Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2009 / 87
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage / Anlass der Vorlage
2.Schwer­punkte
3.Ver­nehm­las­sung
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein 1. Teil: Vertrag sowie Vereinbarung zum Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft
 
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Umweltabgaben verteuern umweltschädigende Stoffe und schaffen damit einen Anreiz, sparsamer damit umzugehen. Zugleich sind sie verursachergerecht, wie es das Umweltschutzgesetz verlangt. Auf der Basis des schweizerischen Umweltschutzgesetzes hat die Schweiz in den letzten Jahren verschiedene Umweltabgaben eingeführt.
Für Liechtenstein stellten sich mit der Einführung von Lenkungsabgaben in der Schweiz grundsätzliche Fragen zur fiskalpolitischen Autonomie sowie zur Ausgestaltung der liechtensteinischen Umweltpolitik. Die Regierung vertrat die Auffassung, dass die Erhebung von Abgaben grundsätzlich eine hoheitliche Angelegenheit darstellt und daher von Liechtenstein eigenständig zu regeln ist. Es gilt aber zu berücksichtigen, dass in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum mit offenen Grenzen gemeinsame Regeln gelten müssen, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
Gestützt auf diesen Grundsatzbeschluss wurden mit der Schweiz Verhandlungen für eine völkerrechtliche Vereinbarung zur analogen Erhebung von Umweltabgaben in Liechtenstein aufgenommen. Aus Gründen der Praktikabilität können diesbezüglich keine unterschiedlichen materiellen Vorschriften zwischen Liechtenstein und der Schweiz gelten. Es wurde deshalb unbeschadet der liechtensteinischen Autonomie eine Lösung gesucht, die einerseits eine gleichzeitige und parallele Übernahme der schweizerischen materiellen Vorschriften in das liechtensteinische Recht gewährleistet, andererseits den Vollzug möglichst pragmatisch gestaltet. Die zwischenstaatlichen Regeln betreffend die Umweltabgaben werden - ähnlich der bilateralen Regelung, die im Jahr 2000 bei der Übernahme der schweizerischen LSVA (leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) getroffen wurde - in einem Vertrag und in einer Vereinbarung dazu niedergelegt. Der Vertrag legt die Grundzüge der Abmachung fest, während die Vereinbarung die Einzelheiten regelt. Die Umsetzung erfolgt durch die Schaffung nationaler Gesetze und Verordnungen, in welchen das schweizerische Recht eigenständig nachvollzogen wird. Einzelne hauptsächlich verfahrensrechtliche schweizerische Rechtsnormen gelangen direkt in Liechtenstein zur Anwendung. Aus dem Vertrag und der Vereinbarung selbst ergeben sich keine personellen, finanziellen, organisatorischen oder räumlichen Auswirkungen.
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Die in Liechtenstein zu erlassenden nationalen Rechtsgrundlagen sind Bestandteil eines separaten Berichts und Antrags.
Zuständige Ressorts
Ressort Äusseres
Ressort Umwelt, Raum-, Land- und Waldwirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Umweltschutz
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Vaduz, 20. Oktober 2009
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Vertrag sowie zur Vereinbarung zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein zu unterbreiten. Dieser Bericht und Antrag bildet den 1. Teil der Vorlage zu den Umweltabgaben; im 2. Teil, der dem Landtag separat zugeht, wird der Erlass von liechtensteinischen Gesetzen zu verschiedenen Umweltabgaben beantragt.
1.Ausgangslage / Anlass der Vorlage
Auf der Basis des schweizerischen Umweltschutzgesetzes1 hat die Schweiz in den letzten Jahren verschiedene Umweltabgaben eingeführt: 1998 wurden die Lenkungsabgaben auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOC)2 und auf "Heizöl -
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Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0.1 Prozent3 eingeführt, im Jahr 2001 die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (revidiert im Jahr 2008)4 sowie 2004 die Lenkungsabgaben auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0.001 Prozent5. Auf der Basis des CO2-Gesetzes hat die Schweiz schliesslich 2008 die CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen6 eingeführt. Lenkungsabgaben zeichnen sich gegenüber der früheren Politik, welche sich primär auf Gebote und Verbote abgestützt hat, vor allem durch ihren marktwirtschaftlichen Charakter, ihre Kosteneffizienz und ihre Anreizfunktion aus. Sie erhöhen den Preis eines umweltbelastenden Stoffes. Damit wird der wichtigste marktwirtschaftliche Steuerungsmechanismus in den Dienst des Umweltschutzes gestellt und gleichzeitig werden die Verursacher in die Pflicht genommen (Verursacherprinzip).
Für Liechtenstein stellten sich mit der Einführung von Umweltabgaben in der Schweiz verschiedene spezifische Fragestellungen. Aufgrund des fiskalpolitischen Charakters der Umweltabgaben bestand zwischen Liechtenstein und der Schweiz das Verständnis, dass diese nicht Zollvertragsmaterie sind und in Liechtenstein folglich nicht auf dieser Grundlage erhoben werden können. Wegen ihrer markteingreifenden Wirkung im gemeinsamen Wirtschaftsraum bestand jedoch das Einvernehmen, dass Liechtenstein die gleichen Umweltabgaben wie die Schweiz erhebt und dafür zur einschlägigen Bundesgesetzgebung analoges Recht schafft. Die Regierung hatte deshalb bereits im Jahr 2001 beschlossen, dass die Erhebung von Abgaben im Umweltbereich grundsätzlich eine hoheitliche Angelegenheit Liechtensteins und daher von Liechtenstein eigenständig zu regeln ist. Schweize-
