Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein 2. Teil: Schaffung eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCG), eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf "Heizöl Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % (HELG), eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr ALS 0,001 % (BDSG), eines Gesetzes über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (ASAG) und eines Gesetzes über die Erhebung einer CO2-Abgabe auf fossilen Energieträgern (CO2-Gesetz).
Umwelt- und Lenkungsabgaben bilden als Ergänzung zu Geboten und Verboten ein modernes Instrument zum Schutze der Umwelt. Mit dem marktwirtschaftlichen Instrument von Lenkungsabgaben soll über finanzielle Anreize beziehungsweise über den Preis von Produkten umweltgerechtes Verhalten erzeugt und ein effizienter Umweltschutz sichergestellt werden. In der Schweiz sind entsprechende Bestimmungen im Jahre 1997 ins Umweltschutzgesetz aufgenommen und in der Folge Lenkungsabgaben auf verschiedene Stoffe und Produkte eingeführt worden, namentlich auf flüchtige organische Verbindungen, auf Heizöl Extraleicht mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % sowie auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 %. Dazu kam eine Abgabe auf bestimmte zur endgültigen Deponierung vorgesehene Abfälle, deren Erträge zur Mitfinanzierung von Altlastensanierungen verwendet werden. Als bisher letzte Umweltabgabe wurde mit Wirkung ab 2008 - gestützt auf das CO2-Gesetz von 1999 - eine Abgabe auf den Ausstoss von CO2 aufgrund der Verwendung fossiler Brenn- und Treibstoffe eingeführt.
Aufgrund des fiskalpolitischen Charakters der Umweltabgaben bestand zwischen Liechtenstein und der Schweiz das Verständnis, dass diese nicht Zollvertragsmaterie sind und in Liechtenstein folglich nicht auf dieser Grundlage erhoben werden können. Wegen ihrer markteingreifenden Wirkung im gemeinsamen Wirtschaftsraum bestand jedoch das Einvernehmen, dass Liechtenstein die gleichen Umweltabgaben erhebt und dafür zur einschlägigen Bundesgesetzgebung analoges Recht schafft. Deshalb hielt die Regierung bereits 2001 in einem Grundsatzentscheid fest, dass die Erhebung von Abgaben im Umweltbereich eine hoheitliche Angelegenheit Liechtensteins und daher von Liechtenstein eigenständig zu regeln ist, dies aufgrund des gemeinsamen Wirtschaftsraumes mit der Schweiz jedoch in enger Anlehnung an und in Zusammenarbeit mit der Schweiz. In der Folge wurden Verhandlungen mit der Schweiz über den Abschluss einer völkerrechtlichen Vereinbarung über Umweltabgaben aufgenommen. Die Schweiz stand dem Anliegen Liechtensteins positiv gegenüber. Bis zum Abschluss der Verhandlungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz und dem Inkrafttreten der völkerrechtlichen Vereinbarung wurden und werden die erwähnten Umweltabgaben im Sinne einer Übergangslösung gestützt auf den Zollvertrag in Liechtenstein erhoben.
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Bis zum Jahre 2007 konnten die Verhandlungen weit vorangetrieben werden. Bis zum formellen Vertragsabschluss sollte aber noch die definitive Einführung der CO2-Abgabe in der Schweiz abgewartet und ins Vertragswerk integriert werden. Diese Arbeiten erwiesen sich in der Folge aber als äusserst vielschichtig und komplex. Insbesondere mussten die Abgrenzungen zu den Bestimmungen der ins EWR-Abkommen übernommenen Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgaszertifikaten sowie die Modalitäten der Abgabenerhebung und Rückerstattung detailliert geklärt werden. Im ersten Halbjahr 2009 konnten diese Fragen einer Lösung zugeführt werden.
Als Verhandlungsergebnis liegen nun ein Vertrag sowie eine Vereinbarung vor, welche dem Landtag mit separatem Bericht und Antrag zugestellt wurden. Zur Umsetzung des Vertrages und der Vereinbarung sind die entsprechenden schweizerischen Bestimmungen über Lenkungs- und Umweltfinanzierungsabgaben in liechtensteinisches Recht zu übernehmen, was mit dem vorliegenden Bericht beantragt wird. Im Vorfeld wurde dem Landtag und den Gemeinden bereits im Jahre 2005 dargelegt, dass auf eine Vernehmlassung verzichtet werden sollte, um die enge Zeitspanne nach Abschluss der Verhandlungen nicht unnötig zu verlängern, und da in materieller Hinsicht kaum Spielraum besteht. Diesem Ansinnen wurde weder vom Landtag noch von den Gemeinden widersprochen.
