Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 111
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass der Vorlage
3.Grund­lagen
4.Ziel­set­zungen
5.Schwer­punkte der Vorlage
6.Aufbau und Struktur des Gesetzes
7.Ver­nehm­las­sung
8.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
9.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
10.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Regie­rungs­vor­lagen
1.Land­wirt­schafts­ge­setz
2.Beschwer­de­kom­mis­si­ons­ge­setz
III.ANHANG:
1.ERGÄN­ZENDE ABBILDUNGEN
2.Ergän­zende Tabellen
3.Ergän­zende Ausführungen
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Landwirtschaftsgesetzes
 
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Durch die internationalen Globalisierungsbestrebungen haben sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Landwirtschaft in den letzten 15 Jahren drastisch verändert. Auch die Schweiz und Liechtenstein sind davon betroffen. Die internationalen Herausforderungen und das sich ständig ändernde Umfeld verlangen sowohl von den Liechtensteiner Landwirten als auch von der Agrarpolitik ein hohes Mass an Flexibilität. Die Forderung nach einer wirtschaftlich und technisch effizienten Landwirtschaft wächst, und das wirtschaftliche Umfeld verlangt eine Steigerung der unternehmerischen Leistungen. Durch die internationale Liberalisierung der Märkte sind auch in Liechtenstein gewisse Deregulierungsmassnahmen unumgänglich. Daneben muss die Landwirtschaft zunehmend Leistungen erbringen, die vom Markt nicht abgegolten werden, aber im öffentlichen Interesse liegen. Aus all diesen Gründen wird der agrarpolitische Fokus auf eine nachhaltige Landwirtschaft mit einer unternehmerischen Ausrichtung gelegt.
Artikel 20 der Landesverfassung bildet die Basis für die staatliche Förderung und Unterstützung der Land- und Alpwirtschaft zur Hebung der Erwerbsfähigkeit und zur Pflege seiner wirtschaftlichen Interessen. Um diesen Verfassungsauftrag zeitgemäss zu erfüllen, müssen die der Agrarpolitik zugrunde liegenden Gesetze weiterentwickelt werden, so dass die Landwirtschaft ihre Leistungen unter den bestmöglichen Bedingungen erbringen kann. Das bedeutet aber, die notwendigen Anpassungen zuzulassen und in gewissen Bereichen sogar zu fördern.
Für die Agrarpolitik Liechtensteins ist die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Sicherstellung von mit der Schweiz vergleichbaren Rahmenbedingungen ein zentrales Anliegen. Die vergangenen Jahre waren geprägt von der konsequenten Umsetzung der in den Neunzigerjahren eingeschlagenen Agrarpolitik (Entkoppelung von Preis und Einkommen) sowie von dringlichen Massnahmen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen gegenüber der Schweiz. Inskünftig wird sich die Agrarpolitik noch weiter aus der aktiven Marktintervention zurückziehen. Die Rolle des Staates wird sich zunehmend auf
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die Bereitstellung von Rahmenbedingungen für eine Stärkung der einheimischen Landwirtschaft fokussieren.
Verschiedene Potenziale sollen dabei genutzt werden: In der Landwirtschaft und in den vor- bzw. nachgelagerten Stufen können die Kosten gesenkt und die Marktleistung verbessert werden, und die Bereiche Ökologie, Landschaftspflege, tiergerechte Betriebsführung sowie nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen können gestärkt werden. Wenn nun aber insgesamt eine dynamische Entwicklung von unternehmerischen Betrieben zugelassen werden soll, ist zwar festzuhalten, dass solche Anpassungsprozesse nur ablaufen können, wenn sie nicht durch staatliche Eingriffe aufgehalten werden. Hingegen ist auch darauf hinzuweisen, dass diese Anpassungen nur so rasch voranschreiten dürfen, dass die erforderliche Entwicklung sozialverträglich bleibt.
Die gegenständliche Vorlage dient der Umsetzung all dieser Ziele und Aufgaben; sie bildet damit das Instrument zur Erfüllung des erwähnten Verfassungsauftrages und schafft gleichzeitig die Grundlage für die Umsetzung der Massnahmen aus dem Landwirtschaftlichen Leitbild. Obwohl das Landwirtschaftsgesetz auf den bisherigen Rechtsnormen aufbaut und keine grundlegend neuen Regelungen eingeführt werden, wird das Gesetz in verschiedenen Bereichen gewisse notwendige Änderungen ermöglichen. So wird in Zukunft eine landwirtschaftliche Ausbildung erforderlich sein als Voraussetzung für die Anerkennung als Landwirtschaftsbetrieb und damit für den Bezug von Förderungen. Ferner werden staatliche Förderungsmassnahmen effizienter und flexibler eingesetzt. Des Weiteren werden die Verantwortung der Landwirte und das Unternehmertum in den kommenden Jahren insgesamt anwachsen. Doch daneben wird mit dem Landwirtschaftsgesetz gleichzeitig auch die lenkungswirksame Finanzierung von Leistungen ins Auge gefasst, die im öffentlichen Interesse erbracht werden. Dazu gehört die ökologische, landschaftspflegerische, tiergerechte und ressourcenschonende Ausrichtung der Landwirtschaft. Überdies wird das Ziel verfolgt, die Berglandwirtschaft in geeigneter Weise zu erhalten und zu stärken.