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rische Erlasse über Umweltabgaben bzw. Bestimmungen über die Erhebung von Umweltabgaben sind deshalb nicht bzw. nicht ausschliesslich auf der Grundlage des Zollvertrages und nicht nur über die Aufnahme in dessen Anlage I als auf Liechtenstein anwendbar zu erklären. Dennoch ist in der Regel die Übernahme von schweizerischen Umweltabgaben aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz erforderlich, um insbesondere auch Verzerrungen aufgrund ansonsten unterschiedlicher wirtschaftspolitischer Regeln in den beiden Ländern zu vermeiden. Die Übernahme soll möglichst über jeweilige völkerrechtliche Vereinbarungen erfolgen.
Gestützt auf diesen Grundsatzbeschluss wurden mit der Schweiz Verhandlungen aufgenommen, um eine völkerrechtliche Vereinbarung betreffend die Umweltabgaben abzuschliessen. Nachdem sich abzeichnete, dass eine CO2-Abgabe in der Schweiz eingeführt würde, wurde im Einvernehmen mit der Schweiz beschlossen, diese Materie in einer umfassenden Vereinbarung gemeinsam mit den anderen Umweltabgaben zu regeln.
Die CO2-Abgabe ist der Lösungsansatz der Schweiz zur Zielsetzung der Reduzierung von CO2-Emissionen und damit zur Erfüllung der Verpflichtungen unter dem Kyoto-Protokoll. Der Pflicht zur CO2-Abgabe unterliegen die Herstellung, Gewinnung und Einfuhr von fossilen Brenn- und Treibstoffen, soweit sie zur energetischen Nutzung in Verkehr gebracht werden. Gruppen und Unternehmen, welche Brenn- und Treibstoffe verbrauchen, wird die Abgabe zurückerstattet, wenn sie mit dem Bund eine so genannte Zielvereinbarung zur Begrenzung der CO2-Emissionen abschliessen.
Die Erhebung der Abgabe wirkt sich auf den Verkaufspreis gegenüber den Verbrauchern und Verbraucherinnen aus. Aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftsraums Schweiz - Liechtenstein hat die CO2-Abgabe - wie die übrigen Lenkungsabgaben auch - somit faktische bzw. wirtschaftliche Auswirkungen auf die
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liechtensteinischen Verbraucher und Verbraucherinnen, unabhängig von der staatsvertraglichen Regelung zur Erhebung der Umweltabgaben in Liechtenstein. Umgekehrt besteht für die liechtensteinischen Unternehmen ohne staatsvertragliche Regelung keine Möglichkeit, eine Zielvereinbarung zur Emissionsreduktion einzugehen.
Die Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten (Emissionshandelsrichtlinie), zu deren Übernahme Liechtenstein aufgrund seiner EWR-Mitgliedschaft verpflichtet war, sieht zur Emissionsreduktion einen anderen Mechanismus vor. Nach der Emissionshandelsrichtlinie bzw. deren Umsetzung im liechtensteinischen Emissionshandelsgesetz (EHG), LGBl. 2008 Nr. 10, erhalten die betroffenen Unternehmen Zertifikate, die ihnen Emissionen bis zu einem bestimmten Maximalwert erlauben. Halten sie diese Maximalwerte nicht ein, müssen sie sich zusätzliche Zertifikate auf dem freien Markt einkaufen. Um die Werte zu unterschreiten und den "Restanteil" der erhaltenen Zertifikate verkaufen zu können, müssen sie in Technologie zur Emissionsreduktion investieren.
Bei gleichzeitiger Anwendung des EU-Mechanismus und der Erhebung der CO2-Abgabe käme es ohne spezifische Anpassungen im bilateralen Verhältnis Liechtenstein - Schweiz für jene Unternehmen, die von beiden Mechanismen erfasst werden, zu Doppelbelastungen. Um eine solche Wettbewerbsbehinderung für die betroffenen Unternehmen zu vermeiden, musste in Bezug auf die Erhebung der CO2-Abgabe in Liechtenstein eine Sonderlösung gefunden werden. Es konnte in den Verhandlungen erreicht werden, dass die in Liechtenstein anwendbaren Bestimmungen des EWR-Abkommens in Bezug auf Umweltabgaben von der Schweiz als gleichwertig mit den Abgaben gemäss Bundesgesetzgebung anerkannt werden. Die doppelt belasteten Unternehmen erhalten daher die von ihnen entrichtete CO2-Abgabe zurückerstattet.
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Bis zum Abschluss der Verhandlungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz und dem Inkrafttreten der völkerrechtlichen Vereinbarung wurden und werden die erwähnten Umweltabgaben im Sinne einer Übergangslösung gestützt auf den Zollvertrag in Liechtenstein erhoben.



 
1Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz; SR 814.01)
 
2Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV; SR 814.018)
 
3Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf "Heizöl Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0.1 Prozent (HELV; SR 814.019)
 
4Verordnung vom 26. September 2008 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA; SR 814.681)
 
5Verordnung vom 15. Oktober 2003 über die Lenkungsabgaben auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0.001 Prozent (BDSV; SR 814.020)
 
6Verordnung vom 8. Juni 2007 über die CO2-Abgabe (CO2-Verordnung; SR 641.712)
 
LR-Systematik
0..8
0..81
0..81.4
LGBl-Nummern
2010 / 012
Landtagssitzungen
16. Dezember 2009
20. November 2009
Stichwörter
Fis­kal­po­litik
Len­kungs­ab­gabe
Steuern, Abgaben
Umwelt­ab­gabe, Umweltschutz
Umwelt­ab­gaben im Fürs­tentum Liechtenstein
Umwelt­ab­gaben, Schweiz
Umwelt­ab­gaben, Ver­ein­ba­rung zum Ver­trag mit Schweiz
Umwelt­ab­gaben, Ver­trag mit Schweiz