Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Genehmigung von Ergänzungs- und Nachtragskrediten zu den im Rahmen der EWR-Mitgliedschaft eingegangenen Finanzverpflichtungen
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Aus seiner Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ergeben sich für Liechtenstein auch diverse finanzielle Verpflichtungen. Die Beiträge für die verschiedenen Budgetposten werden über unterschiedliche Berechnungsmethoden ermittelt, welche grossteils auf dem Bruttoinlandprodukt (BIP) der betroffenen Staaten beruhen. Anlass für den vorliegenden Bericht und Antrag ist ein Wechsel in der Berechnung des liechtensteinischen BIP. Bis ins Jahr 2001 verfügte Liechtenstein nicht über eigene BIP-Zahlen, weshalb es im Rahmen des EWR von der Verpflichtung, eigene BIP-Zahlen zu liefern, befreit war. Zur Berechnung seiner Budgetanteile wurden für Liechtenstein die BIP-Zahlen der Schweiz verwendet, angepasst an das Verhältnis der Bevölkerungszahl Liechtenstein /Schweiz.
Gestützt auf eine Ergänzung des Statistikgesetzes wurde im Jahre 2001 die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) eingeführt. Damit war Liechtenstein auch in der Lage, eigene BIP-Zahlen zu generieren. Diese liegen allerdings höher als die früheren "künstlichen" BIP-Zahlen. Dies zieht Auswirkungen auf die Finanzverpflichtungen Liechtensteins im Rahmen des EWR nach sich. Die Regierung beantragt folglich beim Landtag Ergänzungskredite von total
EURO 7.02 Millionen sowie Nachtragskredite für das Rechnungsjahr 2007 von CHF 0.8 Millionen.
Zuständige RessortS
Ressorts Präsidium, Finanzen, Bildungswesen, Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Mission Brüssel, Stabsstelle Finanzen, Stabsstelle EWR, Amt für Volkswirtschaft, Schulamt, Amt für Berufsbildung
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Vaduz, 24. April 2007
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Genehmigung von Ergänzungs- und Nachtragskrediten zu den im Rahmen der EWR-Mitgliedschaft eingegangenen Finanzverpflichtungen zu unterbreiten.
Aus seiner Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ergeben sich für Liechtenstein auch finanzielle Verpflichtungen. Dabei handelt es sich einerseits um Beiträge für den Unterhalt der Institutionen wie des EFTA-Gerichtshofs (EFTAGH), der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) sowie des EFTA-Sekretariats. Andererseits fallen projektbezogene Kosten für die Beteiligung Liechtensteins an diversen EU-Programmen sowie am Finanzmechanismus zugunsten wirtschaftlich schwächerer EWR-Mitgliedsstaaten an.
Die Beiträge für die verschiedenen genannten Positionen werden über unterschiedliche Berechnungsmethoden ermittelt, welche grossteils auf dem Bruttoinlandprodukt (BIP) der betroffenen Staaten beruhen. Anlass für den vorliegenden
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Bericht und Antrag ist ein Wechsel in der Berechnung des liechtensteinischen BIP, welcher Auswirkungen auf die Finanzverpflichtungen Liechtensteins im Rahmen des EWR nach sich zieht. Dazu folgen später genauere Ausführungen.
Die nachstehende Tabelle zeigt die liechtensteinischen Verpflichtungen auf, die aufgrund der bisherigen Berechnungsmethoden für das Jahr 2007 bestehen und ins Landesbudget aufgenommen wurden. Sie beruhen auf den Zahlen, wie sie sich aus dem provisorischen EWR-Programmbudget im November 2006 ergaben. Verbucht werden die liechtensteinischen Beitragszahlungen im Rahmen des EWR unter dem Konto 054.367.00 der Mission des Fürstentums Liechtenstein bei den Europäischen Gemeinschaften in Brüssel.