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Im Landwirtschaftsgesetz werden die zahlreichen bestehenden Agrargesetze zu verschiedenen Spezialbereichen zusammengefasst. Mit diesem Rahmengesetz wird die seit langem gewünschte Flexibilisierung der heute starren Agrargesetzgebung herbeigeführt. Umsetzungsdetails, technische Regeln, Administration und Vollzug können auf Verordnungsstufe geregelt werden. Somit können Anpassungen, welche nicht einen grundsätzlichen Richtungswechsel bedeuten, leichter vorgenommen und entsprechende Massnahmen laufend dem aktuellen Umfeld und dem Entwicklungsstand angepasst werden.
Mit dem zu schaffenden Landwirtschaftsgesetz wird der Landtag die agrarpolitischen Ziele und Leitplanken vorgeben. Er soll künftig pro Legislaturperiode jeweils eine agrarpolitische Debatte führen, die weitere Gesamtausrichtung beschliessen und die finanziellen Mittel bestimmen. Indem sich der Gesetzgeber somit auf zentrale Fragestellungen konzentrieren kann, werden sein Einblick in die agrarpolitischen Vorgänge verbessert und seine Möglichkeiten zur Einflussnahme erheblich ausgebaut.
Zuständiges Ressort
Ressort Umwelt, Raum, Land- und Waldwirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Landwirtschaftsamt
Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen
Amt für Umweltschutz
Amt für Wald, Natur und Landschaft
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Vaduz, 26. August 2008
RA 2008/1538
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Landwirtschaftsgesetzes an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Während in den 1950er-Jahren noch jede dritte Person in der Landwirtschaft tätig war, macht der Anteil der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft heute nur noch ein knappes Prozent aus. Industrie- und Dienstleistungssektor haben ein rasantes Wachstum durchgemacht und mit ihrem Sog den Strukturwandel in der Landwirtschaft stark beschleunigt. Trotzdem ist die Landwirtschaft für Liechtenstein aufgrund ihrer multifunktionalen Aufgaben auch heute noch von grosser Bedeutung.
Die Anforderungen der Gesellschaft an die Landwirtschaft haben sich im Laufe dieser Entwicklung wesentlich verändert. Bis zu den achtziger Jahren stand - geprägt vom Zweiten Weltkrieg - die Versorgung in Krisenzeiten, die Produktion günstiger Nahrungsmittel und die Erhaltung eines gesunden Bauernstandes im
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Zentrum. Darüber hinausgehende Aspekte wurden kaum beachtet. Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Nahrungsmittelproduktion sowie vielfältige, im Interesse der Gesellschaft zu erbringende multifunktionelle Dienstleistungen machen die Landwirtschaft zu einem nach wie vor bedeutungsvollen Wirtschaftszweig Liechtensteins. Multifunktionelle Leistungen sind beispielsweise die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft, der Beitrag zur Sicherung der Versorgung mit qualitativ hoch stehenden Nahrungsmitteln, die Anstrengungen für eine ökologische und tiergerechte Produktion sowie die Nutzung und Pflege von Hanglagen und des Berg- und Alpengebietes. Der Nutzen dieser Leistungen lässt sich nur schwer mit Geldbeträgen beziffern. Es ist jedoch unbestritten, dass dieser mindestens so hoch einzuschätzen ist wie die rein monetären Umsatzerträge aus dem Verkauf von Agrarprodukten.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2009 / 043
2009 / 042
Landtagssitzungen
24. Oktober 2008
23. Oktober 2008
Stichwörter
Agar­po­litik
Land­wirt­schaft, Dere­gu­lie­rung, Marktliberalisierung
Land­wirt­schaft, För­de­rung, staatliche
Land­wirt­schaft, Öko­logie, Landschaftspflege
Land­wirt­schaft, tier­ge­rechte Betriebsführung
Land­wirt­schafts­ge­setz, Schaffung