Neben diesen völkerrechtlichen Aspekten wird mit den Gesetzesvorlagen auch einem aus umweltpolitischer Sicht nach wie vor gegebenen Handlungsbedarf nachgekommen. Die Gesetzesvorlagen betreffen einerseits Lenkungsabgaben auf flüchtigen organischen Verbindungen, auf Heizöl Extraleicht mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % und auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 %, andererseits eine Umweltfinanzierungsabgabe auf abgelagerte Abfälle, und schliesslich eine Abgabe auf den CO2-Ausstoss aufgrund der Verwendung fossiler Energieträger. Organisation, Vollzug und Zuständigkeiten sind in den Vorlagen so ausgestaltet, dass die bisherige Zusammenarbeit mit den schweizerischen Behörden weitestgehend bestehen bleibt. Dadurch ergeben sich gegenüber heute sowohl für die betroffenen Betriebe als auch für den Staat keine zusätzlichen finanziellen Auswirkungen. Hingegen fallen für die Verwaltung zusätzliche Aufgaben an, welche bisher unter dem Regime des Zollvertrages von den zuständigen schweizerischen Behörden direkt erledigt wurden. Darunter fal-
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len insbesondere verschiedene Aufgaben in Zusammenhang mit der CO2-Abgabe, die aber auch auf die EU-Emissionshandelsrichtlinie respektive deren praktischer Abgrenzung gegenüber dem schweizerischen System der CO2-Abgabe zurückzuführen sind.
Zuständiges Ressort
Ressort Umwelt, Raum, Land- und Waldwirtschaft
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Umweltschutz
Stabsstelle EWR
Stabsstelle Finanzen
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Vaduz, 20. Oktober 2009
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCG), eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf "Heizöl Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % (HELG), eines Gesetzes über die Lenkungsabgabe auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 % (BDSG), eines Gesetzes über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (ASAG) sowie eines Gesetzes über die Erhebung einer CO2-Abgabe auf fossilen Energieträgern (CO2-Gesetz) zu unterbreiten. Dieser Bericht und Antrag bildet den 2. Teil der Vorlage zu den Umweltabgaben. Im 1. Teil werden dem Landtag der Vertrag sowie die Vereinbarung zum Vertrag zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend die Umweltabgaben im Fürstentum Liechtenstein vorgelegt.
Gemäss Vertrag und Vereinbarung sind die Vorschriften der schweizerischen Gesetzgebung über Umweltabgaben in liechtensteinisches Landesrecht einzuführen. Um die gleichzeitige Anwendung der Umweltabgaben in der Schweiz und in Liechtenstein ohne Wettbewerbsverzerrung und mit vertretbarem Aufwand bewerkstelligen zu können, ist der Spielraum in der Ausgestaltung der entsprechenden liechtensteinischen Erlasse sehr gering. Deshalb hat die Regierung auf eine Vernehmlassung der Gesetzesvorlagen verzichtet, die betroffenen Stellen
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wie Landtag, Gemeinden sowie Vertreter von Industrie und Gewerbe und Umweltorganisationen jedoch bereits im Jahre 2005 darüber informiert. Auf diese Ankündigung sind keine Wünsche hinsichtlich der Durchführung einer Vernehmlassung geäussert worden.
Die Regierung erachtet es aus denselben Gründen als zweckdienlich, dass der Hohe Landtag diese Vorlage abschliessend - d.h. sowohl in erster als auch in zweiter und dritter Lesung - in Behandlung zieht. Dies auch, weil der Teil 1 zu den Umweltabgaben Völkerrecht betrifft, das jeweils in einer einzigen Landtagssitzung behandelt wird. Die Gesetzesvorlagen stützen sich direkt auf den Vertrag und die Vereinbarung zu Umweltabgaben. Beide Berichte und Anträge zu den Umweltabgaben bilden ein zusammen gehörendes Gesamtpaket.
Lenkungs- und Umweltabgaben bilden ein modernes Instrument zum Schutze der Umwelt als Ergänzung zu Geboten und Verboten. Mit dem marktwirtschaftlichen Instrument von Lenkungsabgaben soll über finanzielle Anreize beziehungsweise über den Preis von Produkten umweltgerechtes Verhalten erzeugt und ein effizienter Umweltschutz sichergestellt werden. Wer für die Umweltbeanspruchung bezahlen muss, wird versuchen, seine finanzielle Belastung zu senken und damit gleichzeitig auch die Umweltbelastung zu reduzieren. In der Schweiz wurde das Umweltschutzgesetz in den 90er Jahren um ein entsprechendes Kapitel ergänzt, welches seit 1. Juli 1997 in Kraft ist. Konkretisiert wurden auf Verordnungsebene die Lenkungsabgaben auf flüchtigen organischen Verbindungen, auf Heizöl Extra Leicht mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 %, auf Benzin und
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Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 %, die CO2-Abgabe auf fossile Energieträger sowie die Umweltfinanzierungsabgabe auf gewisse abgelagerte Abfälle.
