Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Versicherungsvermittlung (Versicherungsvermittlungsgesetz; VersVermG) sowie die Abänderung des Gewerbegesetzes, des Finanzmarktaufsichtsgesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Sorgfaltspflichtgesetzes
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Liechtenstein ist im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschafts-raum zur Umsetzung der vom Europäischen Parlament und des Rates der Euro-päischen Union im Dezember 2002 erlassenen Richtlinie 2002/92/EG über die Versicherungsvermittlung verpflichtet.
Ein Versicherungsbinnenmarkt erfordert, dass Versicherungsvermittler ihre Aktivitäten überall in der Europäischen Union ausführen und die vom Vertrag gewährleisteten Rechte der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs in Anspruch nehmen können. Versicherungsvermittler stellen eine wesentliche Verbindung beim Verkauf der Versicherungsprodukte in der Europäischen Union dar. Sie spielen auch eine entscheidende Rolle beim Schutz der Interessen von Versicherungskunden, vor allem, indem sie ihnen Rat und Unterstützung anbieten, und indem sie ihre spezifischen Bedürfnisse analysieren. Deshalb sind sie ein bedeutendes Element im Funktionieren des Versicherungsbinnenmarktes.
Die Richtlinie 2002/92/EG sieht vor, dass alle Vermittler in ihrem Herkunftsmitgliedstaat in einem Register eingetragen werden. Diese Eintragung setzt bestimmte Fachkenntnisse und Fähigkeiten voraus.
Zum Schutz der Versicherten sieht die Richtlinie 2002/92/EG umfassende Informations- und Beratungspflichten der Versicherungsvermittler vor.
Die Richtlinie 2002/92/EG wird in einem Spezialgesetz, dem Versicherungs-vermittlungsgesetz, umgesetzt. Ferner sind kleinere Anpassungen im Gewerbe-gesetz, Finanzmarktaufsichtsgesetz sowie im Versicherungsaufsichtsgesetz (VersAG) erforderlich. Mit dem Vollzug wird die Finanzmarktaufsicht (FMA) betraut.
Um den internationalen Vorgaben zu entsprechen, werden die Versicherungsmakler zudem in den persönlichen Geltungsbereich des Sorgfaltspflichtgesetzes aufgenommen.
Bei dieser Gelegenheit soll das Sorgfaltspflichtgesetz noch in weiteren Punkten angepasst werden.
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Zuständiges Ressort
Ressort Wirtschaft
Betroffene Institution
Finanzmarktaufsicht (FMA)
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Vaduz, 15. Februar 2006
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Versicherungsvermittlungsgesetzes sowie die Abänderung des Gewerbegesetzes, des Finanzmarktaufsichtsgesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Sorgfaltspflichtgesetzes zu unterbreiten.
Mit ihrem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen will die EU einen integrierten Privatkundenmarkt schaffen, auf dem sowohl die Interessen der Verbraucher als auch die der Dienstleister angemessen geschützt sind. Die Versicherungsvermittlung wird darin als einer der Bereiche aufgeführt, in dem vorrangig gehandelt werden muss. Ein klares, einheitliches Regelungskonzept für Versicherungsvermittler sei unerlässlich, um die Möglichkeit zu gewährleisten, uneingeschränkt grenzübergreifend Versicherungsleistungen anzubieten, und um ein hohes Niveau des Schutzes der Versicherungsnehmer zu erhalten.
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Versicherungsvermittler sind wichtige Träger des Verkaufs von Versicherungsprodukten. Auch beim Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer spielen Versicherungsvermittler eine wichtige Rolle, und zwar nicht nur durch den Vertrieb von Versicherungsprodukten verschiedener Versicherungsunternehmen, sondern vor allem auch dadurch, dass sie die Versicherungsnehmer beraten und ihnen helfen, indem sie ihre spezifischen Bedürfnisse analysieren. Die Bedeutung dieses Umstandes dürfte zum Einen durch die Verschärfung des Wettbewerbs und zum Anderen durch die grössere Komplexität der Versicherungspolicen zunehmen. Angesichts der zentralen Rolle, die die Vermittler beim Vertrieb häufig komplexer Finanzprodukte spielen, muss alles dafür getan werden, dass den Verbrauchern kein Schaden durch die Verletzung der aus der Vermittlertätigkeit resultierenden Pflichten entsteht.
In Bezug auf die Versicherungsunternehmen ist der Versicherungsbinnenmarkt weitgehend vollendet. Aufgrund des mit den Dritten Richtlinien geschaffenen Rechtsrahmens unterliegt jedes Versicherungsunternehmen seit Juli 1994 einem System der einheitlichen Zulassung und Beaufsichtigung durch den Mitgliedstaat, in dem es seinen Sitz hat. Mit diesem "europäischen Pass" kann es überall in der Gemeinschaft tätig werden - über Niederlassungen oder durch grenzüberschreitende Dienstleistungen. Durch diese Regelung hat sich die Zahl der Abschlüsse erhöht, insbesondere im Bereich der gewerblichen Grossrisiken. Bei den Versicherungsverträgen für Privatpersonen hat sich die Marktöffnung hingegen weniger stark ausgewirkt. Dies liegt zum Teil daran, dass noch kein europäischer Rechtsrahmen für Versicherungsvermittler besteht, der es letzteren gestatten würde, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr im Binnenmarkt voll zu nutzen. So ist es Versicherungsvermittlern häufig nicht möglich, die Wünsche von Kunden zu befriedigen, die ein Risiko in einem anderen Mitgliedstaat versichern möchten. Die für Versicherungsvermittler erlassenen Gemeinschaftsvorschriften (Richtlinie 77/92/EWG und Empfehlung 92/48/EWG) haben zwar zur Angleichung der nationalen Regelungen beigetragen. Trotzdem unter
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liegen Versicherungsvermittler aber nach wie vor in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen, wodurch die nationalen Märkte abgeschottet werden und Behinderungen für die grenzübergreifende Ausübung der Vermittlertätigkeit entstehen.
Aus diesen Gründen haben das Europäische Parlament und der Rat am 9. Dezember 2002 eine Richtlinie über die Versicherungsvermittlung erlassen, die mit dem vorliegenden Entwurf ins liechtensteinische Recht umgesetzt werden soll.