Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2009 / 41
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte der Rückversicherungsrichtlinie
3.Ziele und Grund­züge der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle und finan­zi­elle Auswirkungen
8.Räum­liche, orga­ni­sa­to­ri­sche Aus­wir­kungen der Vorlage
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Ver­si­che­rungs­auf­sichts­ge­setz
2.Ver­si­che­rungs­ver­mitt­lungs­ge­setz
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Versicherungsvermittlungsgesetzes (unter besonderer Berücksichtigung der Umsetzung der EU-Rückversicherungsrichtlinie)  
 
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Durch diese Vorlage soll die Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2005 über die Rückversicherung und zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG, 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 98/78/EG und 2002/83/EG (Rückversicherungsrichtlinie) in liechtensteinisches Recht umgesetzt werden.
Ziel der Rückversicherungsrichtlinie ist die Schaffung eines Aufsichtsrahmens für die Rückversicherungstätigkeiten in der Gemeinschaft. Die Rückversicherungsrichtlinie ist eine weitere Massnahme im Rahmen des Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen der Europäischen Union, um den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu verwirklichen.
Die aufsichtsrechtlichen Rahmenbestimmungen der Richtlinie beruhen auf der bestehenden Regelung, die mit der dritten Versicherungsrichtlinie zur Errichtung des Binnenmarktes für Versicherungen eingeführt wurde.
Aufgrund der Richtlinie wird das Prinzip der Zulassung und finanziellen Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen durch den Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen seinen Sitz hat ("Sitzlandaufsicht") auch auf die Rückversicherungsunternehmen ausgedehnt. Mit dieser Zulassung erhalten die Rückversicherungsunternehmen ebenso wie die Direktversicherer einen "einheitlichen Pass", mit dem sie ihre Geschäfte überall im Europäischen Wirtschaftsraum ausüben können. Ausserdem sind in der Richtlinie Aufsichtsregeln für die Überwachung der Rückversicherungsunternehmen enthalten.
Durch die Umsetzung der Richtlinie wird auch die Bildung von Schwankungsrückstellungen für Rückversicherungsunternehmen und Captives vorgesehen. Dadurch kann die Attraktivität des Versicherungsstandorts Liechtenstein gesteigert werden.
Zudem soll mit dieser Vorlage die Richtlinie 2007/44/EG zur Änderung der Richtlinie 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2002/83/EG, 2004/39/EG, 2005/68/EG und 2006/48/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Versicherungsbereich umgesetzt werden.
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Inhaltlich umfassen die Vorschriften der Richtlinie 2007/44/EG die Definition, die Berechnungsart sowie formelle und materielle Bestimmungen im Zusammenhang mit der Beurteilung von qualifizierten Beteiligungen.
Da diese Richtlinie bereits existierende Richtliniennormen und somit bereits umgesetzte Bestimmungen modifiziert, bedarf es zu deren Umsetzung mehrheitlich lediglich der Anpassung bestehender Bestimmungen im Versicherungsaufsichtsgesetz, Bankengesetz und Vermögensverwaltungsgesetz. Die Umsetzung im Banken- und Vermögensverwaltungsgesetz ist bereits im Gange. Die erste Lesung im Landtag zu dieser Vorlage ist im Dezember 2008 erfolgt.
Schliesslich sollen mit dieser Revision auch weitere, dringende Postulate aufgenommen werden, die sich in der Aufsichtspraxis ergeben haben.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Behörde
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
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Vaduz, 2. Juni 2009
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Versicherungsvermittlungsgesetzes (unter besonderer Berücksichtigung der Umsetzung der EU-Rückversicherungsrichtlinie) zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
Mit der Richtlinie 73/239/EWG des Rates vom 24. Juli 1973 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung, der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung mit Ausnahme der Lebensversicherung und der Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. November 2002 über Lebensversicherungen wurden die Bestimmungen für die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Direktversiche-
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rung in der EU bzw. EG festgelegt. Die einschlägigen Richtlinien sind Bestandteil des acquis communautaire, welcher im EWR zu beachten ist, und sie sind entsprechend in das Gesetz (vom 6. Dezember 1995) betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz; VersAG), mit seitherigen Änderungen, eingeflossen. Ein Grossteil der Einzelregelungen wurde sodann in die Versicherungsaufsichtsverordnung (VersAV) übernommen.
