Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
Zur Vorläufigen Anwendung des Abkommens zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft zur Änderung des Abkommens vom 19. Dezember 1996 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Direktversicherung
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Am 1. Juli 2006 ist das Gesetz vom 17. Mai 2006 über die Versicherungsvermittlung (Versicherungsvermittlungsgesetz, VersVermG), LGBl. 2006 Nr. 125, in Kraft getreten. Versicherungsvermittler unterliegen aufgrund dieses Gesetzes einer Bewilligungs- und Registrierungspflicht. Mit Bewilligung der Finanzmarktaufsicht (FMA) können die Versicherungsvermittler im Rahmen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit grenzüberschreitend in allen Mitgliedstaaten des EWR-Abkommens tätig werden. Versicherungsvermittler, welche diese Tätigkeit in Liechtenstein am 1. Juli 2006 bereits ausgeübt haben, müssen der FMA bis zum 1. Juli 2007 ein Bewilligungsgesuch einreichen. Andernfalls ist die Vermittlertätigkeit in Liechtenstein nicht mehr zulässig. Im Rahmen der Revision des schweizerischen Versicherungsaufsichtsrechts wurde auf den 1. Januar 2006 ebenfalls eine Registrierungspflicht für Versicherungsvermittler eingeführt. Die Registrierungsvoraussetzungen für Versicherungsvermittler in der Schweiz entsprechen den Bewilligungsvoraussetzungen des liechtensteinischen Versicherungsvermittlungsgesetzes.
Eine grenzüberschreitende Tätigkeit von in Liechtenstein registrierten Versicherungsvermittlern in der Schweiz bzw. von in der Schweiz registrierten Versicherungsvermittlern in Liechtenstein ist derzeit mangels entsprechender staatsvertraglicher Vereinbarung nicht möglich. Nach Ablauf der einjährigen Übergangsfrist am 1. Juli 2007 dürfen schweizerische Versicherungsvermittler zudem ohne Sitz in Liechtenstein und ohne entsprechende Bewilligung der FMA in Liechtenstein nicht mehr tätig sein. Für Versicherungsvermittler, die sowohl in Liechtenstein als auch in der Schweiz tätig sind, wäre damit eine Doppelregistrierung in beiden Ländern notwendig.
Das liechtensteinische Versicherungsvermittlungsgesetz sieht vor, dass der Anwendungsbereich von Bestimmungen, die sich auf die grenzüberschreitende Versicherungsvermittlung innerhalb der Vertragsstaaten des EWR-Abkommens beziehen, staatsvertraglich mit einem Drittstaat dahingehend erweitert werden kann, dass dieser einem EWR-Vertragsstaat gleichgestellt wird, sofern die Rechtsordnung des betreffenden Staates gleichwertige Regelungen zur Versicherungsvermittlung enthält.
Aufgrund einer im schweizerischen Nationalrat eingereichten Motion sowie diversen Anfragen seitens liechtensteinischer und schweizerischer Versicherungsvermittler wurden zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden Liechtensteins und der Schweiz zu Beginn des Jahres 2007 im Hinblick auf eine Erweiterung des Geltungsbereichs auf die Versicherungsvermittlung Gespräche zur Abänderung des Abkommens zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Direktversicherung (Direktversicherungsabkommen) aufgenommen. Aufgrund der
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Dringlichkeit der Vorlage bzw. des Ablaufs der Übergangsfrist im Versicherungsvermittlungsgesetz wird ein Inkrafttreten am 1. Juli 2007 angestrebt. Da die Abkommensänderung noch nicht von beiden Regierungen genehmigt wurde und eine Unterzeichnung erst im Juni 2007 möglich wird, kann das Änderungsabkommen dem Landtag nicht mehr rechtzeitig zur Zustimmung unterbreitet werden. Die Regierung beantragt daher beim Landtag die Zustimmung zur vorläufigen Inkraftsetzung des Änderungsabkommens auf den 1. Juli 2007.
Die geplante Abkommensänderung liegt im Interesse beider Vertragsparteien. Sie sieht im Wesentlichen vor, dass angesichts der bestehenden Gleichwertigkeit des Aufsichtsrechts im Bereich der Versicherungsvermittlung der Schweiz und Liechtensteins die grenzüberschreitende Tätigkeit der Versicherungsvermittler ermöglicht und die Hemmnisse für die Aufnahme und Ausübung der Vermittlertätigkeit im Hoheitsgebiet des anderen Landes auf der Grundlage der Gegenseitigkeit beseitigt werden sollen.
Zuständige Ressorts
Ressort Wirtschaft, Ressort Äusseres
Betroffene behörden
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA), Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, 29. Mai 2007
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zur vorläufigen Anwendung des Abkommens zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Änderung des Abkommens vom 19. Dezember 1996 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Direktversicherung zu unterbreiten.
