Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2010 / 14
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Erläu­te­rungen zum Freihandelsabkommen
3.Erläu­te­rungen zum Land­wirt­schafts­ab­kommen zwi­schen der Schweiz und Serbien
4.Ver­nehm­las­sung
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Volks­wirt­schaft­liche Auswirkungen
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
 Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend  das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Serbien vom 17. Dezember 2009  
 
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Der Abschluss des Freihandelsabkommens mit Serbien wird den EFTA-Staaten erlauben, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu verstärken und die gegenwärtigen Diskriminierungen auf dem serbischen Markt zu beseitigen, die sich durch die seit dem 1. Februar 2009 einseitig durch Serbien erfolgende Anwendung des Interimsabkommen über Handel- und Handelsfragen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Serbien ergeben.
Das am 17. Dezember 2009 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen (FHA) mit Serbien deckt den Industriesektor, die landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte sowie Fisch und andere Meeresprodukte ab. Das Abkommen enthält ausserdem Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums, zum Wettbewerb und zur Handelserleichterung sowie Entwicklungsklauseln für die Dienstleistungen, die Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen. In Bezug auf unverarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse haben die einzelnen EFTA-Staaten mit Serbien bilaterale Abkommen abgeschlossen. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Serbien findet über die Anlage II zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein Anwendung.
Das Freihandelsabkommen ist teilweise asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit die Unterschiede der Wirtschaftsentwicklung Serbiens und der EFTA-Staaten. Während die EFTA-Staaten, abgesehen von einigen üblichen Ausnahmen, ihre Zölle und Abgaben mit dem Inkrafttreten des Abkommens vollständig abschaffen, wird Serbien für den schrittweisen Zollabbau eine Übergangsfrist bis Ende 2013 gewährt. Der Zollabbaukalender Serbiens entspricht demjenigen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen Serbien und der EU. Für die landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse gewähren die EFTA-Staaten Serbien Konzessionen in Form einer Behandlung, die derjenigen für Erzeugnisse mit EU-Ursprung gleichwertig ist. Die EFTA-Staaten ihrerseits erhalten Konzessionen auf allen Produkten, die für sie von Interesse sind.
Serbien ist ausserhalb der EU nach Kroatien in Südosteuropa der zweitwichtigste Handelspartner des Wirtschaftsraums Schweiz-Liechtenstein. 2008 betrugen die Ausfuhren nach Serbien 261 Millionen CHF (+13 % im Vergleich zum Vorjahr). Die
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am häufigsten exportierten Waren sind pharmazeutische Erzeugnisse (33 %), Maschinen (19 %), chemische Produkte (12 %), Präzisionsinstrumente (7 %) und Produkte der Uhrenindustrie (4 %). Die Importe der Zollunion Schweiz-Liechtenstein aus Serbien betrugen 2008 rund 59 Mio. CHF (+42 % im Vergleich zum Vorjahr) und betrafen hauptsächlich den Metallbau (40 %), Landwirtschaftsprodukte (vor allem Früchte wie Himbeeren) (22 %), Maschinen (20 %) und Möbel (6 %). Die liechtensteinischen Direktexporte nach Serbien beliefen sich im Jahr 2008, praktisch unverändert gegenüber dem Jahr 2007, auf 2.224 Mio. CHF. Die Direktimporte aus Serbien beliefen sich im Jahr 2008, ebenfalls praktisch unverändert gegenüber dem Jahr 2007, auf 78'000 CHF. Nicht statistisch erfasst werden die Handelsströme zwischen Liechtenstein und Serbien, bei denen der Handel über einen Schweizer Zwischenhändler (z.B. einen Grossisten oder Generalimporteur) geführt wird.
Voraussichtlich alle zwei bis drei Jahre findet eine Sitzung des Gemischten Ausschusses abwechslungsweise in Genf und in Serbien statt, so dass der liechtensteinischen Mission in Genf Reiseauslagen entstehen. Es ergeben sich keine personelle Konsequenzen und es entstehen keine räumlichen oder organisatorischen Auswirkungen.
Zuständiges Ressort
Ressort Äusseres
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, 2. März 2010
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Serbien vom 17. Dezember 2009 zu unterbreiten.
1.1Würdigung des Abkommens
Das am 17. Dezember 2009 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen mit Serbien deckt den Industriesektor, die landwirtschaftlichen Verarbeitungsprodukte sowie Fisch und andere Meeresprodukte ab. In Bezug auf unverarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse haben die EFTA-Staaten mit Serbien bilaterale Abkommen abgeschlossen. Das Freihandelsabkommen ist teilweise asymmetrisch ausgestaltet und berücksichtigt damit die Unterschiede der Wirtschaftsentwicklung Serbiens und der EFTA-Staaten. Während die EFTA-Staaten, abgesehen von einigen üblichen Ausnahmen, ihre Zölle und Abgaben mit dem Inkrafttreten des Abkommens vollständig abschaffen, wird Serbien für den schrittweisen Zollabbau
