Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2008 / 112
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.AUS­GANGS­LAGE
2.SCHWER­PUNKTE DER GESETZESVORLAGE
3.VER­NEHM­LAS­SUNG
4.ERLÄU­TE­RUNGEN ZU DEN EIN­ZELNEN BESTIMMUNGEN
5.FINAN­ZI­ELLE UND PER­SO­NELLE AUSWIRKUNGEN
6.Zeit­plan
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Geset­zes­vor­lage Baugesetz
2.Abän­de­rung Gemeindegesetz
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des Baugesetzes
 
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Das geltende Baugesetz stammt aus dem Jahre 1947. Es war für die damalige Zeit ausserordentlich weitsichtig. Liechtenstein war noch sehr stark landwirtschaftlich geprägt; der spätere Entwicklungsschub zum Werk- und Finanzplatz mit all seinen Auswirkungen auf das Bauen, die Siedlung, die Landschaft und die sozioökonomischen Strukturen war zumindest in diesem Ausmass nicht voraussehbar. Das Gesetz von 1947 enthielt neben dem damals allgemein üblichen Standard an baurechtlichen Vorschriften auch Bestimmungen zur Ortsplanung und Planungsinstrumente zur Siedlungsentwicklung.
In den vergangenen 5 1/2 Jahrzehnten wurde dieses Gesetz verschiedentlich novelliert. Es zeigte sich bereits in den 60er Jahren, dass die bau- und planungsrechtlichen Instrumente ungenügend sind. Mehrere Vorstösse zur Neufassung eines Baugesetzes scheiterten. Auch ein eigenständiges neues Planungsgesetz wurde im September 2002 vom Volk abgelehnt.
Die Gesetzesvorlage für ein neues Baugesetz will als Grundlagengesetz einerseits die Zuständigkeit(en) klarer fassen, das baurechtliche Verfahren vereinfachen und transparenter gestalten und die Bauvorschriften auf das zwingend Notwendige reduzieren. Gesamthaft soll eine Vereinfachung für Bauherren und Bauwirtschaft resultieren. Andererseits will das neue Baugesetz die geltenden planungsrechtlichen Bestimmungen zur Ortsplanung zu Gunsten einer klaren Handhabung und einer grösseren Rechtssicherheit präzisieren.
Zuständiges Ressort
Ressort Bauwesen
Betroffene Amtsstellen
Hochbauamt, Amt für Umweltschutz, Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelkontrolle, Amt für Volkswirtschaft, Amt für Wald, Natur und Landschaft, Amt für Wohnungswesen, Denkmalschutz-Kommission, Landwirtschaftsamt, Gemeinden, Tiefbauamt
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Vaduz, 26. August 2008
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des Baugesetzes zu unterbreiten.
1.1Anlass
Das geltende Baugesetz stammt aus dem Jahre 1947. Es wurde erlassen in einer Zeit, in der noch niemand ahnen konnte, welch ausserordentliche wirtschaftliche Entwicklung in Liechtenstein stattfinden wird. Es war dies eine Entwicklung mit ungeahnten Auswirkungen auf die Wirtschaftsstrukturen, auf die Gesellschaft, die Siedlung und Landschaft, den Verkehr und das Bauen. Bis in die 50er Jahre war Liechtenstein noch weitgehend landwirtschaftlich geprägt. Die Bestrebungen, Liechtenstein zu einem Industrie- und Dienstleistungsplatz zu entwickeln, waren erst in Ansätzen spürbar. Die damalige wirtschaftliche Schwäche liess die Staatseinnahmen nur spärlich fliessen. Dementsprechend präsentierte sich auch die finanzielle Lage der Gemeinden. Einige Zahlen der damaligen Zeit mögen dies verdeutlichen:
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gesamte Staatseinnahmen CHF 4'283'449.93, davon ca. 2.35 Mio. Franken Erwerbs- und Vermögenssteuer
ca. 600 Motorfahrzeuge, wovon ein Drittel allein der Landwirtschaft dienten
ca. 12'000 Einwohner, Hauptort Vaduz mit ca. 2'500 Einwohnern
ca. 5'500 Arbeitsplätze.
Als Quelle für diese Angaben dienten der Rechenschaftsbericht der Fürstlichen Regierung an den Hohen Landtag für das Jahr 1948 und das Statistische Jahrbuch des Volkswirtschaftsamtes, wobei fehlende Zahlen teilweise interpoliert werden mussten.
Das Baugesetz von 1947 war nicht nur ein Baupolizeirecht, sondern hatte auch wichtige ortsplanerische Bestimmungen zum Inhalt. Regierung und Landtag hatten erkannt, dass für eine künftige wie auch immer geartete Entwicklung nicht nur baurechtliche Bestimmungen notwendig sind wie insbesondere für den Bau und Unterhalt von Bauten, zur Belichtung von Wohn- und Arbeitsräumen, Vorschriften zum Schutze der Nachbarn und wichtiger öffentlicher Interessen. Weitsichtig wurde festgelegt, dass die Gemeinden mit den Instrumenten der Ortsplanung die künftige Entwicklung lenken sollen. Gerade dieser planungsrechtliche Bestandteil des Baugesetzes war eine Pionierleistung. In den Nachbarregionen Vorarlberg, Graubünden und St. Gallen wurden diese planungsrechtlichen Instrumente erst Jahrzehnte später eingeführt. Auf der Grundlage dieses Baugesetzes erliess Vaduz als erste Gemeinde 1954 einen Zonenplan mit zugehöriger Bauordnung. Weitere Gemeinden folgten in den 60er Jahren. Die Gemeinde Triesenberg kam der Verpflichtung zum Erlass einer Bau- und Zonenordnung erst mit grosser Verzögerung im Jahre 2000 nach. Zusammen mit den Rechtsbestimmungen des Sachenrechtes zur Baulandumlegung aus dem Jahr 1923 waren aus damaliger Sicht gesamthaft gute Instrumente für eine zweckmässige und auch bodensparende Entwicklung der Siedlungen gegeben.