Das Gesetz vom 17. Mai 2006 über die Versicherungsvermittlung (Versicherungsvermittlungsgesetz, VersVermG, LGBl. 2006 Nr. 125, Beilage 2) ist am 1. Juli 2006 in Kraft getreten. Mit diesem Gesetz wurde die Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über die Versicherungsvermittlung in liechtensteinisches Recht umgesetzt. Dem Versicherungsvermittlungsgesetz unterliegen Personen, die in Liechtenstein und von Liechtenstein aus die Versicherungsvermittlung betreiben. Mit dem Versicherungsvermittlungsgesetz wurde eine Bewilligungs- und Registrierungspflicht für Personen, welche die Versicherungsvermittlungstätigkeit ausüben, eingeführt. Die Bewilligung wird von der Finanzmarktaufsicht (FMA) erteilt, wenn der Versicherungsvermittler beruflich qualifiziert ist, über einen einwandfreien Leumund verfügt und das Vorliegen einer Berufshaftpflichtversicherung bzw. einer anderen gleichwertigen Sicherheit nachweist. Versicherungsvermittler, welche die Vermittlungstätigkeit am 1. Juli 2006 bereits ausgeübt haben, müssen bis zum 1. Juli
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2007 ein Bewilligungsgesuch bei der FMA einreichen, um die Tätigkeit weiterhin ausüben zu können (Übergangsfrist).
Die Aufsicht über die Versicherungsvermittler obliegt der FMA, welche für die Bewilligungserteilung und die laufende Aufsicht über die Versicherungsvermittler zuständig ist.
Versicherungsvermittler, die in Liechtenstein bewilligt und registriert sind, können grenzüberschreitend im Rahmen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs in allen Mitgliedstaaten des EWR-Abkommens tätig werden und unterstehen für diese Tätigkeit der Aufsicht der FMA ("single licence"- Prinzip).
Versicherungsvermittler, welche in einem anderen Mitgliedstaat des EWR-Abkommens registriert sind, können in Liechtenstein grenzüberschreitend tätig sein und unterliegen für diese Tätigkeit der Aufsicht des EWR-Mitgliedstaates, in welchem sie registriert sind.
Gemäss Art. 2 Abs. 3 des Versicherungsvermittlungsgesetzes kann der Anwendungsbereich von Bestimmungen, die sich auf die grenzüberschreitende Versicherungsvermittlung innerhalb der Vertragsstaaten des EWR-Abkommens beziehen, durch einen Staatsvertrag mit einem Drittstaat dahingehend erweitert werden, dass dieser im Verhältnis zum Fürstentum Liechtenstein einem EWR-Vertragsstaat gleichgestellt wird, sofern die Rechtsordnung des betreffenden Staates gleichwertige Regelungen zur Versicherungsvermittlung enthält.
In der Schweiz ist am 1. Januar 2006 ein revidiertes Versicherungsaufsichtsgesetz in Kraft getreten. Im Rahmen dieser Revision wurde ebenfalls eine Registrierungspflicht für Versicherungsvermittler eingeführt. Ungebundene Versicherungsvermittler müssen sich aufgrund dieser Bestimmungen in ein Register eintragen lassen. Gebundene Vermittler können sich - sofern sie die Voraussetzungen erfüllen - freiwillig in das Register eintragen lassen. Voraussetzung für den Registereintrag ist der Nachweis der ausreichenden beruflichen Qualifikation, des einwandfreien Leumundes sowie einer Berufshaftpflichtversicherung bzw. einer anderweitigen gleichwertigen Sicherheit. Die Registrierungs- bzw. Bewilligungsvoraussetzungen können daher als gleichwertig betrachtet werden.
Liechtensteinische Versicherungsvermittler, die in der Schweiz tätig sein wollen, müssen derzeit in der Schweiz zusätzlich registriert werden und die Registrierungsvoraussetzungen auch bei der zuständigen Aufsichtsbehörde in der Schweiz, dem Bundesamt
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für Privatversicherungen, nachweisen. Damit ist derzeit mangels staatsvertraglicher Vereinbarung eine Doppelregistrierung notwendig bzw. eine grenzüberschreitende Tätigkeit für liechtensteinische Versicherungsvermittler in der Schweiz nicht möglich. Entsprechendes gilt auch für die in der Schweiz registrierten Versicherungsvermittler, die in Liechtenstein tätig sein wollen. Sofern diese bei Inkrafttreten des Versicherungsvermittlungsgesetzes am 1. Juli 2006 bereits in Liechtenstein tätig waren, müssten sie bis zum 1. Juli 2007 eine Niederlassung in Liechtenstein gründen und bei der FMA ein Bewilligungsgesuch einreichen.
Am 23. Juni 2006 wurde in der Schweiz eine Motion im Nationalrat eingereicht. Mit dieser Motion wurde der Bundesrat eingeladen, in Verhandlungen mit dem Fürstentum Liechtenstein darauf hinzuwirken, dass das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein betreffend die Direktversicherung vom 19. Dezember 1996 - bis zum Ablauf der Übergangsfrist zur Einführung des neu geschaffenen liechtensteinischen Versicherungsvermittlungsgesetzes (1. Juli 2007) - in dem Sinne nachgeführt wird, dass es den schweizerischen unabhängigen Versicherungsvermittlern möglich ist, sich in Liechtenstein niederzulassen und gleichzeitig, ohne über einen Stützpunkt in Liechtenstein zu verfügen, Versicherungsgeschäfte auf dem Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs zu vermitteln. Gleichzeitig zeigten diverse Anfragen von schweizerischen und liechtensteinischen Versicherungsvermittlern die Wünschbarkeit und Dringlichkeit einer solchen bilateralen Regelung auf. Der Bundesrat hat am 29.09.2006 zu dieser Motion Stellung genommen und hat die Annahme der Motion beantragt.