Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2007 / 141
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass und Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlagen
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den Regierungsvorlagen
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
7.Finan­zi­elle und per­so­nelle Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Abän­de­rung des Sachenrechts
2.Ände­rung des Gesetzes über die Aus­übung der Gerichts­bar­keit und die Zustän­dig­keit der Gerichte in bür­ger­li­chen Rechtssa­chen (Juris­dik­ti­ons­norm, JN)
3.Abän­de­rung des Gesetzes über das Exe­ku­tions- und Rechts­si­che­rungs­ver­fahren (Exe­ku­ti­ons­ord­nung, EO)
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Sachenrechts (SR), der Jurisdiktionsnorm (JN) und der Exekutionsordnung (EO)
 
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Der Anlass für die gegenständlichen Vorlagen ergibt sich aus der Notwendigkeit der Modernisierung der sachenrechtlichen Grundlagen, welche in Liechtenstein im Wesentlichen seit der Einführung des Sachenrechts im Jahre 1923 unverändert geblieben sind und daher nicht mehr geeignet sind, den modernen Herausforderungen, insbesondere an eine zeitgemässe Grundbuchführung, zu entsprechen. Diese Bemühungen entspringen nicht zuletzt dem Bewusstsein, dass ein modernes Sachenrecht zu den entscheidenden institutionellen Rahmenbedingungen einer funktionsfähigen Wirtschaft zählt und somit ein wichtiger Standortfaktor ist.
Während in den vergangenen Jahrzehnten das Sachenrecht in der Schweiz, welches als Rezeptionsvorlage des heutigen liechtensteinischen Sachenrechts diente, verschiedentlich novelliert worden ist, wurden diese Änderungen von Liechtenstein nicht bzw. nur unvollständig nachvollzogen. Die letzten grösseren Änderungen im liechtensteinischen Sachenrecht erfolgten im Jahre 1969, als die materiellen Vorschriften über das Miteigentum ergänzt und diejenigen über das Stockwerkeigentum (LGBl. 1965 Nr. 25) und über das Baurecht (LGBl. 1969 Nr. 40) eingeführt wurden. Eine kleinere Teilrevision erfolgte im Jahre 2003, als die Vorschriften betreffend die elektronische Grundbuchführung (LGBl. 2003 Nr. 220) geschaffen wurden.
Nicht zuletzt aufgrund dieser nur fragmenthaften Fortentwicklung des liechtensteinischen Sachenrechts erweisen sich die derzeitigen Bestimmungen über die Grundbuchführung und die vom Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt anzuwendenden sachenrechtlichen Bestimmungen zunehmend als unzureichend, um den Herausforderungen der Gegenwart und noch vielmehr der Zukunft gerecht werden zu können. So zeigt sich bei den Bemühungen des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramts zur Bereinigung des Grundbuches und damit einhergehend zur längst überfälligen Einführung des Grundbuches gemäss Sachenrecht, welches erst die vollen Wirkungen des Sachenrechts zeitigt, dass die derzeitigen Vorgaben des liechtensteinischen Gesetzgebers zum einen nicht den Anforderungen einer modernen Grundbuchführung entsprechen und zum anderen nicht geeignet sind, eine rasche Modernisierung des stark bereinigungsbedürftigen Grundbuches zu unterstützen bzw. zu fördern. Ein wesentlicher Grund hierfür sind nicht zuletzt
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auch die unzureichenden übergangsrechtlichen Vorschriften über die Bereinigung der bisherigen Grundbucheinrichtungen.
Da ausserdem die technische Entwicklung auch vor der Grundbuchführung nicht Halt gemacht hat, wurde zwar bereits im Jahr 1995 die vom Kanton Thurgau betriebene Grundbuchsoftware "Terris" angeschafft, diese jedoch in den ersten Jahren nur äusserst beschränkt eingesetzt. So wurden anfänglich lediglich die für Liechtenstein separat installierte Geschäftskontrolle und die Tagebuchführung in Betrieb gesetzt. Seit dem Jahre 2002 wurde schliesslich "versuchsweise" und ab 2003 nach Schaffung der gesetzlichen Voraussetzungen das Grundbuch zunehmend mittels "Terris", sohin als "EDV-Grundbuch" geführt.
Aufgrund der Tatsache, dass noch im Jahre 1996 keine Vorschriften für die elektronische Grundbuchführung sowie auch keine Grundbuchverordnung existierten, wurde seitens der Regierung damals eine Kommission mit dem Auftrag bestellt, in einem ersten Schritt ein Grundbuchbereinigungsgesetz auszuarbeiten, um dann in der Folge das Schweizerische Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Teilrevision des ZGB (Immobiliarsachenrecht) und des OR (Grundstückskauf) in die liechtensteinische Rechtsordnung zu integrieren sowie die rechtliche Grundlage für das EDV-Grundbuch auszuarbeiten. Bei den Kommissionsarbeiten zeigte sich, dass das Sachenrecht nicht nur im Hinblick auf das in der Schweiz am 1. Januar 1994 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Teilrevision des ZGB (Immobiliarsachenrecht) und des OR (Grundstückskauf) und das am 1. April 2003 teilweise in Kraft getretene Bundesgesetz vom 4. Oktober 2002 über die Teilrevision des ZGB ("Tiere sind keine Sachen") revisionsbedürftig ist, sondern auch in zahlreichen weiteren, mit dem Sachenrecht und der Grundbuchführung zusammenhängenden Bereichen, sodass eine gesamte Überarbeitung aller einschlägigen Bestimmungen immer mehr geboten schien. Die Kommission erarbeitete in der Folge mehrere Gesetzes- und Verordnungsentwürfe mit dem Ziel, das Sachen- und Grundbuchrecht sowie die damit im Zusammenhang stehenden Gesetze gleichzeitig auf einen aktuellen Stand zu bringen.
