gi­ti­ma­tion von Behindertenorganisationen
Art. 32 Anpas­sungs­fristen für Bauten und Anlagen sowie für Ver­kehrs­wege und -anlagen
Art. 35 Durchführungsverordnung
Art. 36 Inkrafttreten
V.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
VI.Per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
VII.Antrag der Regierung
VIII.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; BGLG)
 
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Die Frage der Gleichstellung der behinderten mit den nicht behinderten Menschen ist eines der besonders wichtigen politischen Anliegen der letzten Jahre. Auf dem Hintergrund einer möglichst umfassenden und ganzheitlichen Sozialpolitik verdient der Gedanke der Gleichstellung von Behinderten vollste Unterstützung.
Das Problem der Behinderung und der Integration bzw. Gleichstellung behinderter Menschen kann auf unterschiedliche Weise angegangen werden. Man kann auf die persönliche Situation Behinderter einwirken, in der Absicht, ihnen vergleichbare oder gleichwertige Lebensbedingungen zu verschaffen wie nicht behinderten Personen und ihre Situation jener nicht behinderter Mitglieder der Gesellschaft anzunähern. Dies kann beispielsweise durch die Auszahlung von Renten zur Abdeckung des behinderungsbedingten Ausfalls von Erwerbseinkommen, durch Sonderschulen, durch Förderung der beruflichen Wiedereingliederung etc. erfolgen. Diesen Ansatz hat der Gesetzgeber mit der Sozialversicherung, insbesondere der Invalidenversicherung, gewählt. Sie dient vornehmlich der Gewährleistung eines würdigen Lebens und entspricht dem Empfinden sozialer Gerechtigkeit.
Diesem ersten Ansatz ist ein zweiter hinzuzufügen, der den umgebenden Rahmen betrifft, um die Umstände und Hindernisse des Umfeldes, die Behinderte belasten, zu bekämpfen. Diese Massnahmen sollen die Rahmenbedingungen schaffen, um zu verhindern, dass jene Personen, die nicht in jeder Hinsicht den allgemeinen Normen entsprechen, marginalisiert und ausgeschlossen werden.
Der vorliegende Gesetzesentwurf basiert auf dem schweizerischen Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz - BehiG) , welches am 1. Januar 2004 in Kraft getreten ist, sowie auf dem österreichischen Bundesgesetz über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG), in Kraft getreten am 1. Januar 2006.
Die Vorlage sieht ein allgemeines Diskriminierungs- und Belästigungsverbot von Menschen mit Behinderungen vor. Auch bestehen Vorschriften zum Schutz vor Diskriminierung in der Arbeitswelt. Des Weiteren sind namhafte Verbesserungen für Menschen mit Behinderung insbesondere in den Bereichen der Bauten und
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Anlagen und der Verkehrswege und Verkehrsanlagen sowie im Bereich des öffentlichen Verkehrs vorgesehen. Bauten und Anlagen sowie öffentliche Verkehrsmittel sind barrierefrei bzw. anpassbar zu gestalten. Barrierefrei bedeutet, dass die betreffenden Bereiche für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind. Ziel der Anpassbarkeit ist, von diesem Gesetz betroffene Wohnanlagen und Wohnbauten einfach und mit geringem Aufwand an den Bedarf und an die Lebensentwicklung der Bewohner individuell anpassbar zu gestalten. Schliesslich sind in der Gesetzesvorlage Massnahmen im Bildungsbereich sowie Massnahmen zur besseren Integration von Menschen mit Behinderungen vorgesehen.
Zuständige Ressorts
Ressort Soziales
Ressort Familie und Chancengleichheit
Ressort Bauwesen
Betroffene Amtsstellen
Hochbauamt
Tiefbauamt
Schulamt
Amt für Berufsbildung
Berufsberatungsstelle
Amt für Volkswirtschaft
Amt für Soziale Dienste
Personelle und finanzielle Auswirkungen
Mit der Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz) soll eine bestehende Organisation mit den Aufgaben der rechtlichen oder faktischen Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen betraut werden (Art. 22). Dies kann im Rahmen einer Leistungsvereinbarung mit einer Amtsstelle erfolgen. Die Übernahme dieser Aufga-
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ben wird entsprechende finanzielle Konsequenzen zur Folge haben. Wie hoch diese sein werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht im Detail beziffern.
Auch wird diese Gesetzesvorlage bezüglich der Erteilung von baurechtlichen Bewilligungen einen gewissen Mehraufwand zur Folge haben. Vorerst wird auf die Schaffung von zusätzlichen Personalkapazitäten verzichtet. Vielmehr soll abgewartet werden, wie sich die Umsetzung des Gesetzes in der Praxis erweist.
