Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes (FMAG) und des Sorgfaltspflichtgesetzes (SPG)
4
Der Landtag hat im letzten Jahr im Rahmen der Einführung des neuen Corporate Governance-Rahmengesetzes und der damit verbundenen Anpassung verschiedener Spezialgesetze die Finanzierung der Finanzmarktaufsicht (FMA) neu geregelt. Der maximale Beitrag des Landes an die FMA wurde, mit einer Übergangsphase ins Jahr 2013, auf 8 Mio. Franken reduziert. Um die damit entstehende Finanzierungslücke bei der FMA zu decken wurde im Finanzmarktaufsichtsgesetz (FMAG) vorgesehen, eine jährliche Aufsichtsabgabe von den Beaufsichtigten zu erheben. Die Regierung hat in der Folge per 1. Januar 2010 die Bestimmungen zur Erhebung der Aufsichtsabgaben und Gebühren durch die FMA in der FMA-Gebührenverordnung (FMA-GebV) erlassen. Die Finanzierung der FMA war damit geregelt und gesichert. In den vergangenen Monaten haben der Staatsgerichtshof und die FMA-Beschwerdekommission Urteile zu Bestimmungen im FMAG wie auch im Sorgfaltspflichtgesetz (SPG) erlassen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Möglichkeiten der FMA haben, sich durch Gebühren und Abgaben zu finanzieren.
Am 29. Januar 2010 hat ein Advokaturbüro im Auftrag von rund 270 Stimmberechtigten Beschwerde (Popularbeschwerde) wegen Verletzung verfassungsmässig garantierter Rechte gegen die FMA-GebV erhoben. Der Staatsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 22. Juni 2010 (StGH 2010/24) Art. 30 Abs. 3 und Abs. 4 FMAG als verfassungswidrig aufgehoben. In diesen Bestimmungen wurde die Regelung der FMA-Gebühren und Abgaben an den Verordnungsgeber, d.h. die Regierung delegiert. Als Konsequenz fehlt der FMA-Gebührenverordnung nun die rechtliche Grundlage; sie ist deshalb nicht mehr anwendbar.
Ebenfalls am 22. Juni 2010 hat der StGH in einem weiteren Urteil (StGH 2010/124) die Art. 24 Abs. 9 und Art. 25 SPG als verfassungswidrig erkannt und aufgehoben. Gegenstand dieses Verfahrens war eine Verfügung der FMA, in welcher die Kosten einer ausserordentlichen Kontrolle gemäss SPG dem betroffenen Finanzintermediär auferlegt wurden. Mit der Aufhebung der besagten Bestimmungen im SPG hat die FMA derzeit keine Möglichkeit mehr, Kosten für SPG-Untersuchungen den jeweilig betroffenen Personen aufzuerlegen.
5
Im Weiteren hat die FMA-Beschwerdekommission (FMA-BK) in ihrem Urteil vom 7. Mai 2010 (FMA-BK 2010/8) entschieden, dass die Kosten für Untersuchungen auf Grundlage von Art. 26 Abs. 1 FMAG (Verfahren zur Feststellung des Sachverhalts) nicht den entsprechenden Beaufsichtigten auferlegt werden können, sofern diese kein Verschulden trifft. Dieses Urteil hat zur Folge, dass die FMA entstandene Untersuchungskosten grundsätzlich nicht weiterverrechnen kann. Das heisst, die FMA trägt das Kostenrisiko zur Gänze selber oder muss auf die Durchführung von aufsichtsrechtlich erforderlichen Untersuchungen verzichten.
Die Finanzierung der FMA ist durch diese drei Urteile nicht mehr gesichert bzw. derzeit ohne Rechtsgrundlagen. Nach Abzug des Staatsbeitrages muss die FMA für das Jahr 2010 noch etwa CHF 6 Mio. an Gebühren und Abgaben einnehmen, um ihre Kosten zu decken. Dies ist aktuell nicht möglich. Schlussendlich müsste der Staat bzw. der Steuerzahler für die fehlenden Einnahmen aufkommen.
Ziel dieser Vorlage ist es deshalb, die Finanzierung der FMA auf eine solide rechtliche Basis zu stellen. Dazu sollen die entsprechenden Bestimmungen im FMAG und SPG so angepasst werden, dass sie den verfassungsrechtlichen Vorgaben genügen und keinen ungewollten Interpretationsspielraum zulassen.
