Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2010 / 132
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regie­rung hin­sicht­lich Umset­zung der Richt­li­nien 2006/54/EG und 2004/113/EG
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass und Not­wen­dig­keit der Gesetzesvorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Umset­zung
5.Ver­nehm­las­sung
6.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
7.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
8.Finan­zi­elle und per­so­nelle Auswirkungen
9.Ver­hältnis zur Schweiz
II.Bericht der Regie­rung hin­sicht­lich Karenz­frist vor Ferienanspruch
III.Antrag der Regierung
IV.Regie­rungs­vor­lagen
1.Abän­de­rung des Gleichstellungsgesetzes
2.Abän­de­rung des Gesetzes über Vermittlerämter
3.Abän­de­rung des Arbeits­ver­trags­rechts / All­ge­meines Bür­ger­li­ches Gesetzbuch
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gleichstellungsgesetzes (GLG), des Arbeitsvertragsrechts (ABGB) sowie des Vermittleramtsgesetzes (VAG)
(Umsetzung der Richtlinien 2006/54/EG und 2004/113/EG)
5
Der Rat der Europäischen Union hat am 13. Dezember 2004 die Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und zusammen mit dem Europäischen Parlament am 5. Juli 2006 die Richtlinie 2006/54/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen erlassen.
Beide Richtlinien verfolgen das Ziel, den Grundsatz der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen sicherzustellen.
Mit der Richtlinie 2006/54/EG soll dies für betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit durchgesetzt werden, welche Schutz bieten vor den Auswirkungen von Krankheit, Invalidität, Alter, Berufsunfall und Berufskrankheit sowie Arbeitslosigkeit.
Die Richtlinie enthält ein Verbot der direkten oder indirekten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Zivilstands in Bezug auf den Anwendungsbereich der Systeme, den Zugang zu den Systemen, die Beitragspflicht und die Beitragsbemessung, die Berechnung der Leistungen sowie die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch und die Geltungsdauer.
Darüber hinaus ist Zweck der Richtlinie 2006/54/EG, die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich Arbeit und Beschäftigung zu vereinfachen, zu modernisieren und zu verbessern, indem die einschlägigen Bestimmungen der bestehenden Gleichbehandlungsrichtlinien in einem einzigen Text zusammengefasst werden und damit für alle Bürgerinnen und Bürger an Klarheit und Wirksamkeit gewinnen. Durch die Umsetzung der Richtlinie soll eine wirksame Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen garantiert werden, soweit es um das Arbeitsentgelt, den Zugang zur Beschäftigung und zur Berufsbildung und die Arbeitsbedingungen geht.
Die Richtlinie 2004/113/EG verbietet Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen.
6
Die Gleichstellung von Mann und Frau soll nicht nur - wie bisher - im Erwerbsleben gewährleistet werden, denn Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts einschliesslich Belästigungen und sexuelle Belästigungen gibt es häufig auch in Bereichen ausserhalb des Arbeitsmarktes. Solche Diskriminierungen können dieselben negativen Auswirkungen haben und ein Hindernis für eine vollständige, erfolgreiche Eingliederung von Männern und Frauen in das wirtschaftliche und soziale Leben darstellen. Diese Probleme sind besonders im Bereich des Zugangs zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen auffällig. Dabei wird das Augenmerk insbesondere auf Versicherungen gerichtet. Die Richtlinie enthält eine Bestimmung, welche die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern im Bereich Versicherungen ausdrücklich untersagt. Die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht darf nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führen. Eine Ausnahme kann aber vorgesehen werden, wenn die unterschiedliche Behandlung auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Grundlagen beruht. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau kann im Anwendungsbereich der Richtlinie nur mehr durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt werden.
Die Umsetzung der Richtlinien erfolgt durch Einarbeitung neuer Bestimmungen in das geltende Gleichstellungsgesetz (GLG) - welches denselben allgemeinen Gegenstand der Gleichstellung betrifft - sowie der Abänderung des Gesetzes über das Vermittleramtsgesetz (VAG) und des Arbeitsvertragsrechts (ABGB). Auf die ursprünglich vorgesehen Gesetzesvorlagen zur Abänderung des Gesetzes über die betriebliche Personalvorsorge (BPVG) und des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG) wird verzichtet.