Die genannten Richtlinien legen den Rechtsrahmen für die Ausübung der Versicherungstätigkeit durch Versicherungsunternehmen im europäischen Markt sowohl unter dem Gesichtspunkt der Niederlassungs- als auch unter jenem der Dienstleistungsfreiheit fest. Dadurch soll es den Unternehmen mit Sitz in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens erleichtert werden, innerhalb des Geltungsbereichs des EWR-Abkommens Verpflichtungen einzugehen. Andererseits soll den Versicherungsnehmern die Möglichkeit eröffnet werden, sich nicht nur bei Versicherungsunternehmen in ihrem eigenen Land, sondern auch bei solchen zu versichern, die ihren Sitz in einem anderen EWR-Staat haben und in anderen Staaten niedergelassen sind. Die daraus sich ergebenden Freiheiten sind im Verhältnis zur Schweiz durch das Abkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Direktversicherung (vom 19. Dezember 1996, in Kraft getreten am 9. Juli 1998) auf den bilateralen Versicherungsverkehr erstreckt worden.
Die mit den erwähnten Richtlinien für Direktversicherungsunternehmen eingeführte Regelung gilt sowohl für deren direkte Versicherungstätigkeit als auch für ihre aktive Rückversicherungstätigkeit. Rückversicherungsgeschäfte von Rückversicherungsunternehmen unterstanden jedoch früher weder dieser Regelung noch anderen Vorschriften des Gemeinschafts- bzw. EWR-Rechts.
Mit der Richtlinie 64/225/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 über die Beseitigung der Beschränkungen bei der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit im
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Bereich der Rückversicherung und der Retrozession wurden in der EG zwar die bezüglichen Beschränkungen auf Grund der Nationalität oder des Sitzes eines Rückversicherers beseitigt. Es wurden jedoch nicht die Beschränkungen aufgehoben, die durch Abweichungen zwischen den einzelstaatlichen Vorschriften betreffend die Rückversicherungsaufsicht existierten. Dadurch kam es zu erheblichen Unterschieden im Ausmass der Beaufsichtigung von Rückversicherungsunternehmen in Europa, wodurch auch Schranken bei der Ausübung des Rückversicherungsgeschäfts errichtet worden sind. Die liechtensteinische Aufsicht über Rückversicherungsunternehmen folgte diesem traditionellen Ansatz und hatte bisher keine oder nur wenige spezielle Bestimmungen für die Rückversicherung vorgesehen. Gemäss Art. 5 des geltenden VersAG sind von der inländischen Aufsicht Versicherungsunternehmen mit Sitz im Ausland ausgenommen, die im Fürstentum Liechtenstein nur die Rückversicherung betreiben. Sodann zählt Art. 2 der VersAV die Bestimmungen der Verordnung auf, welche für Unternehmen, die ausschliesslich die Rückversicherung betreiben, gelten. Insbesondere waren bisher keine speziellen Vorschriften betreffend Kapitalausstattung der Rückversicherungsunternehmen und die Kontrolle über deren Solvabilität vorgesehen.
Gemäss dem Aktionsplan für Finanzdienstleistungen ("Financial Services Action Plan"; FSAP) der Europäischen Union (EU) ist die Rückversicherung ein Sektor, der eine Regelung auf Gemeinschaftsebene sowie im Rahmen des EWR-Abkommens erfordert, um den Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen zu vervollständigen. Diesem Ziel ist die Richtlinie 2005/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2005 über die Rückversicherung sowie zur Änderung der hiervor genannten früheren Richtlinien verpflichtet (im Folgenden Rückversicherungsrichtlinie). Die Richtlinie ist ebenfalls für den EWR von Bedeutung, und sie soll mit dem vorliegenden Entwurf in das liechtensteinische Recht umgesetzt werden.
