Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Milchmengenregelung (Milchmengenregelungsgesetz, mMRg)
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Die Milchwirtschaft ist der wichtigste landwirtschaftliche Produktionszweig des Fürstentums Liechtenstein. Der landwirtschaftliche Rohertrag aus der Milchproduktion beträgt ca. 10 Millionen Franken. Dies entspricht einem Anteil von über 50 % an den gesamten landwirtschaftlichen Produktverkäufen. Durch den Zollvertrag ist die liechtensteinische Milchwirtschaft eng mit der Schweiz verbunden, weshalb die Aufhebung der schweizerischen Milchkontingentierung mittelfristig erhebliche Auswirkungen auf den liechtensteinischen Milchmarkt haben wird. Durch die staatlich regulierte Milchmenge war das Angebot auf dem schweizerisch-liechtensteinischen Rohmilchmarkt bisher beschränkt und dadurch die Abnahme der liechtensteinischen Rohmilch und Halbfabrikate durch die Schweizer Abnehmer weitgehend gesichert.
Weil die Schweiz ab 2009 definitiv aus der Milchkontingentierung aussteigt und dadurch ein erheblicher Mengen- und Preisdruck entstehen wird, besteht ein dringender Handlungsbedarf. Die Beibehaltung der einzelbetrieblichen Kontingentierung in Liechtenstein würde zu einem Wettbewerbsnachteil der Liechtensteiner Milchproduzenten infolge grösserer Produktionseinschränkungen führen. Ziel des vorliegenden Gesetzes ist es, der Liechtensteiner Milchwirtschaft eine Lösung zu bieten, welche der Branche eine möglichst optimale Vorbereitung auf die Aufhebung der Milchkontingentierung in der Schweiz ermöglicht. Dazu müssen die notwendigen Rahmenbedingungen für eine wettbewerbsfähige Milchproduktion geschaffen werden.
Aufgrund der Bestimmungen des Notenaustausches zwischen der Schweiz und Liechtenstein zur Regelung der Beteiligung Liechtensteins an Markt- und Preisstützungsmassnahmen der schweizerischen Landwirtschaftspolitik ist der Spielraum für Liechtenstein eingeschränkt. Eine vollständige Aufhebung der Milchkontingentierung, wie ab 1. Mai 2009 in der Schweiz vorgesehen, ist zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich. Gemäss Ziff. 2.8 des Notenaustausches setzen die liechtensteinischen Stützungsmassnahmen sowie die Befreiung Liechtensteins von der Beteiligung an exportbezogenen Stützungskosten ein Festhalten an der Milchkontingentierung in der Höhe des Inlandverbrauchs fest.
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Die Auswirkungen des vorzeitigen Kontingentierungsausstieges, welcher in der Schweiz seit Mai 2006 umgesetzt wird, sind als moderat einzustufen, sodass es beim Milchabsatz für Liechtenstein keine grösseren Probleme gibt. Beim endgültigen Ausstieg im Jahr 2009 hingegen ist eine wesentliche Mengenzunahme in der Schweiz zu erwarten. Der Absatz von Liechtensteiner Rohmilch und von Halbfabrikaten wird sich erschweren. Mit dem im Jahre 2005 in Kraft gesetzten Milchmarktordnungsgesetz und einer Verbesserung der Milchkontingentierung soll die Liechtensteiner Milchwirtschaft auf dieses Szenario vorbereitet werden. Dazu ist es notwendig, dass alle Stufen der Milchproduktion und -verarbeitung wettbewerbsfähiger werden. Zur Vermeidung von unnötigen Produktionseinschränkungen ist mittelfristig auch in Liechtenstein eine Aufhebung der Milchkontingentierung anzustreben.
Das Ziel des vorliegenden Milchmengenregelungsgesetzes ist weiterhin die Angleichung der Verkehrsmilchproduktion an den Inlandverbrauch. Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen in der Schweiz soll die Milchkontingentierung jedoch flexibilisiert und die Eigenverantwortung der Branche gestärkt werden. Damit wird die Forderung des Landwirtschaftlichen Leitbildes erfüllt, dass sich der Staat vermehrt aus der aktiven Agrarmarktpolitik zurückzieht. Der Staat stellt für die Milchproduzenten und -verarbeiter möglichst optimale Rahmenbedingungen zur Verfügung. Die wichtigsten Ansprüche an die Strategie betreffend Weiterführung oder Abschaffung der Milchkontingentierung seitens des Staates sind die Intensivierung der Vorwärtsintegration und die Sicherstellung einer flächendeckenden Rohmilchabnahme. Dabei wird die langfristige Erhaltung von möglichst guten Absatzmöglichkeiten für liechtensteinische Rohmilch angestrebt.