Konto 054.367.00 | Mission bei den Europäischen Gemeinschaften EWR-Mitgliedsbeiträge |
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01 | | EFTA-Gerichtshof und ESA | CHF | 463'000 |
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02 | | Finanzinstrument 1999-2003 | CHF | 266'000 |
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03 | | Programmbeteiligungen allgemein | CHF | 1'277'000 |
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04 | | Finanzmechanismus 2004-2009 | CHF | 814'000 |
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Total | | | CHF | 2'820'000 |
Die jeweiligen Beträge ergeben sich auf Grund der folgenden Berechnungsmethoden, welche später detailliert erläutert werden, wobei das Finanzinstrument 1999-2003 nicht mehr aufgeführt wird, weil die Veränderung des BIP darauf keinen Einfluss mehr hat:
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Position | Verteilschlüssel |
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Institutionen | |
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EFTAGH | fixer Beitrag von 2% des Jahresbudgets |
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ESA | fixer Beitrag von 2% des Jahresbudgets |
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EFTA-Sekretariat (Genf und Brüssel) | über dem BIP liegender Mindestbetrag, zuzüglich Aufrechnungsfaktor |
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EU-Programme | |
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Gesamt-EWR (zur Berechnung des gesamthaften EFTA/EWR-Anteils) | BIP aller 30 EWR-Mitgliedstaaten |
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EFTA/EWR (zur Berechnung der Anteile der 3 EFTA-EWR-Staaten untereinander | Wie Sekretariat, aber nur Island, Liechtenstein und Norwegen und ohne Multiplikator |
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Finanzmechanismus 2004 - 2009 | BIP FL / BIP der Schweiz gemäss Bevölkerungsverhältnis Liechtenstein/ Schweiz
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Hinsichtlich der ersten beiden Institutionen wurde zwischen den EWR-EFTA -Mitgliedstaaten Island, Liechtenstein und Norwegen ein Verteilschlüssel vereinbart, wobei auf Liechtenstein ein Anteil von 2% des Jahresbudgets entfällt. Die Kosten des EFTA-Sekretariats werden nach einem anderen Verteilschlüssel auf die vier EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) verteilt. Zwar arbeiten etwa zwei Drittel der Mitarbeitenden des EFTA-Sekretariats für EWR--
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Angelegenheiten, doch beteiligt sich auch die Schweiz an den entsprechenden Kosten auf Grund ihrer Beobachterrolle und ihrer Interessen hinsichtlich der EFTA-Freihandelsabkommen, welche auch von den Entwicklungen in Brüssel beeinflusst werden. Dieser Verteilschlüssel basiert auf einer Formel, welcher für Norwegen und die Schweiz das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Grunde legt. Für Island und Liechtenstein einigte man sich 1992 auf einen Mindestsatz zuzüglich Aufrechnungsfaktor.
Zum Zweiten fallen Kosten für die Beteiligung Liechtensteins an den EU-Programmen an, v.a. im Bereich Forschung und Entwicklung, aber auch Bildung, Statistik oder Zugang von KMUs zum Binnenmarkt. Liechtensteins Teilnahme an weiteren Programmen, die dem Land auf den ersten Blick nur beschränkten Nutzen bringen mögen, rechtfertigt sich unter dem Aspekt der Solidarität mit den beiden EWR-EFTA-Partnern. Durch die Beteiligung Liechtensteins - und damit aller drei EWR-EFTA-Staaten - an einem Programm wird eine Teilnahme ermöglicht, bzw. im Vergleich zu einer bilateralen Beteiligung erleichtert und verbilligt. Der Gesamtbetrag, der von den EWR-EFTAStaaten zu finanzieren ist, leitet sich in einem ersten Schritt aus einer Formel der BIP aller 30 EWR-Staaten
1 ab. Der auf die EWR-EFTA-Staaten entfallende Anteil wird in einem zweiten Schritt intern unter ihnen nach der BIP-Formel (d.h. im Verhältnis des BIP der drei Staaten zueinander) verteilt. Im Landesvoranschlag wurden bis anhin sämtliche Programmbeteiligungen unter Konto 054.367.00.03 (Programmbeteiligungen allgemein) budgetiert. Ab dem Jahr 2007 werden die Beiträge für das 6. Forschungsrahmenprogramm als eigenes Unterkonto ausgewiesen, da diese auf einem eigenen vom Landtag beschlossenen Verpflichtungskredit beruhen
2 (siehe auch BuA Nr. 97/2002). Aus demselben Grund werden auch die neuen, im Jahr 2007 zur Übernahme anstehenden Programme ("7. Rahmenprogramm Forschung und Entwick-
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lung", "Lebenslanges Lernen", "Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP)") als eigene Unterkonti ausgewiesen werden. Der Übernahme der beiden erstgenannten Programme hat der Landtag in seiner Sitzung vom Dezember 2006 bereits zugestimmt, die entsprechenden Beschlüsse im Rahmen des EWR konnten jedoch aufgrund der späten Verabschiedung der Programme auf Seiten der EU sowie der Verzögerungen bei den EWR-Erweiterungsverhandlungen noch nicht gefasst werden. Die Übernahme des Rahmenprogramms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation wird dem Landtag mittels separatem Bericht und Antrag vorgelegt.
Zum Dritten ergeben sich finanzielle Verpflichtungen aus den Kohäsionszahlungen an wirtschaftlich schwächere EU-Mitgliedstaaten, insbesondere im Rahmen des Finanzmechanismus 2004-2009. Auch hier gilt grundsätzlich der BIP-Verteilschlüssel. Für den Finanzmechanismus wurde ein Gesamtbetrag festgelegt. Die jeweiligen Auszahlungsbeträge können allerdings je nach Projektentwicklung von Jahr zu Jahr stark schwanken.
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1 | 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein und Norwegen. Obwohl der Beitritt Bulgariens und Rumäniens zum EWR formell zum 1.1.2007 nicht erfolgen konnte, sind diese beiden neuen EU-Mitgliedstaaten bei den Berechnungen dennoch berücksichtigt worden. |
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2 | Finanzbeschluss vom 22.11.2002, LGBl. 2003 Nr. 5. |
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