Aus Sicht der Regierung gelingt es der gegenständlichen Vorlage, die Anregungen der Vernehmlassungsteilnehmer aufzunehmen und ihren Bedenken Rechnung zu tragen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass mit der Einführung eines Systems zur laufenden Kontrolle der Kosten in Verfahren zur Feststellung des Sachverhaltes gem. Art. 26 FMAG sowie bei den ausserordentlichen Kontrollen gemäss Art. 25 SPG deutliche Verbesserungen hinsichtlich der geforderten Bestimmbarkeit und Vorhersehbarkeit eingeführt werden. Der gleichen Zielerreichung dient auch, dass die Kosten von Kontrollen gem. Art. 26 FMAG und Art. 25 SPG für den Fall, dass keine Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen festgestellt werden konnte, durch den Staat getragen werden sollen. Dies hat zur Folge, dass solche im Vornherein nicht bezifferbare Kosten nicht via Aufsichtsabgabe zusätzlich auf die Beaufsichtigten umgelegt werden. Die Regierung trägt den anlässlich der Stellungnahmen geäusserten Bedenken Rechnung, indem dadurch dem Kriterium der besseren Bestimmtheit und der Voraussehbarkeit der Aufsichtsabgaben deutlich mehr Gewicht beigemessen werden kann und kommt daher zur Ansicht, dass - anders als im Vernehmlassungstext vorgesehen die FMA
6
- der Staat für diese Kosten aufkommen soll. Im Bereich der Gebühren wurde auf die Statuierung von Bandbreiten verzichtet. Auch diese Massnahme begünstigt die Transparenz für die Beaufsichtigten, welche eine gebührenpflichtige Leistung der FMA in Anspruch nehmen. Die Aufnahme eines Anhanges betreffend die Gebühren im FMAG hat allerdings häufigere Abänderungen des FMAG infolge neuer Regulierungen wie bspw. das Geldspielgesetz oder auch die Umsetzung der Abschlussprüfer-Richtlinie zur Folge.
Zuständiges Ressort
Ressort Präsidium
Betroffene Institution
Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein
7
Vaduz, 2. November 2010
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes (FMAG) und des Sorgfaltspflichtgesetzes (SPG) zu unterbreiten.
Der Landtag hat im Rahmen der Einführung des Öffentliche-Unternehmen-Steuerungs-Gesetz (ÖUSG) auch verschiedene Spezialgesetze, darunter das FMAG, angepasst. Die Finanzierung der FMA wurde anlässlich dieser Überarbeitung auf eine neue Grundlage gestellt. Die Mittel für die FMA sollten einerseits aus einem Staatsbeitrag von maximal 8 Mio. Franken (Übergangsphase bis 2013), andererseits aus den Gebühren und Abgaben der Beaufsichtigten aufgebracht werden. Um den Anteil der einzelnen Beaufsichtigten, d.h. die jährliche Aufsichtsabgabe, zu bestimmen, wurde ein Abgabemodell analog dem System der FINMA und der meisten anderen europäischen Finanzmarktaufsichtsbehörden
8
entwickelt. In diesem Modell werden die Kosten der FMA, die am Ende eines Jahres nicht durch den Staatsbeitrag und durch Gebühreneinnahmen gedeckt sind, nach einem Schlüssel auf die Finanzintermediäre umgelegt. Dieser Schlüssel berücksichtigt einerseits die Verursachergerechtigkeit, andererseits die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der einzelnen Beaufsichtigten. Konkret bedeutet dies, dass z. B. der Beitrag der Banken sich an den Gesamtkosten für die Bankenaufsicht bemisst, wobei jedoch eine kleine Bank eine geringere Abgabe als eine grosse Bank zu tragen hat.
Das gesamte Jahresbudget der FMA liegt heute in einer Grössenordnung von 16 - 18 Mio. Franken. Mit dem geplanten System hätten Staat und Finanzplatz die Kosten der FMA zu etwa gleichen Teilen getragen. In Bezug auf die Unabhängigkeit, die die FMA für die Ausübung ihrer Tätigkeit zweifelsohne benötigt, ist diese Aufteilung nach Ansicht der Regierung sinnvoll.