Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Gesetz über die Vermittlung von und den Handel mit Kriegsmaterial sowie das Gesetz über die Vermittlung von und den Handel mit nuklearen Gütern, radioaktiven Abfällen, doppelt verwendbaren Gütern und besonderen militärischen Gütern
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Der Handel mit Kriegsmaterial unterliegt, soweit Herstellung, Ein-, Aus- und Durchfuhr betroffen sind, den aufgrund des Zollvertrags in Liechtenstein anwendbaren schweizerischen Rechtsvorschriften insbesondere dem Bundesgesetz über das Kriegsmaterial (SR 514.51). Die Vermittlungstätigkeit sowie der Handel von Liechtenstein aus ausserhalb des liechtensteinisch-schweizerischen Zollgebiets sind hingegen nicht Gegenstand des Zollvertrags und werden in Liechtenstein seit 1999 durch die Verordnung über die Vermittlung von Kriegsmaterial (KMVV; LGBl. 1999 Nr. 185) geregelt. Diese Regelung auf Verordnungsebene wurde von Anfang an nicht als Ideallösung angesehen, drängte sich aber aus pragmatischen Gründen aufgrund der internationalen Verpflichtungen Liechtensteins auf, die sich aus der Ratifikation des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen (Chemiewaffenübereinkommen, CWÜ) und des Übereinkommens über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung (APMÜ) ergeben hatten.
Die geltende Verordnung wird jedoch den nationalen und internationalen Anforderungen unter mehreren Aspekten nicht mehr gerecht. Zudem besteht im Bereich der Vermittlung von nuklearen Gütern im Vergleich zur Schweiz eine Rechtslücke. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung der Vermittlungsthematik ist es angezeigt, klare rechtliche Grundlagen zu schaffen. Diese sollen in Form von zwei Gesetzen, einerseits für die Regelung der Vermittlung von Kriegsmaterial und des Handels damit (Kriegsmaterialgesetz) und andererseits für die Regelung der Vermittlungstätigkeit und des Handels im Bereich der Kernenergie und der Güterkontrolle (Kernenergie-Güterkontroll-Gesetz), statuiert werden. Dabei ist festzuhalten, dass in diesem Zusammenhang unter dem Begriff "Handel" immer der Handel von Liechtenstein aus ausserhalb des liechtensteinisch-schweizerischen Zollgebiets verstanden wird.
Der Entwurf für das Kriegsmaterialgesetz übernimmt im Wesentlichen die Regelungen der bisher geltenden KMVV und überführt diese in ein Gesetz. Neu soll eine gesetzessystematische und somit transparente Trennung zwischen Bestimmungen, die auf Gesetzesebene geregelt werden müssen, und Bestimmungen, die
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in eine Durchführungsverordnung gehören, erfolgen. Im Unterschied zur Vermittlung von nuklearen Gütern war im Bereich des Kriegsmaterials bereits bisher eine Bewilligungspflicht vorgesehen. Eine Änderung ergibt sich lediglich bei den Zuständigkeiten. Die wesentlichste Neuerung stellt der angehobene Strafrahmen dar.
Mit dem Gesetz über die Vermittlung von und den Handel mit nuklearen Gütern, radioaktiven Abfällen, doppelt verwendbaren Gütern und besonderen militärischen Gütern wird eine Bewilligungspflicht für die Vermittlung von Kernmaterialien und Technologie eingeführt, die zur Entwicklung, Herstellung und Anwendung der genannten Güter erforderlich ist. Zudem wird die Regierung ermächtigt, eine Bewilligungspflicht für die Vermittlung von doppelt verwendbaren Gütern (sog. "Dual-Use"-Gütern) und besonderen militärischen Gütern sowie den Handel damit einzuführen, sollte dies international gefordert werden. Die in den letzten Jahren gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass im Zusammenhang mit der Vermittlung von nuklearen Gütern Missbrauchshandlungen auch den Finanzplatz Liechtenstein tangiert könnten. Die daraus resultierende Verletzbarkeit soll mit dieser Vorlage eingeschränkt werden, insbesondere soll möglichen Umgehungsgeschäften Einhalt geboten werden.
Zuständige Ressorts
Ressort Finanzen, Ressort Inneres
Betroffene Amtsstellen
Stabsstelle Financial Intelligence Unit (FIU), Amt für Auswärtige Angelegenheiten, Landespolizei
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Vaduz, 12. August 2008
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend
Eine gesetzliche Neuregelung der Vermittlungstätigkeit von Kriegsmaterial, nuklearen Gütern, radioaktiven Abfällen, doppelt verwendbaren Gütern (sog. "Dual-Use"-Gütern) und besonderen militärischen Gütern ist angezeigt, da die geltende Verordnung über die Vermittlung von Kriegsmaterial (KMVV; LGBl. 1999 Nr. 185) den nationalen und internationalen Anforderungen unter mehreren Aspekten nicht mehr gerecht wird.
