Stellungnahme der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Neuregelung des an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ausgerichteten Staatsbeitrages sowie der Einführung von Massnahmen zur finanziellen Sicherung der AHV aufgeworfenen Fragen
4
In seiner Sitzung vom 30. Juni 2011 hat der Landtag die Vorlage der Regierung betreffend die Neuregelung des an die Alters- und Hinterlassenenversicherung ausgerichteten Staatsbeitrages sowie der Einführung von Massnahmen zur finanziellen Sicherung der AHV behandelt. In den Diskussionen in der ersten Lesung wurde der Frage der langfristigen finanziellen Sicherung der AHV zentrale Aufmerksamkeit geschenkt. Im Zuge der Sanierung des Staatshaushaltes ist der bisherige Beitrag an die Alters- und Hinterlassenenversicherung zu ändern und unabhängig vom Ausgabenvolumen der AHV auszugestalten. Im Sinne einer Zukunftssicherung der AHV wird der zukünftig geringere Staatsbeitrag durch die in dieser Stellungnahme vorgeschlagenen Massnahmen kompensiert.
Im Rahmen der ersten Lesung dieser Vorlage wurden ausserdem insbesondere Bedenken im Zusammenhang mit der Vorsorge für zukünftige Generationen geäussert. Wie bereits erwähnt, dient diese Vorlage vornehmlich der Kompensation des Ertragsausfalls durch die Neufestlegung des Staatsbeitrages. Der Einsatz eines Monitoring-Gremiums soll sicherstellen, dass frühzeitig weitere Weichenstellungen beschlossen werden, um die langfristige finanzielle Leistungsfähigkeit der AHV zu gewährleisten.
Zuständiges Ressort
Ressort Soziales
Ressort Finanzen
Betroffene Ressorts, Amtsstellen und Institutionen
Ressort Finanzen
Stabstelle Finanzen
AHV-IV-FAK-Anstalten
5
Vaduz, 27. September 2011
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehende Stellungnahme zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Neuregelung des an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) ausgerichteten Staatsbeitrages sowie der Einführung von Massnahmen zur finanziellen Sicherung der AHV (BuA Nr. 61 /2011) aufgeworfenen Fragen zu unterbreiten.
Im Rahmen der ersten Lesung der Vorlage wurde unter anderem vorgebracht, dass der Titel der Vorlage irreführend sei, weil es um die Sanierung des Staatshaushaltes und nicht um die finanzielle Sicherung der AHV gehe. Die Befürwortung der Einsparung im Bereich der AHV von CHF 15 Mio. im Jahre 2015 im Landtag im Juni 2010 sei auf Basis eines fundierten Konzeptes, welches auch der AHV langfristig helfe, erfolgt.
6
Diesbezüglich ist jedoch festzuhalten, dass der Bericht und Antrag betreffend das Massnahmenpaket zur langfristigen Sanierung des Staatshaushaltes, Bericht und Antrag Nr. 73/2010, in keiner Weise ein Konzept zur langfristigen Sicherung der AHV enthielt. Auf Seite 41 des genannten Berichts wurde ausdrücklich ausgeführt, dass die Regierung bewusst nicht vorschlage, kurzfristig die Rentenleistungen - z.B. durch schrittweise Abschaffung des Weihnachtsgeldes - oder die Einnahmenseite - z.B. durch eine Erhöhung der Beitragsleistungen - anzupassen. Vielmehr wurde explizit zur mittelfristigen Entlastung des Staatshaushaltes die Anpassung der Subventionen bei den Frühpensionierungen einerseits und der Gestaltung des AHV-Staatsbeitrages andererseits vorgeschlagen. Ein Konzept in Bezug auf die langfristige Sicherung der AHV wurde in diesem Bericht weder geboten noch wurde ein solches vom Landtag im Vorfeld seiner Entscheidung in Bezug auf die Einsparungen im Bereich der AHV gefordert.
