Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend Die Totalrevision des Berufsbildungsgesetzes
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Das liechtensteinische Berufsbildungsgesetz soll total revidiert werden. Eine Gesetzesrevision zum jetzigen Zeitpunkt ist sinnvoll und angezeigt zur Angleichung an das in der Schweiz im Jahre 2004 in Kraft gesetzte "Bundesgesetz über die Berufsbildung vom 13. Dezember 2002" hinsichtlich einer analogen Terminologie in der Berufsbildung und der Anpassung an die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen und Bedürfnisse. Die langjährig gute und sehr erfolgreiche Zusammenarbeit in den Bereichen der beruflichen Grund- und Weiterbildung mit dem Nachbarland Schweiz soll auch in Zukunft fortgesetzt werden.
Mit dieser Vorlage wird dem Bedarf nach einem zeitgemässen und modernen Gesetz Rechnung getragen. In Anlehnung an eine vom Landtag einhellig an die Regierung überwiesene Motion wird ein für den Benutzer verständliches, kompaktes und handhabbares Gesetzeswerk geschaffen. Die Gesetzesvorlage legt besonderes Augenmerk auf die Chancengleichheit und eine verstärkte Durchlässigkeit der Bildungsgänge. Sie gibt kein einheitliches Grundmodell für den Aufbau der beruflichen Grundbildung vor. Aufbau und zeitliche Einteilung der Berufslehre sollen sich nach den Anforderungen der jeweiligen Berufstätigkeit richten. Somit wird für die Akteure der notwendige Freiraum geschaffen, innerhalb dessen unterschiedliche Wege zur Erreichung möglichst bedarfgerechter Qualifikationen möglich sind. Gesetzlich neu eingeführt wird neben der bisherigen klassischen Berufslehre eine zweijährige Grundbildung mit Berufsattest. Die Anlehre wird ebenfalls beibehalten.
Weiters werden die höhere Berufsbildung sowie die berufsorientierte Weiterbildung geregelt. Die Gesetzesvorlage nimmt eine Trennung zur Erwachsenenbildung vor, indem diese ausdrücklich vom Geltungsbereich dieser Gesetzesvorlage ausgeschlossen wird.
Hinsichtlich der Prüfungen und Abschlüsse wird neu von Qualifikationsverfahren gesprochen. Dadurch wird der Einsatz unterschiedlicher Methoden und Instrumente zur Kompetenzfeststellung ermöglicht. Im Sinne einer Flexibilisierung des Systems ist es möglich, mit unterschiedlichen Bildungsgängen zu gleichen Abschlüssen zu kommen.
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Zum Zwecke der Qualitätssicherung und -verbesserung müssen Lehrbetriebe in Zukunft über Ausbildungsverantwortliche verfügen. Sie sollen nicht nur eine erstmalige (Grund-)ausbildung (neben einem Fähigkeitsausweis auch eine berufspädagogische Qualifikation) sowie berufliche Praxis nachzuweisen haben, sondern zur steten Weiterbildung angehalten werden.
Die Gesetzesvorlage regelt zudem die Finanzierung der Berufsbildung.
Zuständiges Ressort
Ressort Bildungswesen
Betroffene Amtsstellen
Amt für Berufsbildung und Berufsberatung
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Vaduz, 23. Oktober 2007
RA 2007/2785
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des Berufsbildungsgesetzes an den Landtag zu unterbreiten.
In Liechtenstein hat die Lehrlingsausbildung Tradition. Diese geht auf die Zwanziger- und Dreissiger-Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Erstmals wurde 1936 ein "Gesetz betreffend das Lehrlingswesen" erlassen, das zwei wesentliche Fortschritte brachte, nämlich die Pflicht des Gewerbeschulbesuches und der Ablegung der Lehrabschlussprüfung. Es waren jedoch längere Bemühungen der damaligen "Lehrlingskommission" nötig, bis diese Forderungen restlos erfüllt wurden.
Seither besuchen Lehrlinge mit Lehrort Liechtenstein zumeist schweizerische Berufsfachschulen. Die Ausbildung in der beruflichen Praxis (berufliche Grundausbildung) richtete sich bis zum Inkrafttreten des heutigen Berufsbildungsgeset-
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zes (LGBl. 1976 Nr. 55) am 1. September 1976 nach oben erwähntem Lehrlingsgesetz.