Ziel dieser Verordnung ist die Kontrolle der Vermittlung von Kriegsmaterial und entsprechender Technologien ins Ausland, insbesondere von ABC-Waffen (atomaren, biologischen und chemischen Waffen) und Antipersonenminen. Damit sollten die internationalen Verpflichtungen Liechtensteins, die sich aus der Ratifikation des Übereinkommens über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes chemischer Waffen und über die Vernichtung solcher
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Waffen (Chemiewaffenübereinkommen, CWÜ) und des Übereinkommens über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung (APMÜ) ergeben hatten, erfüllt werden. Zudem regelt die Verordnung auch Verpflichtungen, die sich aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen und dem Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung, Lagerung und des Einsatzes bakteriologischer (biologischer) Waffen und über die Vernichtung solcher Waffen, ergeben. Eine eigenständige Regelung der Vermittlungstätigkeiten war notwendig, da seit der 1. Bereinigung der Anlagen zum Zollvertrag im Jahr 1997 diese Bestimmungen nicht mehr anwendbar sind. Vermittlungstätigkeiten gelten als Dienstleistungserbringungen und scheiden damit aus der Zollvertragsmaterie aus. Die schweizerische Seite stimmte der Nichtanwendbarkeit der Vermittlungsbestimmungen unter der Bedingung zu, dass Liechtenstein die Vermittlung künftig selbst regeln wird.
Die Regierung hatte bereits im Januar 1998 beschlossen, gesetzliche Grundlagen insbesondere zum Verbot des Waffenhandels zu erarbeiten. Da eine Lösung auf gesetzlicher Ebene sich nicht innert nützlicher Frist abzeichnete, Liechtenstein mit der Hinterlegung der Ratifikationsurkunden zum Chemiewaffen- bzw. zum Antipersonenminenübereinkommen aufgrund der grossen politischen Bedeutung dieser beiden Abkommen nicht länger zuwarten wollte und verschiedene Stellen zum Schluss kamen, dass eine Regelung der Vermittlungstätigkeit auf Verordnungsebene zulässig (wenn auch nicht rechtlich einwandfrei) sei
1, wurde gestützt auf das Gesetz über Massnahmen im Wirtschaftsverkehr mit fremden Staaten (Wirtschaftsmassnahmengesetz) die KMVV ausgearbeitet. Es wurde aber von den involvierten Stellen immer wieder klar festgehalten, dass die Regelung verschiede-
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ner Punkte auf dem Verordnungsweg mittel- und längerfristig nicht genügen könne und eine definitive Lösung schon wegen der Bedeutung der Bestimmungen der Verordnung angestrebt werden sollte, aber auch um zu vermeiden, dass die gesetzliche Grundlage der Verordnung in einem konkreten Streitfall einmal in Frage gestellt würde.
Aufgrund der zunehmenden Bedeutung dieser Thematik ist es angezeigt, klare rechtliche Grundlagen zu schaffen. Diese sollen in Form von zwei Gesetzen, einerseits für die Regelung der Vermittlungstätigkeit von Kriegsmaterial und andererseits für die Regelung der Vermittlungstätigkeit im Bereich der Kernenergie und der Güterkontrolle, statuiert werden. Von beiden Gesetzen erfasst wird auch der Handel von Liechtenstein aus ausserhalb des liechtensteinisch-schweizerischen Zollgebiets. Soweit in diesem Vernehmlassungsbericht von Handel gesprochen wird, ist daher immer der Handel ausserhalb des liechtensteinisch-schweizerischen Zollgebiets gemeint.
Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern und Vertreterinnen der FIU (Vorsitz), des Amts für Auswärtige Angelegenheiten, des Ressorts Inneres, des Ressorts Wirtschaft und der Staatsanwaltschaft hat die neuen Rechtsgrundlagen vorbereitet.
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1 | Das Erfordernis der Gesetzesform bedeutet, dass wichtige Rechtsnormen, auf denen die Verwaltungstätigkeit beruht, in einem Gesetz im formellen Sinn geregelt sein müssen. Der Rechtsdienst hat 1999 eine Prüfung der Kriterien zur Bestimmung der Wichtigkeit einer Rechtsnorm vorgenommen und ist zum Ergebnis gekommen, dass die Regelung der Vermittlungstätigkeit aufgrund des Legalitätsprinzips in einem Gesetz erfolgen sollte. |
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