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Die Richtlinie folgt dem in den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften für die Direktversicherung gewählten Ansatz einer wesentlichen, notwendigen und ausreichenden Harmonisierung, um die gegenseitige Anerkennung der Zulassungen und der Aufsichtssysteme zu gewährleisten, die die Erteilung einer einzigen innerhalb des Geltungsbereichs des EWR-Abkommens gültigen Zulassung und die Anwendung des Grundsatzes der Aufsicht durch den Herkunftsstaat ("home country control") erlaubt.
Die Regierung schlägt vor, die Rückversicherungsrichtlinie in das Versicherungsaufsichtsgesetz (VersAG) zu übernehmen und damit gleichzeitig die Gelegenheit zu nutzen, zusätzliche Änderungen des VersAG vorzunehmen, die als dringend erachtet werden. Weitere Novellierungen des VersAG werden einer späteren Gesamtrevision des VersAG vorbehalten. Auf Ebene der Verordnungen und der sonstigen Vollzugserlasse besteht bei Übernahme der Rückversicherungsrichtlinie in das Gesetz ebenfalls Anpassungsbedarf, der dann nach Verabschiedung des vorgeschlagenen Gesetzes möglichst umgehend vollzogen werden soll.
Die Vorlage dient zudem der Umsetzung der Richtlinie 2007/44/EG zur Änderung der Richtlinie 92/49/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2002/83/EG, 2004/39/EG, 2005/68/EG und 2006/48/EG in Bezug auf Verfahrensregeln und Bewertungskriterien für die aufsichtsrechtliche Beurteilung des Erwerbs und der Erhöhung von Beteiligungen im Finanzsektor. Der Gemeinsame EWR-Ausschuss hat am 4. Juli 2008 beschlossen, diese Richtlinie in das EWR-Abkommen aufzunehmen. Die am 5. September 2007 verabschiedete Richtlinie 2007/44/EG thematisiert keinen eigenständigen Gegenstand, sondern ändert bzw. ergänzt die Richtlinien 92/49/EG betreffend Direktversicherungen (ausgenommen Lebensversicherungen), 2002/83/EG betreffend Lebensversicherungen, 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, 2005/68/EG über die Rückversicherung und 2006/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit von Kreditinstituten
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um detaillierte Kriterien einer aufsichtsrechtlichen Beurteilung und ein Verfahren bei beabsichtigtem Erwerb einer qualifizierten Beteiligung. Die vorliegende Richtlinie 2007/44/EG fügt in allen oben genannten Richtlinien verfahrensrechtliche Bestimmungen ein, welche formelle wie auch materielle Aspekte betreffen. Die durch die Richtlinie 2007/44/EG notwendigen Änderungen des Bankengesetzes und des Vermögensverwaltungsgesetzes sind im Gange. Die erste Lesung dieser Vorlage im Landtag ist im Dezember 2008 erfolgt.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2009 / 329
2009 / 328
Landtagssitzungen
25. Juni 2009
Stichwörter
Akti­ons­plan für Finanz­dienst­lei­stungen der EU
Bin­nen­markt für Finanzdienstleistungen
EG-Richt­linie 2002/83/EG
EG-Richt­linie 2004/39/EG
EG-Richt­linie 2005/68/EG
EG-Richt­linie 2006/48/EG
EG-Richt­linie 2007/44/EG
EG-Richt­linie 73/239/EWG
EG-Richt­linie 92/49/EWG
EG-Richt­linie 98/78/EG
Richt­linie über die Rückversicherung
Rück­ver­si­che­rungs­richt­linie, Umsetzung
Ver­si­che­rungs­auf­sicht
Ver­si­che­rungs­auf­sichts­ge­setz, Abänderung
Ver­si­che­rungs­un­ter­nehmen, Sitzlandaufsicht
Ver­si­che­rungs­ver­mitt­lungs­ge­setz, Abänderung