Bericht der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zur Überprüfung der Initiative betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor Stalking
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Gestützt auf Art. 32 sowie Art. 35 der Geschäftsordnung für den Landtag des Fürstentums Liechtenstein haben die Abgeordneten Paul Vogt, Andrea Matt und Pepo Frick am 30. Januar 2007 die Initiative betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor "Stalking" eingebracht .
In seiner öffentlichen Sitzung vom 14. März 2007 hat der Landtag für die 2. Lesung dieser Gesetzesvorlage einen Bericht der Regierung beantragt.
Der vorliegende Bericht der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein soll die vorhandenen Abweichungen der Gesetzesinitiative zu den österreichischen Rezeptionsvorlagen aufzeigen. Weiters werden die eingeholten Stellungnahmen des Fürstlichen Landgerichtes, des Frauenhauses und der Informations- und Kontaktstelle für Frauen (infra) sowie der Staatsanwaltschaft zu dieser Thematik dargelegt.
Der von den Initianten vorgeschlagene Schutz vor Stalking wird seitens der Regierung begrüsst, da mit dieser Gesetzesinitiative ein sehr wichtiges gesellschaftspolitisches Thema aufgegriffen wurde.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Landgericht, Staatsanwaltschaft, Landespolizei
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Vaduz, 29. Mai 2007
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht betreffend die Überprüfung der Initiative zur Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor "Stalking" zu unterbreiten.
Die Abgeordneten Paul Vogt, Andrea Matt und Pepo Frick haben gemäss Art. 32 und Art. 35 der Geschäftsordnung für den Landtag des Fürstentums Liechtenstein am 30. Januar 2007 die Initiative zur Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor "Stalking" eingebracht.
Die Initiative beinhaltet im ABGB die Einführung des § 1328a als Recht auf Wahrung der Privatsphäre. Im StGB wird der neue Tatbestand der beharrlichen Verfolgung (§ 107a) eingeführt. Gleichzeitig wird § 107 Abs. 4 StGB aufgehoben. In der Exekutionsordnung wird mit Art. 277d ein Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre normiert.
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Die gegenständliche Initiative vom 30. Januar 2007 wurde in weiterer Folge gemäss Art. 32 iVm Art. 35 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Landtag des Fürstentums Liechtenstein, LGBl. 1997 Nr. 61 i.d.g.F., auf die Tagesordnung der Landtagssitzung vom 14./15. März 2007 gesetzt.
In seiner öffentlichen Sitzung vom 14. März 2007 hat der Landtag die Initiative vom 30. Januar 2007 zur Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Strafgesetzbuches und der Exekutionsordnung zur Einführung eines Schutzes vor "Stalking" in erster Lesung behandelt und beantragt, dass die Regierung zu dieser Gesetzesinitiative bis zur 2. Lesung einen Bericht vorlege.
In der Begründung zur Initiative wurden eingangs verschiedene Formen von "Stalking" erläutert und weiters dargelegt, dass nach der derzeit geltenden Gesetzeslage in Liechtenstein nur einzelne Taten unter Strafe gestellt sind, z.B. die gefährliche Drohung, nicht jedoch die Häufung mehrerer einzelner Handlungen, von denen jede nur für sich betrachtet nicht schwer genug für einen Straftatbestand sei.
Nach der geltenden liechtensteinischen Rechtslage komme aktuell nur für einzelne Handlungen eine Bestrafung in Betracht, beispielsweise wegen Hausfriedensbruch (§ 109 StGB), übler Nachrede (§ 111 StGB), Verleumdung (§ 112 StGB), Beleidigung (§ 117 StGB), Körperverletzung (§ 83 StGB), Nötigung (§ 105 StGB), Sachbeschädigung (§ 125 StGB) oder sexueller Nötigung. Der spezifische Unrechtsgehalt der beharrlichen Verfolgung, die zu einer Beeinträchtigung der Handlungs- und Entschliessungsfreiheit des Opfers führe, werde vom geltenden Strafrecht aber nicht ausreichend erfasst. Die geltende Rechtslage führe dazu, dass die Strafverfolgungsbehörden ihr Hauptaugenmerk auf die isolierte Betrachtung einzelner Handlungen richten. Beim Stalking können jedoch auch Einzelhandlungen, die jeweils für sich genommen sozialadäquat angesehen werden, zu unzumutbaren Beeinträchtigungen und einer erzwungenen Veränderung der Lebensumstände des Opfers führen. Um Opfer wirksam schützen zu können, benötige es einen Straftatbestand, der dem Gesamtbild der Taten gerecht werde.
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Weiters wird ausgeführt, dass im letzten Jahr in den deutschsprachigen Staaten ein Schutz vor Stalking eingeführt worden ist. Die Schweiz hat im Juni 2006 ein Gewaltschutzgesetz verabschiedet, das auf den 1. Juli 2007 in Kraft gesetzt wird. In Deutschland wurde im Dezember des Vorjahres ein Schutz vor "Stalking" beschlossen. In Österreich ist der Schutz vor "Stalking" seit dem 1. Juli 2006 in Kraft.
Da alle drei Gesetze, in die der Schutz vor "Stalking" eingebaut werden müsse, aus dem österreichischen Recht stammen, sollen diese Rezeptionsvorlagen herangezogen werden. Damit werde eine fast vollständige Übereinstimmung der liechtensteinischen mit den österreichischen Vorschriften hergestellt. Dies ermögliche es den liechtensteinischen Gerichten, auf die Rechtsprechung in Österreich zurückzugreifen.