Da die Kommissionstätigkeit ab dem Jahre 2001 jedoch mehrfach unterbrochen worden war und deren Abschluss, insbesondere aufgrund ihrer Befassung mit weiteren Projekten (Totalrevision der Vermessungsgesetzgebung) nicht absehbar war, fasste die Regierung Ende 2004 den Beschluss, die Kommission unter Ver-
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dankung ihrer Dienste aufzulösen und das Ressort Justiz unter Mitwirkung des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramts mit der Erstellung eines Vernehmlassungsberichtes sowie der Grundbuchverordnung (GBV) zu beauftragen.
Nach zwischenzeitlich erfolgter Vernehmlassung basiert der nunmehr vorliegende Bericht und Antrag zum einen auf den Kommissionsarbeiten und berücksichtigt im Weiteren die seither veranlassten Arbeiten des Ressorts Justiz, die Vorschläge des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramts (insbesondere hinsichtlich der Realisierung des elektronischen Geschäftsverkehrs) und natürlich die Ergebnisse der Vernehmlassung. Die im Rahmen dieser zwischenzeitlich im Sommer 2006 erfolgten Vernehmlassung mitbehandelten Anpassungen zur Umsetzung der derzeit in der Schweiz anstehenden Teilrevision des Immobiliarsachen- und Grundbuchsrecht wurde zum grössten Teil aus dem Vorlagenpaket herausgenommen, um dem weiteren Verlauf der schweizerischen Revision nicht vorzugreifen. Ebenso wurde die Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juni 2002 über Finanzsicherheiten aus dem Projekt herausgenommen und im Rahmen eines separaten Vorlagenpaketes bereits vom Landtag verabschiedet (LGBl. 2007 Nr. 38 bis 45).
Als Schwerpunkte des vorliegenden Bericht und Antrags zur Abänderung des Sachenrechts und weiterer Gesetze bleiben nunmehr:
1.die Modernisierung des Grundbuchrechts im Allgemeinen mit Schaffung einer Grundbuchverordnung und praktikableren Mitteln zur Bereinigung des Grundbuches. Darin enthalten sind nicht nur die Mittel zur Bereinigung der dinglichen Rechte sowie der Vormerkungen und Anmerkungen, sondern auch Vorschriften über die Auflage der bereinigten Register sowie die Anlegung des neuen Grundbuches und dessen Inkraftsetzung;
2.die Umsetzung weiterer Verbesserungs- bzw. Modernisierungsschritte, jedoch zum grössten Teil ohne jene Änderungen, die im Rahmen der pendenten schweizerischen Revision des Immobiliarsachen- und Grundbuchsrechts im Vernehmlassungsbericht bereits vorgesehen waren.
Die Regierung ist überzeugt, dass mit dem vorliegenden Bericht und Antrag zur Abänderung des Sachenrechts und weiterer Gesetze ein wichtiges Massnahmenpaket zur Stärkung der institutionellen Rahmenbedingungen vorgeschlagen wird.
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Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramt, Tiefbauamt, Fürstliches Landgericht, Fürstliches Obergericht, Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten, Gemeinden, Nachführungsgeometer
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Vaduz, 13. November 2007
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Sachenrechts (SR), der Jurisdiktionsnorm (JN), und der Exekutionsordnung (EO) zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Das liechtensteinische Sachenrecht vom 31. Dezember 1922, LGBl. 1923 Nr. 4, welches im Wesentlichen dem "Vierten Teil" des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) entspricht, ist am 1. Februar 1923 als erster Teil des geplanten, jedoch nie realisierten "Liechtensteinischen Zivilgesetzbuches" in Kraft getreten. Während grosse Teile des ZGB praktisch wortgleich in das liechtensteinische Sachenrecht übernommen worden sind, ging Liechtenstein hinsichtlich der Vorschriften über das Grundbuch einen etwas anderen Weg. Während die Bestimmungen der Art. 641 bis 941 ZGB praktisch deckungsgleich in das liechtensteinische Sachenrecht übernommen wurden, erfolgte hinsichtlich der Bestimmungen der Art. 942 bis 977 ZGB und der Verordnung des Bundesrates betreffend das Grundbuch vom 22. Februar 1910 (GBV) keine gleichartige Übernahme ins liechtensteinische Sachenrecht, sondern wurden die in der Schweiz mittels Gesetz und Verordnung
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(GBV) geregelten Tatbestände mit teils erheblichen Abänderungen auf Gesetzesstufe (Art. 521 bis 632 Sachenrecht (SR)) geregelt. Daneben wurde die Regierungsverordnung zum Sachenrecht vom 1. Mai 1924, LGBl. 1924 Nr. 13, erlassen, welche wohl als Pendant zum (kantonalen) Einführungsgesetz für das Grundbuch dienen sollte.
LR-Systematik
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214
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272
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281
LGBl-Nummern
2008 / 141
2008 / 140
2008 / 139
Landtagssitzungen
13. März 2008
13. Dezember 2007
Stichwörter
Anmer­kung
ding­liche Rechte, Sachenrecht
EDV-Grundbuch
Exe­ku­ti­ons­ord­nung, EO, Abänderung
Grund­buch
Grund­buch, elek­tro­ni­scher Geschäftsverkehr
Grund­buch­füh­rung
Juris­dik­ti­ons­norm, JN, Abänderung
Moder­ni­sie­rung, Grundbuchrecht
Öffent­lich­keits­re­gister
Sachen­recht, Abänderung
Vor­mer­kung