Bezüglich der weiteren finanziellen Auswirkungen ist festzuhalten, dass die Umsetzung dieses Gesetzes erhebliche finanzielle Konsequenzen zur Folge haben wird. Einerseits sind die öffentlich zugänglichen Bauten und Anlagen, die Verkehrswege und Verkehrsanlagen sowie die öffentlichen Verkehrssysteme barrierefrei zu gestalten (vgl. auch Übergangsbestimmungen Art. 32). Andererseits sind Massnahmen, beispielsweise für Sprach-, Hör- oder Sehbehinderte sowie im Bildungsbereich einzuleiten und verschiedene Programme zur Gleichstellung von behinderten Menschen durchzuführen.
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Vaduz, 21. Februar 2006
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag den nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz, BGLG) zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
Das Gesetz über die Invalidenversicherung definiert in Art. 29 IVG Invalidität als ursachen- oder wirkungsbezogen als "die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit".
Lange Zeit galt Behinderung als eine individuelle Abweichung von der Norm eines gesunden, leistungsfähigen Menschen. Die medizinische und ökonomische Betrachtungsweise führte zu einer Individualisierung der Behindertenproblematik.
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Jedoch ist auch die sozio-kulturelle Dimension der Behinderung in die Betrachtungsweise einzubeziehen.
Unter dem Blickwinkel eines ganzheitlichen Ansatzes ist Behinderung nicht nur ein individuelles Problem, sondern ein Lebensbewältigungsproblem in einer bestimmten Gesellschaft und in einer bestimmten historischen Entwicklungsphase. Die kulturelle Dimension von Behinderung zeigt sich darin, dass somatische, psychische und psychosomatische Krankheitsbilder innerhalb einer Kultur und Sozialstruktur einer Gesellschaft bewertet und entsprechend dieser Bewertung institutionell erkannt oder auch negiert oder gar verdrängt werden. Entsprechend der Bewertung gestaltet sich das individuelle und gesellschaftliche Handeln. Behinderung muss gesehen werden als das Resultat eines komplexen Zusammenwirkens von individuellen, familiären, sozialen, ökonomischen, kulturellen und juristischen Gegebenheiten und Kräften. Als systematische Hindernisse erweisen sich beispielsweise architektonische Barrieren, mangelnde Berücksichtigung spezieller Bedürfnisse von Menschen mit Wahrnehmungsschwierigkeiten in den Medien und in öffentlichen Verkehrsmitteln etc. Soziale Strukturen können dazu beitragen, die Behinderung zu schaffen oder zu verstärken.
Die Gleichstellung von behinderten mit nicht behinderten Menschen ist eines der zentralen Anliegen der Sozialpolitik. Eng verknüpft mit der Achtung der Menschenrechte, fügt sie sich in die Perspektive der Politik der gegenseitigen Toleranz und Solidarität zwischen allen Mitgliedern unserer Gesellschaft ein. Auf dem Hintergrund einer möglichst umfassenden und ganzheitlichen Sozialpolitik verdient der Gedanke der Gleichstellung von Behinderten vollste Unterstützung.
Dies wurde bereits im Rahmen der Postulatsbeantwortung der Regierung an den Landtag über Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen behinderter Menschen vom 20. März 2002 (Nr. 22/2002) entsprechend dargelegt.
Menschen werden heute beispielsweise auf Grund einer Behinderung benachteiligt weil:
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Bauten, Gebäude und Anlagen nicht barrierefrei erreichbar und nutzbar sind.
Dienstleistungen, wie z. B. Restaurants oder Verkaufsgeschäfte nicht für alle zugänglich und nutzbar gemacht sind.
die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel teilweise nur mit grossen Schwierigkeiten möglich oder gar unmöglich ist.
der Zugang zu und die Nutzung von Informationen trotz der bestehenden technischen Möglichkeiten nicht gewährleistet ist.
der Zugang zum Arbeitsmarkt durch rechtliche und faktische Barrieren erschwert und ihre berufliche Laufbahn eingeschränkt wird.
Das Ziel dieser Gesetzesvorlage ist es, die Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen zu beseitigen und zu verhindern. Die gleichberechtigte chancengleiche Teilnahme am Leben in der Gesellschaft soll gewährleistet und eine selbstbestimmte Lebensführung soll ermöglicht werden.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2006 / 243
Landtagssitzungen
16. März 2006
Stichwörter
Behin­der­ten­gleichs­tel­lungs­ge­setz, BGLG
Gleichs­tel­lung von Men­schen mit Behinderungen