Der früheste Zeitpunkt für den definitiven Ausstieg Liechtensteins ist der 01. Januar 2010 bzw. das Milchjahr unmittelbar nach der Aufhebung der Milchkontingentierung in der Schweiz. Voraussichtlich muss jedoch mit der definitiven Aufhebung zugewartet werden, bis keine mengenabhängigen bzw. produktionsbeeinflussenden Zahlungen gemäss Milchmarktordnungsgesetz (v.a. Verarbeitungsprämien und Infrastrukturbeiträge) mehr getätigt werden. Die daraus resultierende Verzögerung der Aufhebung gegenüber der Schweiz um einige wenige Jahre ist als nicht gravierend zu beurteilen, da die Liechtensteiner Betriebe bereits heute über verhältnismässig grosse Milchkontingente verfügen. Die Auswirkungen der Ver-
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zögerung werden zudem stark gemildert, indem als Übergangslösung mit vorliegendem Gesetz ein globales Landeskontingent eingeführt wird, welches gegenüber der heutigen Situation mit einzelbetrieblicher Milchmengenregelung ein erhebliches Flexibilisierungspotential bietet.
Die mit diesem Gesetz vorgesehene Umwandlung der einzelbetrieblichen Milchkontingentierung in ein Landeskontingent ist als Zwischenschritt anzusehen. Damit werden wesentliche Nachteile des heutigen Systems (einzelbetriebliche Milchkontingentierung) eliminiert. Die Zuteilung der einzelbetrieblichen Liefermenge an die Betriebe wird an eine liechtensteinische Produzentenorganisation delegiert. Damit wird eine Flexibilisierung bei der Zuteilung von einzelbetrieblichen Liefermengen und gleichzeitig die organisatorische Vorbereitung der Produzentenorganisation auf den definitiven Ausstieg erreicht. Für die bis zur definitiven Aufhebung der Milchkontingentierung an private Akteure übertragenen Arbeiten soll mittels Leistungsvereinbarung eine finanzielle Beteiligung festgelegt werden.
Zuständiges Ressort
Ressort Umwelt, Raum, Land- und Waldwirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Landwirtschaftsamt
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Vaduz, 28. August 2007
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes zur Milchmengenregelung zu unterbreiten.
Die Milchproduktion stieg in den Achtzigerjahren stark an und überstieg gegen Mitte des Jahrzehntes den Inlandverbrauch beträchtlich. Aus diesem Grunde wurde auf den 1. Januar 1988 die Milchkontingentierung eingeführt um die Produktion von 13.3 Mio. kg im Jahre 1987 auf das Niveau von 12.5 Mio. kg zu stabilisieren. Ziel des Gesetzes war es, die Milchproduktion in Liechtenstein auf den Pro-Kopf-Verbrauch der Bevölkerung einzudämmen. Die in den ersten Jahren mit dem Milchkontingentierungsgesetz gemachten Erfahrungen wurden von der Milchkontingentierungskommission in einem Lagebericht 1992 zusammengefasst. Als wichtigste Probleme wurden genannt:
die starre Kontingentszuteilung
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Zusatzkontingente für Vater-Sohn Betriebe
die stillgelegten Kontingente
die Diskrepanz zwischen verteilten und gemolkenen Kontingentsmengen
die auf Liechtensteiner Alpen gealpten Schweizer Kühe
die Kontrolle des Gesetzes
Die Regierung nahm im März 1992 diesen Bericht zur Kenntnis und die Kommission wurde beauftragt, Änderungsvorschläge zum Gesetz zur Kontingentierung der Milchproduktion auszuarbeiten. Im Jahr 2000 wurde der Bericht und Antrag zur Neufassung des Gesetzes zur Kontingentierung der Milchproduktion an den Landtag überwiesen. Diese Gesetzesänderung verfolgte das Ziel, die Produktion der Landeskontingentsmenge von ca. 13.0 Mio. kg sicherzustellen. Zudem wurde das Gesetz so ausgestaltet, dass eine einzelbetriebliche Kontingentszuteilung möglich wurde. Das Gesetz und die Verordnung traten im März 2001 in Kraft. Bis zum Jahr 2005 wurden insgesamt drei Verordnungsanpassungen vorgenommen, mit dem Ziel der Flexibilisierung der Milchkontingentierung.