Diese Vorlage ist ein konsequenter Schritt des vom Landtag im Juni 2010 beschlossenen Projektes zur Sanierung des Staatshaushaltes. Es handelt sich wie gesagt nicht um eine grundlegende Revision der AHV, was sich auch aus dem von der Regierung vorgesehenen Einsatz eines Monitoring-Gremiums ersehen lässt. Es wurde im Bericht und Antrag Nr. 61/2011 vom 31. Mai 2011 auch klar zum Ausdruck gebracht, dass mit den vorgeschlagenen Massnahmen keine langfristige Sicherung der AHV erzielt werden kann. Primär geht es um die Sanierung des Staatshaushaltes und die Wiederherstellung des durch diese Massnahme bei der AHV bewirkten Ungleichgewichts. Durch die unbefristete Entkoppelung des Staatsbeitrages an die AHV von den Ausgaben erhält diese Massnahme aber eine nachhaltige Dimension, die das Ergreifen von Massnahmen erfordert, die an und für sich für die langfristige finanzielle Sicherung der AHV vorgesehen waren.
In der Schweiz wurde im Hinblick auf die demographischen Herausforderungen der Zukunft bereits vor dem Jahre 2004 mit der ersten Fassung der 11. AHV-Revision versucht, die Finanzierung der AHV mittel- und langfristig zu konsolidie-
7
ren. Die damalige Strategie bestand darin, sowohl durch ausgabenseitige - namentlich durch Leistungskürzungen für Hinterlassene und ein höheres Rentenalter - als auch einnahmenseitige (Erhöhung der Mehrwertsteuer) Massnahmen eine langfristige Sicherung zu gewährleisten. Bis heute konnte in diesen Fragen kein Konsens gefunden werden und die Schweiz ist nach wie vor auf der Suche nach einem Steuerungsmechanismus in der Alters- und Hinterlassenenversicherung, welcher darauf ausgerichtet ist, das finanzielle Gleichgewicht langfristig zu sichern. Im Vergleich mit der Schweiz befindet sich Liechtenstein in einer sehr komfortablen Lage. Nicht nur ist der AHV-Fonds um ein Vielfaches der Jahresausgaben höher als in der Schweiz, sondern kann dieser in Liechtenstein auf Grund seiner Höhe eine zusätzlich Funktion, nämlich die eines Beitragszahlers, wahrnehmen. Ein Vorwärtsstreben, wenn auch in kleineren, kontrollierten Schritten ist jedenfalls einem nicht tragfähigen Grossrevisionsprojekt, das die Entwicklungen der Zukunft nur in groben Zügen zu erfassen vermag, vorzuziehen.
Die Beantwortung der in der ersten Lesung aufgeworfenen Frage, wie bezüglich der langfristigen Sicherung der Finanzierung der AHV der weitere Zeitplan aussieht, hängt zum Einen von den nun zu beschliessenden Massnahmen, insbesondere von der Festlegung der Höhe des Staatsbeitrages an die AHV, zum Anderen von der Entwicklung der Beschäftigung, der Höhe der Lohnsumme, der Zuwanderungsrate, der Reaktion der Betroffenen auf die Massnahmen in Bezug auf den Rentenvorbezug, der jährlich tatsächlich realisierten Rendite des AHV-Fonds und weiteren den Berechnungen zu Grunde gelegten Parametern ab. Gerade auf Grund dieser Vielfalt von Einflussfaktoren, die zum Teil nur grob geschätzt, nie aber sicher vorausgesagt werden können und die sich gegenseitig auf vielfache Weise beeinflussen, ist der Einsatz eines Monitioring-Gremiums ein absolutes Muss. Es ist seine Aufgabe, die Entwicklung mit den Annahmen zu vergleichen, neue Entwicklungen aufzuzeigen und entsprechende Lösungen in Zusammenarbeit mit Experten vorzuschlagen. Auf Grundlage der Beobachtungen und Emp-
8
fehlungen wird sich die zeitliche Notwendigkeit einer weitergehenden Revision des Gesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) weisen.
Die Ausgaben der AHV sind seit dem Jahr 2003 grösser als deren Einnahmen über Beitragsleistungen. Eine Trendumkehr ist hier aufgrund der Demographie sowie der steigenden Lebenserwartung nicht abzusehen.