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eine Übergangsfrist bis Ende 2013 gewährt. Der Zollabbaukalender Serbiens entspricht demjenigen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen Serbien und der EU. Für die EFTA-Staaten führt dies zu einem Aufholeffekt gegenüber ihrem Hauptkonkurrenten auf dem serbischen Markt, da Serbien seit dem 1. Februar 2009 sein Interimsabkommen mit der EU über Handel und Handelsfragen einseitig anwendet. Für die landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse gewähren die EFTA-Staaten Serbien Konzessionen in Form einer Behandlung, die derjenigen für Erzeugnisse mit EU-Ursprung gleichwertig ist, und sie erhalten Konzessionen auf allen Produkten, die für sie von Interesse sind. Die Zollkonzessionen der Schweiz für die Zollunion Schweiz-Liechtenstein entsprechen weitgehend einer Konsolidierung der bisher einseitig gewährten Präferenzen im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS). Das Freihandelsabkommen löst das schweizerische APS-Präferenzsystem gegenüber Serbien ab. Das Abkommen enthält ausserdem Bestimmungen zum Schutz des geistigen Eigentums, zum Wettbewerb und zur Handelserleichterung sowie Entwicklungsklauseln für die Dienstleistungen, die Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen. Die im Rahmen des bilateralen Abkommens über unverarbeitete Landwirtschaftserzeugnisse eingeräumten Zollkonzessionen entsprechen denjenigen, welche bereits anderen Freihandelspartnern oder im Rahmen des APS autonom gewährt worden sind. Das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Serbien findet über die Anlage II zum Zollvertrag mit der Schweiz in Liechtenstein Anwendung.
Das Abkommen mit Serbien erweitert das Netz von Freihandelsabkommen, das die EFTA-Staaten seit 1990 aufbauen. Die EFTA-Staaten verfügen gegenwärtig über 16 in Kraft stehende Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der
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Europäischen Union1. Weitere Freihandelsabkommen haben die EFTA-Staaten mit Kolumbien2, den GCC-Staaten3 und Albanien unterzeichnet. Das Freihandelsabkommen mit Peru soll in Kürze unterzeichnet werden. Gegenwärtig finden Freihandelsverhandlungen zwischen den EFTA-Staaten und Algerien, Hong Kong, Indien, Thailand und der Ukraine statt. Weitere Freihandelsabkommen sind mit Indonesien, Russland und Vietnam in Vorbereitung. Mit Malaysia und Panama soll in einem ersten Schritt eine Zusammenarbeitserklärung abgeschlossen, zu Vietnam soll eine Machbarkeitsstudie im Hinblick auf ein Freihandelsabkommen durchgeführt werden. Die Schweiz hat auf bilateraler Ebene mit Japan ein Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft abgeschlossen, welches am 1. September 2009 in Kraft getreten ist. Dessen Bestimmungen über den Warenverkehr finden über die Anlage II zum Zollvertrag in Liechtenstein Anwendung. Die Schweiz verfolgt ausserdem einen exploratorischen Prozess für ein mögliches bilaterales Freihandelsabkommen mit China, dessen Bestimmungen über den Warenverkehr über den Zollvertrag auch in Liechtenstein angewendet würden.
Für Liechtenstein als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten stellt der Abschluss von Freihandelsabkommen neben dem Zollvertrag mit der Schweiz, der Mitgliedschaft im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)
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und bei der Welthandelsorganisation (WTO) einen der Hauptpfeiler seiner Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Der spezifische Beitrag der Freihandelsabkommen zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik Liechtensteins besteht in der Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abschliessen. Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen im Rahmen der EFTA verschafft Liechtenstein seinen Unternehmen einen Zugang zu ausländischen Märkten, der mindestens jener seiner wichtigsten Konkurrenten (insbesondere aus der EU, den USA und Japan) gleichwertig ist. Gleichzeitig verbessern diese Abkommen die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität der Wirtschaftsbeziehungen mit den Vertragspartnern. Damit leisten sie auch dort, wo die Vermeidung von Diskriminierungen nicht im Vordergrund steht, einen Beitrag zur Diversifikation und zur Dynamisierung der Aussenwirtschaftsbeziehungen.
Der Abschluss des Freihandelsabkommens mit Serbien wird den EFTA-Staaten erlauben, die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit diesem Land zu verstärken und die gegenwärtigen Diskriminierungen auf dem serbischen Markt zu beseitigen, die sich durch die seit dem 1. Februar 2009 einseitig durch Serbien erfolgende Anwendung des Interimsabkommen über Handel- und Handelsfragen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Serbien ergeben.



