Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des schiedsrichterlichen Verfahrens
(Teilrevision der Zivilprozessordnung sowie Abänderung der Jurisdiktionsnorm und des Unfallversicherungsgesetzes)
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Das in seinen Grundzügen aus dem Jahr 1895 stammende Schiedsverfahrensrecht wurde mit dem Erlass der Zivilprozessordnung (ZPO) in LGBl. 1912 Nr. 9/1 aus dem österreichischen Recht rezipiert. Es hat seither mit LGBl. 2003 Nr. 134 nur eine einzige geringfügige Ergänzung (Einführung elektronischer Dokumente und elektronischer Post) erfahren und entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemässe, insbesondere der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit verpflichtete Regelung des Schiedsverfahrens.
Am 21. Juni 1985 wurde von der Kommission der Vereinten Nationen für Internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law, UNCITRAL) das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit angenommen. Dieses Modellgesetz hat zwar nur den Charakter einer unverbindlichen Empfehlung an die nationalen Gesetzgeber, es soll aber der Harmonisierung und Vereinheitlichung der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit dienen.
Mit den Vorarbeiten zum UNCITRAL-Modellgesetz beschäftigte sich eine Arbeitsgruppe, in der Experten aus einer Vielzahl von Ländern und auch die auf dem Gebiet des Schiedsgerichtswesens massgeblich tätigen internationalen Organisationen wie ICC (Internationale Handelskammer), ICCA (International Council for Commercial Arbitration), IBA (International Bar Association) und ILA (International Law Association) teilnahmen.
Dieses Modellgesetz wurde in der Folge von einer grossen Anzahl von Staaten rezipiert. Insbesondere orientierte sich auch die in Deutschland 1998 beschlossene Reform des Schiedsverfahrensrechts ganz wesentlich an den Vorgaben des Modellgesetzes, das sich zunehmend zu einer Art "Internationaler Standard" entwickelt hat. Solchen Standards kommt gerade im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr immer grössere Bedeutung zu.
Auch in Österreich, dem Herkunftsland der Rezeptionsvorlage für das liechtensteinische schiedsrichterliche Verfahren, trat am 1. Juli 2006 mit dem Schiedsrechts-Änderungs-Gesetz (SchiedsRÄG 2006) eine Totalrevision der Schiedsverfahrensbestimmungen in der österreichischen ZPO in Kraft, welche sich am UNCITRAL-Modellgesetz orientierte.
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Das Regierungsprogramm 2005-2009 sieht unter anderem auch die Prüfung des Beitritts Liechtensteins zum UN Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, abgeschlossen in New York am 10. Juni 1958 (New Yorker Übereinkommen) vor.
Das Vorhaben stellt auch im Rahmen des Projektes FUTURO einen wichtigen Teil der Umsetzungsinitiativen im Bereich "Rechtsanwendung" dar. Liechtenstein soll als Schiedsgerichtsstandort etabliert werden.
Der Wunsch dem New Yorker Übereinkommen beitreten zu können und das gleichzeitige Vorliegen einer totalrevidierten österreichischen Rezeptionsvorlage begünstigen eine Totalrevision der liechtensteinischen Bestimmungen zum schiedsrichterlichen Verfahren in der ZPO. Es soll daher ein zeitgemässes, vor allem am Modellgesetz orientiertes liechtensteinisches Schiedsverfahrensrecht geschaffen werden. Die Regierungsvorlage soll den Wirtschaftsstandort Liechtenstein dadurch stärken, dass sie Liechtenstein zu einem attraktiven Sitz für Schiedsgerichte macht; dadurch soll indirekt auch die Beschäftigung in Liechtenstein gestärkt werden.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Fürstliches Landgericht
Fürstliches Obergericht
Fürstlicher Oberster Gerichtshof
Amt für Auswärtige Angelegenheiten.
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Vaduz, 28. Oktober 2008
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag den nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des schiedsrichterlichen Verfahrens (Teilrevision der Zivilprozessordnung sowie Abänderung der Jurisdiktionsnorm und des Unfallversicherungsgesetzes) zu unterbreiten.
Das in seinen Grundzügen aus dem Jahr 1895 stammende Schiedsverfahrensrecht (8. Abschnitt "Schiedsrichterliches Verfahren" in der Zivilprozessordnung (ZPO)) wurde mit dem Erlass der ZPO in LGBl. 1912 Nr. 9/1 aus dem österreichischen Recht rezipiert. Es hat seither mit LGBl. 2003 Nr. 134 nur eine einzige geringfügige Ergänzung (Einführung elektronischer Dokumente und elektronischer Post) erfahren und entspricht nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemässe, insbesondere der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit verpflichtete Regelung des Schiedsverfahrens.
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Im Herkunftsland der Rezeptionsvorlage (Österreich) trat am 1. Juli 2006 mit dem Schiedsrechts-Änderungs-Gesetz (SchiedsRÄG 2006) eine Totalrevision der Bestimmungen über das schiedsrichterliche Verfahren in der österreichischen ZPO in Kraft.