Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Finalitätsgesetzes und des Sachenrechts
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Die Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen (Finalitätsrichtlinie) bezweckt eine Novellierung der bisher geltenden diesbezüglichen Vorschriften. Dies mit dem Ziel, die durch die bisherigen Vorschriften erreichte Gewissheit mit Bezug auf die Endgültigkeit von Zahlungs- und Übertragungsaufträgen, Netting und Sicherungsvereinbarungen für die Teilnehmer von solchen Systemen zu verbessern. Zudem soll diese Gewissheit auch mittels weiterer Klärungen einzelner Elemente, z.B. der Verantwortlichkeiten der Systembetreiber, und Vereinfachungen, z.B. Erleichterung der Verwendung von Kreditforderungen als Sicherheit, zusätzlich gestärkt werden. Mit Bezug auf eine bessere Verwendbarkeit der Kreditforderungen sollen überdies Verwaltungsvorschriften wie etwa Mitteilungs- und Registrierungspflichten abgeschafft bzw. verboten und die Möglichkeit geschaffen werden, dass Kreditschuldner auf ihre Verrechnungsrechte und den Bankgeheimnisschutz verzichten.
Die Umsetzung der Richtlinie 2009/44/EG beschlägt, wie die durch sie abgeänderten Richtlinien 98/26/EG und 2002/47/EG das Finalitätsgesetz sowie das Sachenrecht, letzteres mit Bezug auf die Finanzsicherheiten. Des weiteren wird in beiden Erlassen der enge Bezug zur Schweiz, sei dieser abwicklungstechnisch oder mit Bezug zu Sicherungsgeber oder Sicherungsnehmer, stärker berücksichtigt. Ebenso werden neu auch Sicherheiten bei Zentralbanken (einschliesslich der Schweizerischen Nationalbank im Rahmen des Währungsvertrags) erfasst.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Amtsstellen
Finanzmarktaufsicht
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Vaduz, 2. November 2010
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Finalitätsgesetzes und des Sachenrechts zu unterbreiten.
Liechtenstein hat die Richtlinie 98/26/EG im Jahr 2002 mittels Schaffung des Finalitätsgesetzes (LGBl. 2002 Nr. 159) und die Richtlinie 2002/47/EG durch Abänderung des Sachenrechts (LGBl. 1923 Nr. 4) in nationales Recht umgesetzt.
Die Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen und der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen (ABl. L 146, 10. Juni 2009, S. 37 ff.), nachfolgend kurz Finalitätsrichtlinie, ändert, wie der Titel schon sagt, die beiden vorgenannten Richtlinien ab. Da Liechtenstein gemäss Art. 7 des Abkommens
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über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA) verpflichtet ist, die ins EWRA übernommenen Richtlinien in nationales Recht zu transformieren, gilt dies auch für die Finalitätsrichtlinie.
Die Finalitätsrichtlinie hat zum Ziel, die seitens der Europäischen Union im aktuellen Regelungsrahmen georteten Defizite zu beseitigen bzw. mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten Schritt zu halten. So ist es ein wirtschaftliches Faktum, dass heute die einzelnen Liefer- bzw. Abrechnungssysteme nur mehr selten unabhängig voneinander operieren. Die stetig steigende Interoperabilität zwischen den Systemen verlangt nach einer Regelung des diesbezüglichen Zusammenspiels der Systeme sowie nach klarer Zuweisung der damit verbundenen Rechte und Pflichten der Systembetreiber und Systemteilnehmer. Mit Bezug auf die Finanzsicherheiten bedeutet die Finalitätsrichtlinie, dass der Pool der verfüg- bzw. verwendbaren Sicherheiten um die Kreditforderungen vergrössert wird. Durch diese Erweiterung wird der Wettbewerb unter den Kreditgebern gestärkt und die Kreditverfügbarkeit erhöht, was letztlich wiederum eine Verbesserung für Konsumenten wie auch Schuldner bedeutet. Um diese erleichterte Verwendbarkeit zu erreichen, bedarf es überdies der Beseitigung unnötiger Verwaltungsvorschriften wie beispielsweise gewisser Melde- und Registrierungspflichten sowie der Schaffung der Möglichkeit zugunsten des Kreditschuldners, gegenüber dem Kreditgeber auf die Verrechnung zu verzichten. Schliesslich verlangt die bessere, einfachere und effizientere Verwendung der Finanzsicherheiten auch danach, dass der Schuldner - was heute in der Praxis bereits üblich ist - den Kreditgeber von seiner Pflicht zur Einhaltung des Bankgeheimnisses in einem vernünftigen Umfang entbinden kann. Nur so ist es dem Kreditgeber möglich, mit diesen Finanzsicherheiten störungsfrei, aber im Interesse seiner Gesellschafter, Aktionäre oder sonstigen
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Beteiligten und so tendenziell auch im Interesse der Kreditnehmer, weiter wirtschaften zu können.
Die Finalitätsrichtlinie stellt einen weiteren Schritt dar in der EWR-weiten Harmonisierung, welche letzten Endes das Ziel verfolgt, gleiche Bedingungen für sämtliche Banken im EWR sowie eine klare rechtliche Regelung, die auch dem Konsumenten zugute kommt, zu erreichen.
Die Frist zur Umsetzung der Finalitätsrichtlinie läuft am 30. Dezember 2010 ab. Die Vorschriften sind gemäss der Finalitätsrichtlinie ab dem 30. Juni 2011 anzuwenden.