Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 104
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Ver­nehm­las­sung
3.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
4.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
5.Per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Gesetz über die Abänderung des Elektrizitätsmarktgesetzes
(Umsetzung der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG sowie Umsetzung der Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen) 
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Am 2. Dezember 2005 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss die Übernahme des sog. Energiepakets in das EWR-Abkommen beschlossen. Dieses Paket beinhaltet:
die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG,
die Richtlinie 2003/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 98/30/EG, sowie
die Verordnung (EG) Nr. 1228/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel.
Zudem hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss am 8. Juni 2007 die Richtlinie 2005/89/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 über Massnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der Elektrizitätsversorgung und von Infrastrukturinvestitionen in das EWR-Abkommen übernommen.
Mit der Vorlage wird die Elektrizitätsmarktrichtlinie (Richtlinie 2003/54/EG) und die Richtlinie 2005/89/EG in die Liechtensteinische Gesetzgebung umgesetzt.
Die Elektrizitätsmarktrichtlinie verfolgt das Ziel der Schaffung eines vollständig integrierten Elektrizitätsbinnenmarktes, welcher dem Europäischen Wirtschaftsraum einen wettbewerbsfähigen Markt und gleichzeitig Versorgungssicherheit garantiert. Kernpunkte der Richtlinie 2005/89/EG sind die vollständige Marktöffnung für alle Kunden sowie Regelungen betreffend die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, Schutz der Endkunden und Energiekennzeichnung. Weiters wird der Aufgabenbereich der Regulierungsbehörde erweitert. Die Betreiber von Elektrizitätsnetzen werden verpflichtet, auf nicht diskriminierende Weise Energie für berechtigte Kunden durch ihr Netz zu leiten. Dafür sollen sie eine angemessene Vergütung erhalten.
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Kernpunkt der Richtlinie 2005/89/EG ist die Setzung von Massnahmen zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung, des angemessenen Umfangs an Erzeugungskapazität, des angemessenen Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage sowie des angemessenen Grades der Zusammenschaltung zwischen EWR-Mitgliedstaaten zum Zwecke der Entwicklung des Binnenmarktes.
Die Umsetzung der soeben erwähnten Richtlinien erfolgt durch eine Revision des Elektrizitätsmarktgesetzes. Es kann festgehalten werden, dass die meisten Kernpunkte bereits umgesetzt sind. Gegenständliche Vorlage sieht deshalb lediglich gewisse Anpassungen bei den Begriffen, die Einführung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen und Ausgleichsregelungen, Anpassung der Aufgaben der Netzbetreiber sowie die Regelung der neuen Aufgaben der Regulierungsbehörde im Bereich des Monitorings und der Versorgungssicherheit vor.
Zuständiges Ressort
Ressort Wirtschaft
Betroffene Amtsstelle
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 19. August 2008
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Gesetz über die Änderung des Elektrizitätsmarktgesetzes an den Landtag zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
In der EU wurde am 19. Dezember 1996 die Strom-Richtlinie 96/92/EG verabschiedet, welche die schrittweise Liberalisierung des Strommarktes vorschrieb. Mit dieser Richtlinie wurden gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, -übertragung und -verteilung erlassen. Zudem regelte die Richtlinie 96/92/EG die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors, den Marktzugang und die Vergabe von Genehmigungen sowie den Betrieb der Stromnetze. Alle EU-Staaten (mit Ausnahme von Grossbritannien, Irland und Belgien) wurden verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 19. Februar 1999 in nationales Recht umzusetzen.
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Am 15. November 2002 traten in Liechtenstein das Elektrizitätsmarktgesetz (EMG) und die Elektrizitätsmarktverordnung (EMV) in Kraft. Sie bildeten die Grundlage für die Strommarktliberalisierung in Liechtenstein. Die schrittweise Öffnung des Elektrizitätsmarktes mit dem diskriminierungsfreien Netzzugang für Dritte, wie er im EMG vorgesehen war, ermöglichte es den Liechtensteinischen Kraftwerken (LKW) als Netzbetreiber die Marktöffnung umzusetzen und gleichzeitig die Versorgungsqualität und Netzsicherheit auf hohem Niveau zu festigen.
Die Marktöffnung wurde zeitlich gestaffelt realisiert. Mit Inkrafttreten des EMG hatten zunächst die Grosskunden Wahlfreiheit in Bezug auf die Stromlieferanten. Für die Kundinnen und Kunden bedeutete die Liberalisierung mehr Kostentransparenz und führte spätestens ab Oktober 2005 zur freien Wahl des Stromlieferanten.
Gemäss dem Elektrizitätsmarktgesetz obliegt der Regulierungsbehörde die Genehmigung der Durchleitungspreise. Die Elektrizitätsmarktkommission (EMK) als Regulator in Liechtenstein genehmigte die Netzbenutzungspreise per 1. April 2004. Die Grundsätze für deren Festlegung sind in der Elektrizitätsmarktverordnung festgehalten. Durch diesen regulatorischen Eingriff wurde der Netzbenutzungspreis vom Energiepreis entkoppelt.
