Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des Prospektgesetzes, die Abänderung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes und die Abänderung des Gesetzes über die Investmentunternehmen
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Im Rahmen der Harmonisierung des Europäischen Rechts betreffend die Wertpapierdienstleistungen haben das Europäische Parlament und der Rat im November 2003 die Richtlinie 2003/71/EG betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (in Folge "Prospektrichtlinie") verabschiedet, welche in das EWR-Abkommen übernommen wurde.
Aufgrund der Mitgliedschaft Liechtensteins im EWR ist diese Richtlinie in liechtensteinisches Recht umzusetzen. Ziel der Prospektrichtlinie ist die Harmonisierung des Rechtsrahmens und Vollendung des Binnenmarktes für Wertpapiere auf europäischer Ebene. Gemeinschaftsweit soll dadurch ein gleichwertiger Anlegerschutz erreicht und der Zugang zu Anlagekapital seitens der Emittenten erleichtert werden. Die wesentlichen Aspekte bei der Umsetzung der Prospektrichtlinie sind:
Verbesserung der Qualität der Informationen, welche den Anlegern durch Emittenten zur Verfügung gestellt werden. Dabei steht vor allem die verstärkte Harmonisierung bezüglich der Erstellung und dem Inhalt eines Prospekts sowie bezüglich der Informations- und Offenlegungspflichten seitens der Emittenten im Vordergrund.
Einrichtung eines Verfahrens für die Einmalzulassung von Prospekten (Europapass). Ist ein Prospekt in einem EWR-Mitgliedstaat zugelassen, wird er im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) dank eines vereinheitlichten Notifikationsverfahrens akzeptiert.
Bei der Prospektrichtlinie handelt es sich um eine Rahmenrichtlinie. Um die Bestimmungen der Prospektrichtlinie zu präzisieren, ist im Wege des Komitologieverfahrens
1 die Verordnung (EG) Nr. 809/2004 der Kommission vom 29. April 2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates -
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betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte sowie die Verbreitung von Werbung (in Folge "EG-Prospektverordnung") erlassen worden.
Die Prospektrichtlinie wird in Liechtenstein durch die Totalrevision des Prospektgesetzes sowie durch eine Ergänzung des Gesetzes über die Investmentunternehmen umgesetzt. Aufgrund der Umbenennung des Prospektgesetzes bedarf es ebenfalls einer Anpassung des Finanzmarktaufsichtgesetzes. Die EG-Prospektverordnung bedarf keiner Umsetzung, sie gilt es unmittelbar anzuwenden.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Behörde
Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein
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Vaduz, 3. April 2007
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1 | Bei der Prospektrichtlinie handelt es sich um eine Rahmenrichtlinie in der im Jahr 2001 auf dem Europäischen Gipfel von Stockholm auf der Grundlage des "Lamfalussy"-Berichts vereinbarten neuen Form: Die durch die Richtlinie vorgegebenen Rahmengrundsätze werden im so genannten "Komitologieverfahren" bei der EU-Kommission auf Basis von Vorschlägen des Ausschusses der Europäischen Wertpapierregulierungsbehörden ("CESR") durch technische Durchführungsdetails präzisiert. |
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Die EU sieht mit ihrem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen die Schaffung eines vollumfänglich harmonisierten Binnenmarktes für Wertpapiere vor, der im EWR-Raum für Transparenz hinsichtlich der Wertpapierdienstleistungen sorgt und das Vertrauen in die Wertpapiermärkte erhöht. Mittels standardisierter Informationen und Verfahren sollen die Anleger geschützt und der Erwerb von Wertpapieren EWR-weit erleichtert werden. Seitens der Unternehmen bedeuten harmonisierte Vorschriften eine Verbesserung des Zugangs zum Kapital und Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für sämtliche Marktteilnehmer.
Die Prospektrichtlinie stellt ein wichtiges Instrument zur Vervollständigung des Harmonisierungsprozesses im Bereich der Wertpapierdienstleistungen dar und führt in diesem Zusammenhang
zur Aufhebung der Richtlinie 89/298/EWG des Rates vom 17. April 1989 zur Koordinierung der Bedingungen für die Erstellung, Kontrolle und Verbreitung des Prospekts, der im Falle öffentlicher Angebote von Wertpapieren zu veröffentlichen ist (Rechtsgrundlage des bisherigen liechtensteinischen Prospektgesetzes); und stellt
eine Ergänzung und Abänderung der Richtlinie 2001/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zulassung von Wertpapieren zur amtlichen Börsennotierung und über die hinsichtlich dieser Wertpapiere
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zu veröffentlichenden Informationen, die mehrere Richtlinien auf dem Gebiet der Wertpapiernotierung kodifiziert
2, dar.
Mangels einer Börse wurde in Liechtenstein letztere Richtlinie lediglich hinsichtlich der Bestimmungen der Richtlinie 88/627/EWG (über die bei Erwerb und Veräusserung einer bedeutenden Beteiligung an einer börsennotierten Gesellschaft zu veröffentlichenden Informationen) umgesetzt. Die Umsetzung erfolgte im Offenlegungsgesetz, welches durch die im Rahmen des gegenwärtigen Harmonisierungsprozesses vorgesehenen Ergänzungen bzw. Änderungen nicht tangiert wird.
Die Umsetzung der Prospektrichtlinie erfolgt in Liechtenstein hauptsächlich durch die Totalrevision des Prospektgesetzes sowie durch eine Ergänzung des IUG. Bei der Revision des Prospektgesetzes handelt es sich um eine Totalrevision sowohl in materieller als auch in formeller Hinsicht. Das bestehende Gesetz erfährt einerseits inhaltlich bedeutende Änderungen bzw. Neuerungen und bedarf zudem aus Gründen der Lesbarkeit und Übersichtlichkeit einer neuen Nummerierung und Struktur. Da mit dem Fokus der Prospektrichtlinie nun eine verstärkte Regulierung des Wertpapierbinnenmarktes erfolgt, wird dem Gesetz im Weiteren ein materiell konkretisierender Name gegeben und in Wertpapierprospektgesetz (WPPG) umbenannt.
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2 | Die Richtlinie 2001/34/EG fasst folgende Richtlinien zusammen: Richtlinie 79/279/EWG, Richtlinie 80/390/EWG, Richtlinie 82/121/EWG sowie Richtlinie 88/627/EWG. |
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