 
1Ägypten (LGBl. 2008 Nr. 261, LR 0.632.311.491), Chile (LGBl. 2005 Nr. 42, LR 0.632.311.451), Israel (LGBl. 1996 Nr. 162, LR 0.632.311.341), Jordanien (LGBl. 2002 Nr. 111, LR 0.632.314.341), Kanada (LGBl. 2009 Nr. 174, LR 0.632.311.411), Kroatien (LGBl. 2002 Nr. 112, LR 0.632.311.291), Libanon (LGBl. 2006 Nr. 236, LR 0.632.311.481), Marokko (LGBl. 1999 Nr. 215, LR 0.632.311.381), Mazedonien (LGBl. 2002 Nr. 60, LR 0.632.311.281), Mexiko (LGBl. 2001 Nr. 163, LR 0.632.311.421), PLO/Palästinensische Behörde (LGBl. 1999 Nr. 172, LR 0.632.311.901), Republik Korea (LGBl. 2006 Nr. 174, LR 0.632.311.461), Singapur (LGBl. 2003 Nr. 30, LR 0.632.311.411), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (LGBl. 2008 Nr. 96, LR 0.632.311.801), Tunesien (LGBl. 2006 Nr. 191, LR 0.632.311.471) und Türkei (LGBl. 1992 Nr. 88, LR 0.632.311.301).
 
2Der Landtag hat dem Freihandelsabkommen mit Kolumbien am 25. Juni 2009 seine Zustimmung erteilt. Das Abkommen ist noch nicht in Kraft, da insbesondere die Ratifikation durch Kolumbien aussteht.
 
3Zum Kooperationsrat der Arabischen Golfstaaten (GCC) gehören Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Hierzu wurde dem Landtag ein separater Bericht und Antrag zugestellt.
 
LR-Systematik
0..6
0..63
0..63.2
LGBl-Nummern
2010 / 285
Landtagssitzungen
21. April 2010
Stichwörter
EFTA-Frei­han­dels­ab­kommen mit Serbien
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Ser­bien, EFTA-Freihandelsabkommen