Träger der Versorgung sind auch nach Inkrafttreten des EMG die Liechtensteinischen Kraftwerke (LKW), die als Anstalt des öffentlichen Rechts durch das Gesetz vom 16. Juni 1947 betreffend die Liechtensteinischen Kraftwerke institutionalisiert sind und deren Organisation mit Verordnung vom 2. November 1976 betreffend das Organisationsstatut für die Anstalt Liechtensteinische Kraftwerke geregelt wird. Zweck dieser Anstalt ist gemäss dem Organisationsstatut die Erzeugung sowie der An- und Verkauf elektrischen Stroms zur Versorgung des Landes mit elektrischer Energie. Die LKW treten in Liechtenstein als Grundversorger flächendeckend im Verteilernetzbereich auf.
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Über das Elektrizitätsnetz der LKW fliessen täglich ungefähr eine Million Kilowattstunden Strom an die Betriebe und Haushaltungen des Landes. 2007 ist der Stromverbrauch Liechtensteins erneut um 9.5 Millionen Kilowattstunden oder 2.6 Prozent auf 379 Millionen Kilowattstunden angestiegen. Der Anteil der Eigenerzeugung der LKW liegt mit 68.4 Millionen Kilowattstunden bei knapp einem Fünftel des Landesverbrauchs.
Die einschlägigen, den Elektrizitätsmarkt betreffenden gesetzlichen Regelungen sind insbesondere in den folgenden Gesetzen und Verordnungen zu finden:
Gesetz vom 20. Juni 2002 über den Elektrizitätsmarkt (Elektrizitätsmarktgesetz; EMG), LGBl. 2002 Nr. 144;
Verordnung vom 12. November 2002 zum Gesetz über den Elektrizitätsmarkt (Elektrizitätsmarktverordnung; EMV), LGBl. 2002 Nr. 146;
Gesetz vom 15. Dezember 1982 über die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (Elektrizitätsgesetz), LGBl. 1983 Nr. 16;
Starkstromverordnung vom 7. August 1984, LGBl. 1985 Nr. 26;
Verordnung vom 7. August 1984 über das Starkstrominspektorat, LGBl. 1985 Nr. 24;
Gesetz vom 25. November 1976 über die Versorgung des Landes mit elektrischer Energie im Falle der Knappheit, LGBl. 1977 Nr. 7;
Gesetz vom 24. April 2008 über die Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien (Energieeffizienzgesetz; EEG), LGBl. 2008 Nr. 116;
Verordnung vom 27. Mai 2008 über die Förderung der Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien (Energieeffizienzverordnung; EEV), LGBl. 2008 Nr. 118;
Energieverordnung vom 21. August 2007 (EnV), LGBl. 2007 Nr. 222.
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Die Liberalisierung der Strommärkte hat durch die erste Strommarktrichtlinie eine Dynamik gewonnen, die durch nationale Massnahmen allein wohl nicht in diesem Masse erreicht worden wäre. Die Entwicklung hin zu mehr Wettbewerb und Marktintegration war nicht mehr aufzuhalten. Die Umsetzung der Richtlinie 96/92/EG bewirkte im europäischen Strombinnenmarkt insbesondere eine Preissenkung und die Entstehung von Strombörsen. Damit gingen langjährige Wirrungen um Alleinabnehmer, zugelassene Kunden, gemeinwirtschaftliche Leistungen und ganz generell um die nicht vorhandene Rolle des Wettbewerbs in einem Sektor zu Ende, der lange Zeit für nicht liberalisierbar gehalten wurde. Nach wie vor bestehen aber schwerwiegende Mängel und weit reichende Möglichkeiten zur Verbesserung der Funktionsweise der Märkte. Die Haupthindernisse für einen voll funktionsfähigen und wettbewerbsorientierten Binnenmarkt hängen unter anderem mit dem Netzzugang, der Preisgestaltung und der unterschiedlichen Marktöffnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammen. Ein funktionierender Wettbewerb setzt voraus, dass der Netzzugang nicht diskriminierend, transparent und zu angemessenen Preisen gewährleistet ist. Es sind somit konkrete Massnahmen erforderlich, um gleiche Ausgangsbedingungen bei der Elektrizitätserzeugung sicherzustellen und die Gefahr einer Marktbeherrschung und von Verdrängungspraktiken zu verringern.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2009 / 008
Landtagssitzungen
19. September 2008
Stichwörter
EG-Richt­linie 2003/54/EG
EG-Richt­linie 2003/55/EG
EG-Richt­linie 2005/89/EG
EG-Ver­ord­nung Nr. 1228/2003
Elek­tri­zi­täts­bin­nen­markt
Elek­tri­zi­täts­markt­ge­setz, Abänderung
Elek­tri­zi­täts­mark­tricht­linie (Richt­linie 2003/54/EG)
Ener­gie­markt
Ener­gie­po­litik
EWR-Energiepaket
Richt­linie über gemein­same Vor­schriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt
Richt­linie über gemein­same Vor­schriften für den Erdgasbinnenmarkt
Sicher­heit der Elek­tri­zi­täts­ver­sor­gung und Infrastrukturinvestitionen
V über die Netz­zu­gangs­be­din­gungen für den grenz­über­schrei­tenden Stromhandel