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Die in den 50er Jahren einsetzende zunehmend stärker werdende wirtschaftliche Entwicklung des Landes brachte einen raschen strukturellen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft. Die rasante Entwicklung von Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben führte bei gleichzeitigem Rückgang der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu einer veränderten Betrachtung und Wertung des Bodens. Während Jahrhunderten wurde der Boden als rares Gut der knappen Existenzsicherung landwirtschaftlich genutzt. Die wenigen Neubauten entstanden innerhalb des Dorfes. Man brauchte den Boden zum Überleben. Die wirtschaftliche Prosperität, insbesonders ab 1960, und der erwähnte Strukturwandel in Wirtschaft und Gesellschaft hatten zusammen mit der enormen Erschliessungstätigkeit der Gemeinden eine extreme Ausweitung der Siedlungsgebiete zur Folge. Es wurden über den Bedarf hinausgehende Bauzonen festgelegt. Das Zusammenwirken dieser Faktoren führte zu einer Zersiedelung der Landschaft und zu einer Ausweitung der Ortschaften mit all ihren negativen Folgen für Ökonomie, Ökologie und die Gesellschaft.
In den 60er Jahren erkannte die Regierung die Notwendigkeit, dass neben der 1964 eingeleiteten Landesentwicklungsplanung (vorerst für das Berggebiet, ab 1966 auch für den Talraum) auch neue gesetzliche Bestimmungen notwendig sind. Bereits 1968 lag der Entwurf eines neuen Planungs- und Baugesetzes vor. Die Regierung wollte mit einem weiterentwickelten Rechtsinstrumentarium auf die neuen Herausforderungen dieser baulichen, wirtschaftlichen und siedlungsplanerischen Entwicklung reagieren können. Die Siedlungen sollten nicht mehr weiter in die freie Landschaft wachsen, sondern entsprechend der jahrhundertealten Tradition des sorgsamen Umgangs mit dem Boden eine Verdichtung nach innen angestrebt werden. Um diese entwicklungspolitische Zielsetzung öffentlichkeitswirksam und konkret zu verdeutlichen, veranstaltete die Regierung 1966 einen internationalen Architekturwettbewerb, der verdichtete Siedlungs- und Wohnformen zum Inhalt hatte. Mit bodensparender und preiswerter Bauweise sollte eine Alternative zum frei stehenden Einfamilienhaus angeboten werden, ohne dass auf den inzwischen sehr hohen Wohnstandard verzichtet werden müsste. In der Lan-
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desausstellung "Zeitgemässe Wohntypen" von 1969 wurden die Wettbewerbsprojekte der Bevölkerung vorgestellt. Dieses Pilotprojekt des Landes führte in Kooperation mit verschiedenen Gemeinden zu einer ersten Realisierungsphase und zu einem dauernden Impuls, der bis heute wirksam und mehr denn je wichtig ist. Allerdings konnten damit die grundsätzlichen Fragen der Raumentwicklung nicht gelöst werden. Die Regierung bestellte 1975 eine grosse interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit dem Auftrag, ein zeitgemässes Baugesetz mit planungsrechtlichen Bestimmungen zu entwickeln. Diese Arbeiten scheiterten, so dass die Regierung anfangs der 80er Jahre eine grosse Teilrevision des Baugesetzes von 1947 einleitete, die 1985 rechtskräftig wurde.
1991 wurde die Regierung durch ein Postulat des Landtages verpflichtet, zur koordinierten und wohlgeordneten Entwicklung des Landes ein zweckmässiges Planungsgesetz zu erarbeiten. 1992 lag der Entwurf eines zukunftsorientierten und einer nachhaltigen Entwicklung verpflichteten Planungsgesetzes vor. Aus verschiedenen Gründen verzögerten sich Vernehmlassung und politische Diskussion dieses Planungsgesetzes, das der Landtag im Jahr 2002 mit 24 Stimmen mehrheitlich beschloss. In der Volksabstimmung vom 27. und 29. September 2002 fand dieses Planungsgesetz jedoch keine Mehrheit in der Bevölkerung.
Parallel zur Ausarbeitung dieses Planungsgesetzes hatte die Regierung bereits 1994 und erneut 1999 die Ausarbeitung eines neuen oder weiterentwickelten Baugesetzes beschlossen und im Frühjahr 2000 eine Arbeitsgruppe eingesetzt mit dem Auftrag, das geltende Baurecht auf eine zweckmässige Weiterentwicklung zu überprüfen. Die Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Regierungschefs kam zur einhelligen Auffassung, dass nur eine Neufassung des Baugesetzes Sinne mache: Struktur und Aufbau des Gesetzes von 1947, das verschiedentlich abgeändert und ergänzt worden ist, waren wenig geeignet, um ein modernes, transparentes und verständliches Baugesetz zu verfassen.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2009 / 045
2009 / 044
Landtagssitzungen
24. Oktober 2008
Stichwörter
Bau­ge­setz, Totalrevision
Bau­recht
Orts­pla­nung
Sied­lungs­ent­wick­lung, Planung