Im Grundsatz ist der Entscheid, Umweltschutz über marktwirtschaftliche Instrumente zu erreichen, eine hoheitliche Angelegenheit von Staaten. Andererseits ist unbestritten, dass die schweizerischen und liechtensteinischen Umweltschutzziele weitgehend deckungsgleich sind und so weit wie möglich gleichgerichtete rechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen sollen. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass durch die wirtschaftliche Verflechtung Liechtensteins mit der Schweiz aufgrund des Zollvertrages und der damit verbundenen offenen Grenzen zwischen Liechtenstein und der Schweiz (gemeinsamer bilateraler Wirtschaftsraum) und angesichts der Kleinheit Liechtensteins ein Alleingang bei der Anwendung insbesondere von Lenkungsabgaben nahezu unmöglich ist.
Angesichts dieser Überlegungen hat die Regierung beschlossen, dass die Erhebung von Abgaben im Umweltbereich grundsätzlich eine hoheitliche Angelegenheit Liechtensteins darstellt und daher von Liechtenstein eigenständig zu regeln ist. Schweizerische Erlasse über Umweltabgaben bzw. deren Bestimmungen über die Erhebung von Umweltabgaben sind infolgedessen nicht bzw. nicht ausschliesslich auf der Grundlage des Zollvertrages und nicht nur über die Aufnahme in dessen Anlage I als auf Liechtenstein anwendbar zu erklären. Dennoch ist aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen Liechtenstein und der Schweiz in der Regel die Übernahme von schweizerischen Umweltabgaben insbesondere deshalb erforderlich, um Verzerrungen aufgrund unterschiedlicher wirtschaftspolitischer Regeln in den beiden Ländern zu vermeiden. Dies kann durch den Abschluss einer völkerrechtlichen Vereinbarung über Umweltabgaben erfolgen. Vor diesem Hintergrund trat die Regierung in Verhandlungen mit der Schweiz, um einen Vertrag und eine Vereinbarung betreffend die Umweltabga-
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ben abschliessen zu können. Die Schweiz nahm dieses Anliegen positiv auf und trat auf die Verhandlungen ein. Gemäss den ausgehandelten Entwürfen für einen Vertrag und eine Vereinbarung sind die Vorschriften der schweizerischen Gesetzgebung über Umweltabgaben in liechtensteinisches Landesrecht einzuführen. Mit dem vorliegenden Bericht und Antrag sollen in Liechtenstein die gesetzlichen Grundlagen für die Lenkungsabgaben auf flüchtigen organischen Verbindungen, auf Heizöl Extraleicht mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 %, auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 %, über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten sowie über die CO2-Abgabe auf fossile Energieträger geschaffen werden.
Konkret handelt es sich bei den schweizerischen Rechtserlassen zu Umwelt- und Lenkungsabgaben, welche gestützt auf den Vertrag und die Vereinbarung betreffend die Umweltabgaben bezüglich der für die gegenständliche Materie relevanten Bestimmungen in liechtensteinisches Recht überzuführen sind, um folgende Erlasse:
Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz, USG; SR 814.01).
Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die Reduktion der CO2-Emissionen (CO2-Gesetz; SR 641.71).
Verordnung vom 26. September 2008 über die Abgabe zur Sanierung von Altlasten (VASA; SR 814.681) (Mit dieser Verordnung wurde die ursprüngliche Verordnung vom 5. April 2000 aufgehoben).
Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf flüchtigen organischen Verbindungen (VOCV; SR 814.018).
Verordnung vom 12. November 1997 über die Lenkungsabgabe auf "Heizöl Extraleicht" mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,1 % (HELV; SR 814.019).
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Verordnung vom 15. Oktober 2003 über die Lenkungsabgaben auf Benzin und Dieselöl mit einem Schwefelgehalt von mehr als 0,001 % (BDSV; SR 814.020).
Verordnung vom 8. Juni 2007 über die CO2-Abgabe (CO2-Verordnung; SR 641.712).
Verordnung vom 22. Juni 2005 über die Anrechnung der im Ausland
erzielten Emissionsverminderungen (CO2-Anrechnungsverordnung; SR 641.711.1).