Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des Eisenbahngesetzes (EbG)
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Das geltende Gesetz über das Eisenbahnwesen, LGBl. 1968 Nr. 3, hat seit seiner Schaffung im Jahr 1967 nur marginale Änderungen erfahren und entspricht damit in weiten Teilen nicht den EWR-rechtlichen Vorgaben. Die Richtlinie 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnen in der Gemeinschaft stellte im Jahr 1991 den ersten Schritt zu einer einheitlichen europäischen Eisenbahnpolitik dar. Mittlerweile wurden im Rahmen der sogenannten "Eisenbahnpakete" zahlreiche EWR-Rechtsakte erlassen, die im Wesentlichen eine Umgestaltung der staatlichen Eisenbahnunternehmen zu wettbewerbsfähigen Bahnen sowie die Öffnung der national abgeschotteten Eisenbahnmärkte bezwecken. Von grundlegender Bedeutung ist dabei die vorgegebene Unterscheidung zwischen Eisenbahninfrastruktur und Eisenbahnverkehr verbunden mit einem freien Netzzugang für alle Eisenbahnverkehrsunternehmen, die zueinander in Wettbewerb treten können.
Die derzeit einzige über das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein führende Eisenbahnstrecke (Staatsgrenze bei Buchs SG-Staatsgrenze bei Schaanwald) dient fast ausschliesslich dem internationalen Transitverkehr. Seit dem Jahr 2000 verkehrt auch ein beschränkter Regionalverkehr als "Liechtenstein Takt". Die Infrastruktur wird von den Österreichischen Bundesbahnen auf konzessionsrechtlicher Basis betrieben.
Das von der Regierung verfolgte Ziel einer deutlichen Verbesserung des Personennahverkehrs auf der Schiene (S-Bahn FL.A.CH), um - im Verbund mit dem Linienbusverkehr - den öffentlichen Verkehr in Liechtenstein und grenzüberschreitend deutlich attraktiver zu gestalten, erfordert künftig eine Reihe von Massnahmen betreffend den Ausbau und die Nutzung der vorhandenen Bestandsstrecke. Daher ist nunmehr die Schaffung eines neuen Eisenbahngesetzes, welches die in der Zwischenzeit stattgefundene Entwicklung des EWR-Eisenbahnrechts sowie die veränderten Bedürfnisse berücksichtigt, geboten.
Soweit möglich, baut der Entwurf auf dem geltenden Eisenbahngesetz auf und orientiert sich im Übrigen aufgrund des engen Zusammenhangs des im Fürstentum Liechtenstein gelegenen Streckenteils mit dem österreichischen Eisenbahnnetz, soweit es sinnvoll erscheint, inhaltlich am österreichischen Eisenbahngesetz.
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Zuständiges Ressort
Ressort Verkehr
Betroffene AmtsStellen
Tiefbauamt, Amt für Handel und Transport
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Vaduz, 26. Oktober 2010
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag den gegenständlichen Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des Eisenbahngesetzes (EBG) zu unterbreiten.
In der Vergangenheit war die praktische Bedeutung des liechtensteinischen Eisenbahngesetzes relativ gering, weil die derzeit einzige über das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein führende Eisenbahnstrecke (Staatsgrenze bei Buchs SG bis Staatsgrenze bei Schaanwald) fast ausschliesslich dem internationalen Transitverkehr dient. Seit dem Jahr 2000 findet auch ein eingeschränkter Schienenpersonennahverkehr, der "Liechtenstein Takt", auf diesem Streckenabschnitt statt. Die Infrastruktur wird von einem ausländischen Unternehmen betrieben, und auch die Verkehrsleistungen auf der Schiene werden ausschliesslich von ausländischen Eisenbahnverkehrsunternehmen erbracht. Das Projekt einer S-Bahn FL.A.CH, die von Buchs SG über das Gebiet des Fürstentums Liechtenstein nach Feldkirch verkehren soll, und der damit zusammenhängende notwendige Ausbau
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der Eisenbahnstrecke erfordert nunmehr eine Anpassung des aus dem Jahr 1967 stammenden Gesetzes über das Eisenbahnwesen (im folgenden als "geltendes EBG" bezeichnet) an die in der Zwischenzeit stattgefundene Entwicklung eines EWR-Eisenbahnrechts sowie an die veränderten Bedürfnisse.