Im Zusammenhang mit der Abänderung des ABGB wird zudem die bestehende Regelung hinsichtlich der 3-monatigen Karenzfrist vor Entstehen eines Ferienanspruchs an die Schweizer Regelung angeglichen und somit auch einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Rechnung getragen.
Die im Juni bis August 2010 durchgeführte Vernehmlassung hat gezeigt, dass das Thema Gleichstellung von Frau und Mann von verschiedenen Stellen mit grossem Interesse verfolgt und eine stetige Weiterentwicklung und Verbesserung in diesem Bereich angestrebt wird.
7
Mit der Vorlage des gegenständlichen Berichts und Antrags wird eine klare und übersichtliche Darstellung der Gleichbehandlung und Gleichstellung von Frau und Mann geschaffen und die entsprechenden geltenden sowie neuen Bestimmungen in einem Gesetz vereint.
Zuständige Ressorts
Ressort Familie und Chancengleichheit
Ressort Wirtschaft
Betroffene Stellen
Stabsstelle für Chancengleichheit (SCG)
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein(FMA)
Amt für Volkswirtschaft (AVW)
9
Vaduz, 16. November 2010
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gleichstellungsgesetzes (GLG), des Arbeitsvertragsrechts (ABGB) sowie des Vermittleramtsgesetzes (VAG) zu unterbreiten.
1.1Allgemeines
Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ist ein allgemeines Menschenrecht. Dieses Recht wurde in verschiedenen Übereinkommen, Erklärungen und Pakten1 anerkannt und von den EU-Mitgliedstaaten sowie von Liechtenstein unterzeichnet und ratifiziert. In der EU -
10
stellt die Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen gemäss Art. 3 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) eine der Hauptaufgaben der Union dar. Ausserdem hält Art. 8 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) fest, dass die Union bei all ihren Tätigkeiten darauf hinzuwirken habe, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Im Rahmen des EWR-Abkommens ist die Bedeutung der Gleichstellung von Mann und Frau in Präambel 11 sowie in Art. 69 EWRA ausdrücklich anerkannt worden und hat somit auch Geltung für Liechtenstein erlangt. Dies ergänzend zur Grundsatzbestimmung in Art. 31 Abs. 2 der Landesverfassung (LV), wonach Mann und Frau gleichberechtigt sind.
Mit Beschluss Nr. 33/2008 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 14. März 20082 erfolgte die Übernahme der Richtlinie 2006/54/EG in das EWR-Abkommen. Der Landtag hat der Übernahme der Richtlinie in seiner Sitzung vom 23. Oktober 2008 einhellig zugestimmt. In den EU-Mitgliedstaaten war die Richtlinie bis 15. August 2008 in nationales Recht umzusetzen, in den EWR/EFTA-Staaten (Norwegen, Island und Liechtenstein) verlängerte sich diese Frist aufgrund des verzögerten Übernahmeverfahrens bis zum 1. Februar 2009. Nachdem seither der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) noch keine Umsetzung mitgeteilt werden konnte, hat diese zwischenzeitlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Liechtenstein eröffnet.
Die Übernahme der Richtlinie 2004/113/EG in das EWR-Abkommen erfolgte mit Beschluss Nr. 147/2009 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 4. Dezember 2009. Der Landtag hat im Juni 2010 die Zustimmung zur Übernahme dieser Richtlinie erteilt. In den EU-Mitgliedstaaten war die Richtlinie bis 21. Dezember 2007
11
in nationales Recht umzusetzen, für die EWR/EFTA-Staaten wurde die Frist durch den Übernahmebeschluss bis zum 30. Juni 2010 verlängert.
Liechtenstein ist demnach verpflichtet, die Richtlinien 2004/113/EG und 2006/54/EG in nationales Recht umzusetzen.



 
1In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, im Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung aller Formen der Diskriminierung von Frauen, im Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, im Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über bürgerliche und politische Rechte, im Internationalen Pakt der Vereinten Nationen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte sowie in der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
 
2LGBl. Nr. 371/2008.
 
LR-Systematik
1
10
105
2
27
273
2
21
210
LGBl-Nummern
2011 / 214
2011 / 213
2011 / 212
Landtagssitzungen
16. Dezember 2010
Stichwörter
Arbeits­ver­trags­rechts, Abän­de­rung (Gleichstellung)
Dis­kri­mi­nie­rung, Geschlecht, Arbeit
Dis­kri­mi­nie­rung, Geschlecht, aus­ser­halb des Arbeitsmarktes
EG-Richt­linie 2004/113/EG
EG-Richt­linie 2006/54/EG
Gleichs­tel­lung von Mann und Frau
Gleichs­tel­lungs­ge­setz, Abänderung
GLG, Gleichs­tel­lungs­ge­setz, Abänderung
VAG, Ver­mitt­ler­amts­ge­setz, Abänderung
Ver­mitt­ler­amts­ge­setz, Abänderung